"Farbe bekennen" - Bundestagskandidaten stellten sich dem Publikum

Bruno Jöbkes, Die Grünen, Dr. Barbara Hendricks, SPD, Ronald Pofalla, CDU, und Prof. Ralf Klapdor, FDP, beantworteten die Fragen des Moderators, Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums Münster. | Foto: Heinz Holzbach
2Bilder
  • Bruno Jöbkes, Die Grünen, Dr. Barbara Hendricks, SPD, Ronald Pofalla, CDU, und Prof. Ralf Klapdor, FDP, beantworteten die Fragen des Moderators, Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums Münster.
  • Foto: Heinz Holzbach
  • hochgeladen von Annette Henseler

"Farbe bekennen" war der Abend im Kolpinghaus überschrieben, zu dem die Katholische Kirche vier Bundestagskandidaten des Kreises Kleve eingeladen hatte. Verschiedene Themenkomplexe standen zur Diskussion, in die Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums Münster, einführte. Er hatte auch die Moderation des Abends übernommen. Fragen aus dem Publikum waren nur schriftlich zugelassen - leider kamen die Publikumsfragen an diesem Abend viel zu kurz.

Prekäre Arbeit - Gerechter Lohn und auskömmliche Rente

Sind die Löhne heute gerecht?
Dr. Barbara Hendricks, SPD: Das Ideal eines gerechten Lohnes gibt es nicht - aber wir können feststellen, dass es Ungerechtigkeiten gibt. Die Schere geht immer weiter auseinander - diese Entwicklung ist ungerecht. Aber in die Managerlohnstruktur können und wollen wir nicht eingreifen - das ist in unserer Wirtschaftsordnung nicht möglich. Die SPD hat vorgeschlagen, dass Managergehälter ab 500 000 Euro steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden können.
Was geschieht am unteren Ende? Wer Vollzeit arbeitet, sollte alleine von seiner Arbeit leben können. Deshalb sind wir für 8,50 Euro Mindestlohn. Auch wenn wir wissen, dass man davon keine Familie ernähren kann. Auf diesen 8,50 Euro sollen die Tariflöhne aufbauen. Nicht nur in den Fleischfabriken, auch in den Gartenbaubetrieben wird Billiglohn bezahlt - davon ist auch der Kreis Kleve und vor allem das südliche Kreisgebiet betroffen - das müssen wir uns ansehen."

80 Prozent der Bürger sind für einen Mindestlohn. Herr Pofalla, warum tut sich die CDU damit so schwer?
Ronald Pofalla, CDU: "Erst heute hat das Kabinett drei Mindestlöhne beschlossen: Fürs Baugewerbe, die Gebäudereinigung und die Steinmetze. Und die liegen deutlich über 8,50 Euro. Wir wollen Mindestlöhne, aber tariflich. Inzwischen gibt es den Mindestlohn für 13 Branchen. Formuliert werden muss er aber von den Gewerkschaften und den Arbeitgebern. Wir sehen die Gefahr, dass ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn entweder zu niedrig oder zu hoch ist - ist er zu hoch, gehen Arbeitsplätze verloren.

Bruno Jöbkes, Die Grünen, konnte zu dem am Mittwoch beschlossenen Mindestlohn keine Stellung beziehen. Grundsätzlich vertrat er die Meinung: "Bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro muss der Arbeitnehmer nicht mehr aufstocken. Die 8,50 Euro sind nicht erwürfelt, sondern berechnet. Heute haben wir gesehen, dass es für einen weiteren Bereich keinen Mindestlohn gab: Für das Elektrohandwerk. Da hat das Wirtschaftsministerium Sachsen ein Veto eingelegt - das ist fatal. Aber für uns geht es um mehr als nur um Mindestlohn, uns geht es beispielsweise auch um equal pay, die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen.

Prof. Ralf Klapdor, FDP: "Wir, die Liberalen sind für ein liberales Bürgergeld. Was ist das? Zunächst gilt es, ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen. Wir plädieren für eine negative Einkommenssteuer - wer also ein zu niedriges Einkommen hat, bekommt Geld vom Staat. Und zwar gebündelt aus einer Hand. Nicht von verschiedenen Ämtern."

Familie fördern – Elternrechte wahren

Mütterrente
Barbara Hendricks, SPD: "Mütter mit Kindern, die nach 1992 geboren wurden, bekommen drei Rentenjahre pro Kind angerechnet. Für Kinder vor 1992 geboren gibt es nur ein Jahr. Das wollen wir schrittweise ändern. Die Kosten für ein weiteres Rentenjahr betragen rund 6,5 Milliarden Euro, die wir aus Stermitteln und nicht aus der Rentenkasse bezahlen wollen.

Ralf Klapdor, FDP: "Wir haben zwei Kinder. Ich muss zugeben, dass meine Frau den größten teil der frühkindlichen Erziehung übernommen hat. Ich arbeitete damals in Bielefeld, deshalb war das nicht anders möglich. Wir möchten die Familienleistungen nicht abschaffen, aber ähnlich wie beim Bürgergeld die Leistungen auf eine Hand konzentrieren."

Brund Jöbkes, Die Grünen: "Bei uns steht das Kind im Fokus. Wir fragen, wohin das Geld geht. Und sind der Meinung, dass mit dem Betreuungsgeld die nicht erreicht werden, die erreicht werden sollen. Außerdem ist die Bezahlung der Erzieher zu gering. Warum arbeiten nur wenige Männer als Erzieher? Das Gehalt ist viel zu niedrig, um eine Familie sicher durch die Zeiten zu bringen."

Ronald Pofalla, CDU: "Das Betreuungsgeld ist keine verrückte Idee, sondern garantiert Wahlfreiheit. Wir überlassen den Eltern, ob sie ein Kind in öffentlichen Einrichtungen oder Zuhause betreuen wollen. Eltern, die sich nicht für eine öffentliche Einrichtung entscheiden, sollen unterstützt werden. Ich halte das Betreuungsgeld für richtig."

Soll die gleichgeschlechtliche Partnerschaft der Ehe gleichgestellt werden und auch Adoptionen ermöglicht werden

Ralf Klapdor, FDP: "Ja."

Ronald Pofalla, CDU: "Totale Gleichstellung - nein. Aber das wird irgendwann das Bundesverfassungsgericht entscheiden."

Bruno Jöbkes: "Ich glaube, es ist kein Nachteil, wenn Kinder in einer liebevollen Partnerschaft groß werden. Ist es nicht besser, sie wachsen in einer behütenden, gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auf, als in einer schlechten Ehe?"

Ronald Pofalla, CDU: "Ehe und Familie werden vom Staat geschützt, so steht es im Grundgesetz."

Zwischenfrage aus dem Publikum: Ist es richtig, dass Jugendämter Kinder in Obhut nehmen, ohne dass eine Fachaufsicht Zusicht auf das Handeln der Jugendämter nimmt?

Alle Kandidaten befanden die geltende, gesetzliche Regelung in Ordnung.

Der Schutz menschlichen Lebens
Haben Eltern ein Recht auf ein gesundes Kind? Und das Kind? Hat ein krankes Kind nicht auch ein Recht auf Leben?

Bruno Jöbkes, Die Grünen: "Diese Frage bedarf einer differenzierten Diskussion. Ich musste diese Entscheidung im Bundestag nicht mit treffen - aber die Wunschkind-Idee geht mir entschieden zu weit."

Barbara Hendricks, SPD: "In diesen Fragen gibt es keinen Fraktionszwang - da ist jeder Abgeordnete seinem Gewissen verpflichtet. Das funktioniert im Bundestag gut. Da wird über Parteigrenzen hinweg zusammengearbeitet, werden Positionen erarbeitet, die schließlich zur Beratung vorgelegt werden. Ich persönlich sehe das so, dass ein in der Petrischale befruchtetes Ei nicht den Beginn menschlichen Lebens markiert. Der hängt für mich mit der Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter zusammen. Diese Position hat auch die Kirche vertreten."

Ronald Pofalla, CDU: "Die Entscheidung in Bezug auf PID (Präimplantations-Diagnostik) war eine Entscheidung, die mir persönlich am schwersten gefallen ist. Der Lebensschutz ist oberstes Gebot. Um was geht es, wenn wir hier einen ersten Schritt zulassen? Ich habe für ein striktes Verbot gestimmt."

Ralf Kalpdor, FDP: "Ich wüsste nicht, wie ich entschieden hätte."

Aktive Sterbehilfe

Ralf Klapdor, FDP: "Das bedarf zunächst einer Begriffsklärung. Wer die Entschediugn für sich trifft - das muss man respektieren."

Ronald Pofalla, CDU: "Auch hier gilt: Der Lebensschutz ist oberstes Gebot staatlichen Handelns. Der Lebensschutz eines jeden Menschen ist etwas, das der Staat nicht antasten darf. Ich bin für ein Verbot."

Barbara Hendricks: "Das gilt für uns auch."

Bruno Jöbkes: "Für mich unvorstellbar."

Diskutiert wurden weiterhin Fragen der Pflege und der Demographie. Hier waren sich die Kandidaten weitgehend einig, dass die Situation verbessert werden müsse. Die SPD plane, rund 130 000 zusätzliche Pflegekräfte anzustellen, Pofalla machte klar, dass eine Pflegereform nicht zum Nulltarif zu haben sei - wie die übrigen Kandidaten auch. Ein Reformvorschlag liege in der Schublade und werde, so die CDU weiterhin Regierungspartei bleibe, in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt.

Bruno Jöbkes, Die Grünen, Dr. Barbara Hendricks, SPD, Ronald Pofalla, CDU, und Prof. Ralf Klapdor, FDP, beantworteten die Fragen des Moderators, Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums Münster. | Foto: Heinz Holzbach
Viele Bürgerinnen und Bürger waren Mittwoch Abend ins Kolpinghaus gekommen, um sich ein Bild von den politischen Positionen der Kreis Klever Bundestagskandidaten zu machen. | Foto: Heinz Holzbach
Autor:

Annette Henseler aus Kleve

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

5 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.