Hattinger Azubi gerät in die Mühlen der Justiz – OLG muss jetzt entscheiden

Zum dritten Mal saß der 24 Jahre alte Hattinger, der sich noch in einer Berufsausbildung befindet, im Gerichtssaal auf der Anklagebank. Ihm wurde bereits im März 2017 vorgeworfen, in 24 Fällen Betäubungsmittel erworben bzw. mit diesen in nicht geringer Menge gehandelt zu haben. Anstatt eines Urteilsspruches geriet der Hattinger aber in „die Mühlen der Justiz“. Jetzt muss erst das Oberlandesgericht entscheiden, welches Gericht das Verfahren weiterführt bzw. verhandelt.

Die Anklagevorwürfe wiegen schwer. 24 Mal soll der junge Hattinger Betäubungsmittel angekauft und teilweise auch damit gehandelt haben. Von Niederwenigern und von Nierenhof aus hat in den Jahren 2015 und 2016 ein schwunghafter Handel mit Rauschgift stattgefunden. Hierbei geht es um über 4 Kilo Marihuana mit einem Verkaufspreis von über 23.000 Euro.

Dealer packte aus
Aufgeflogen sind die Taten, nachdem ein inzwischen verurteilter Dealer eine Lebensbeichte abgelegt und dabei den Rauschgiftermittlern umfangreiche Informationen preisgegeben hat. Sechs Monate später waren die Ermittlungen für die Rauschgiftfahnder abgeschlossen und gegen zahlreiche Beteiligte wurde Anklage erhoben. Darunter befand sich auch der Hattinger.

Dieser bestritt, mit Rauschgift gehandelt zu haben. Sein Anwalt erklärte, sein Mandant habe nur für den Eigenbedarf Marihuana erworben. Ansonsten machte damals der Angeklagte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Aber es gab auch die Aussagen seiner früheren „Bekannten“, die ihn entsprechend belasteten.

Als sich während der Beweisaufnahme im März 2017 herausstellte, dass die dem Hattinger angelasteten Mengen von erworbenem Marihuana niedriger ausfallen würden als in der Anklageschrift aufgelistet, zeigte sich gleichzeitig aber nach den Zeugenaussagen eine Tendenz, dass das Handeltreiben vom Angeklagten wiederholt stattgefunden haben könnte.

Für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln sieht der Gesetzgeber genau wie für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auch Freiheitsstrafe von bis zu mehreren Jahren pro Einzelfall vor. Entscheidend ist auch die Menge und der Wirkungsgrad der Betäubungsmittel.

Da das Amtsgericht nur für Strafsachen zuständig ist, bei denen eine Freiheitsstrafe von nicht über 4 Jahren zu erwarten ist, stellte Staatsanwalt Lichtinghagen beim ersten Strafprozess Ende März 2017 den Antrag, das Verfahren gegen den Hattinger an die Strafkammer beim Landgericht in Essen abzugeben.

Mitte Juni 2017 übernahm dann das Landgericht Essen den Fall und erklärte sich auch für zuständig. Weitere drei Monate später erfolgte ein weiterer Beschluss des Landgerichtes, indem dieses das Verfahren dann aber an das Amtsgericht Hattingen zurückgab.

Als Richter Johannes Kimmeskamp Mitte März 2018 das Verfahren wieder aufnehmen wollte, stellte der Pflichtverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Mahnke, einen Befangenheitsantrag gegen Richter Kimmeskamp. Daraufhin wurde das Verfahren wieder unterbrochen und erst heute unter dem Vorsitz von Richter Dr. Karl-Martin Lucks weitergeführt.

Staatsanwalt interveniert
Direkt zu Beginn der heutigen Schöffenverhandlung kam dann der Antrag von Staatsanwalt Bolik, der die Anklagebehörde vertrat. Nach dessen Auffassung ist das Hattinger Schöffengericht nicht mehr zuständig, da der erste Übernahmebeschluss des Landgerichtes Essen nach der geltenden Rechtsordnung bindend ist.

„Der Angeklagte darf dem gesetzlichen Richter nicht entzogen werden“, erklärte der Staatsanwalt und ergänzte, es wäre für alle Seiten nicht wünschenswert, wenn das Oberlandesgericht später das Verfahren in Hattingen für unwirksam erklären würde. Er beantragte daher, vor einer Fortsetzungsverhandlung die Entscheidung des Oberlandesgerichtes einzuholen, welches Gericht denn nun nach dieser Vorgeschichte für die weitere Verhandlung zuständig ist.

Auch wenn Rechtsanwalt Mahnke plädierte, doch beim Amtsgericht weiter zu verhandeln und ggfs. auch "eine weitere Einlassung seines Mandanten" andeutete, folgte das Hattinger Schöffengericht dem Antrag des Staatsanwaltes. Das Oberlandesgericht muss jetzt erst entscheiden, ob das weitere Verfahren beim Amtsgericht in Hattingen oder beim Landgericht in Essen stattfindet.

Dass viele Gerichte über Arbeitsüberlastung klagen, war für die Zuhörer der öffentlichen Hauptverhandlung nach der bereits langen Dauer dieses Falles und dem „Zick-Zack-Kurs“ der Gerichte bei diesem Strafverfahren nachvollziehbar.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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