Steuerverschwendung
Schleuse Brienen vs. Wintergärten in Berlin

Wie ungleich der Staat mit dem Begriff der Steuerverschwendung umgeht, zeigt einmal mehr dieses Beispiel, indem die Schleuse Brienen und der geplante Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts auf spezielle Weise miteinander verglichen werden

Die Instandhaltung der Schleuse in Brienen wurde durch den Bund eingestellt, weil ein weiterer Betrieb aus Gründen der Steuerverschwendung nicht rechtfertigungsfähig gewesen sei.
In Berlin hingegen wird mit dem geplanten Erweiterungsbau des Bundeskanzleramt jede Menge Luftraum gebaut, der schön anzusehen ist, aber keinen Quadratmeter Bürofläche hergibt.

Ich möchte nun nicht die Notwendigkeit des Berliner Bauvorhabens in Frage stellen. Das liegt mir fern. Als Begründung wird seitens des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung angeführt:

"...Zwei Jahrzehnte nach dessen Fertigstellung ist die Erweiterung des Bundeskanzleramtes aufgrund zahlreicher neuer Herausforderungen und Zukunftsaufgaben wie Energiewende, Digitalisierung, Flüchtlingspolitik oder Cyberkriminalität erforderlich.

Bislang waren zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aktuell nicht im Bestandsgebäude untergebracht werden können, auf unterschiedliche Standorte in der Stadt verteilt. Aus Gründen der effizienten Aufgabenerfüllung, der Nachhaltigkeit und der Sicherheit sollen zukünftig alle Arbeitseinheiten an zentraler Stelle in Berlin-Mitte zusammengeführt werden. ..."

Und so dürfte es erklärbar sein, dass neue Flächen gebaut werden müssen, um die bestehenden und neuen Prozesse zentralisiert zu optimieren.

Allerdings, wie so oft bei derartigen Bauwerken, in denen staatliche Behörden untergebracht sind, steht dort offenbar nicht nur die Funktionalität im Fokus. Die Planer erschaffen mit solchen Projekten High-End-Architektur vom Feinsten, in der Steuergelder in irgendwelche unfassbar hohen, über mehrere Geschosse reichende vollverglasten Lufträume versenkt werden. Nein, den Entwurf des Erweiterungsbaus am Spreeufer finde ich klasse. Allerdings darf die Frage erlaubt sein, warum weite Teile des umbauten Rauns nicht als Nutzfläche verwendet werden, sondern als Lufträume - die Planer nennen diese Lufträume in diesem Fall "großzügige Wintergärten"

Da darf mit Blick auf die Argumentation der WSV, also jener Bundesbehörde, die für die Schleuse in Brienen verantwortlich zeichnet, eine Instandhaltung des Wasserbauwerks in Kleve sei Steuerverschwendung im Sinne des Gesetzbers, ein großes Fragezeichen gesetzt werden. Obwohl mit dem Geldeinsatz eine Ressource für die Entwicklung und Inwertsetzung einer der ältesten in den Rhein mündenden Wasserstraßen erhalten bliebe. Natürlich kann ich die Argumentation der Bundesbehörde nachvollziehen. Allerdings stellt der Staat den Begriff der Steuerverschwendung selbst in eine andere Dimension.

Die "großzügigen Wintergärten" dienen mit keinem Quadratmeter und keinem Kubikmeter umbauten Raum der zentralisierten Unterbringung von Mitarbeitenden. Diese Wintergärten bieten keinen Quadratmeter Büro- bzw. Nutzfläche, werden allerdings aufwändig mit Glasfassaden umhüllt - um vom Inneren auf das Gebäude des Bundesinnenministerium gucken zu können. Vom Primärenergiebedarf mal ganz abgesehen, die Glasfassaden bewirken, durch die Herstellung der Glasscheiben und Fensterprofile etc. Sicherlich werden diese Glasfassaden zudem mit neuester Sicherheits- und Alarmtechnik ausgestattet und vom besonderen Aufwand, diese Flächen regelmäßig zu reinigen, der selbstverständlich schließlich vom Steuerzahler aufgebracht wird, passt das alles derzeit überhaupt nicht in diese Zeit. Man darf da m.E. durchaus behaupten, dass solche "grosszügen Wintergärten" Steuerverschwendung sind, die uns hier mit netten Bildchen der Architekten untergejubelt werden.

Für einen Menschen wie mich, der sich mit viel Herzblut, Zeitaufwand im Ehrenamt für die Zukunft seiner Heimat engagiert und dann im Dialog mit dem WSA Rhein mit dem Begriff der Steuerverschwendung konfrontiert wurde, sind "großzügige Wintergärten" hinter Glassfassaden für ein Funktionalgebäude (und auf nichts anderes sollte ein solches Bauwerk reduziert werden) nicht vermittelbar. So gelungen ich den Entwurf des Erweiterungsbaus des Kanzleramts auch finde, zeigt er dennoch auf, wie die wortgebenden Staatsleute mit gespaltener Zunge sprechen.

Schade, Glaubwürdigkeit verwirkt!

Informationen zum Bauprojekt: https://www.bbr.bund.de/BBR/DE/Bauprojekte/Berlin/Politik/bundeskanzleramt/erweiterung.html

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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