Spaß.Gesellschafts.Abende: letzte Vorstellung

Mirja Boes | Foto: Nicole Trucksess
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Da zeigen sich wahre Profis: Die spärlicher als sonst besetzten Ränge beim Spaß.Gesellschafts.Abend in der Stadthalle überspielten die Moderatoren Mirja Boes und Piet Klocke mit Schlagfertigkeit: „Guck mal, da haben sie mir in der ersten Reihe direkt Platz gelassen, falls ich mich mal hinlegen muss“, kalauerte die schwangere Komikerin.
Nachdem abgeklärt war, dass keine Hebamme im Saal anwesend war („Davon gibt es zuwenig, die sind immer im Dienst“, ist Piet Klocke überzeugt), ging es Schlag auf Schlag weiter. Die beiden Moderatoren ergänzten sich hervorragend. Während der Meister der Halbsätze immer mal wieder gewollt hängenblieb, vervollständigte Schnellsprecherin Boes („ich spreche schneller als ich denke“) die Sätze. Mit im Gepäck hatten sie für die Mülheimer Zuschauer sowohl Profis als auch Nachwuchskünstler. Während der Oberhausener Matthias Reuter und der Duisburger Kai Magnus Sting Lokalkolorit versprühten, nahm das Bundeskabarett mit drei Künstlern aus Ostdeutschland, Westdeutschland und dem Rheinland (!) das Kabarett an sich und seinen Anspruch auf die Schippe.
Weniger überzeugt zeigte sich das Publikum von Käthe Lachmann. Zwar würdigten die Mülheimer die nasalen Tonqualitäten der in Reutlingen geborenen 39-Jährigen, die Lacher hatte sie dennoch nicht auf ihrer Seite. „Zu albern!“, „Nicht lustig genug!“, resümierten so auch die Zuschauer auf dem nach Hause.
Worte des Lobes gab es dagegen für das GlasBlasSing Quintett. Sprachlos auf der einen, mitgerissen auf der anderen Seite, lauschte das Publikum fasziniert dem Auftritt der fünf Berliner Jungs. Einzig mit Flaschen, ob groß, ob klein, dick oder dünn, lang- oder kurzhalsig, brachten sie den Saal zum Beben und die Mülheimer zum Klatschen. Mit Elvis Prestley-Klassikern glänzten sie ebenso wie mit dem Sommerhit 2009, „Jungle Drum“ von Emiliana Torrini. Und als dann auch noch „Katzeklo, Katzeklo“ in Teilen zu hören war, gab es in der Heimatstadt Helge Schneiders kaum ein Halten mehr - auch wenn es eine Zeit dauerte, bis der Text bei den Zuschauern ankam.
Apropos Text. Den gab es an diesem Abend reichlich. Nicht nur von Piet Klocke, der ganz nebenbei - und uneigennützig, versteht sich, - sein neues Buch „Scheitern als Weg“ vorstellte, sondern auch bei Kai Mangnus Sting, bekannt vor allem für sein Turbokabarett, dem nicht immer jeder folgen kann oder mag. Nachdem der Duisburger zunächst über seine ständige Begleiterin und ihren Wunsch, eine Fahrradtour zu unternehmen, herzog und auch vor seiner Tante Frieda nicht Halt machte, die den armen Jungen jedes Jahr aufs Neue mit Marzipan vollstopfen möchte („Tante Frieda, ich mag kein Marzipan!“), konnte er sich eine Auseinandersetzung mit der amtierenden Regierung ebenfalls nicht verkneifen. Spätestens bei seiner Vermutung, da wäre jemand wohl mehrmals mit Photoshop über Angela Merkel drübergerutscht, „also, über das Bild, nicht über die Merkel“, tobte das Publikum. Unter die Gürtellinie ging es auch bei Carolin Kebekus. Wie gewohnt, erhofft und auch erwartet, nahm die Kölner Kodderschnauze bloß kein Blatt vor den Mund.
Abgerundet wurde der Spaß.Gesellschafts.Abend, eine Kooperation der RWW und des Atelier Theaters Köln, mit Auftritten von Matthias Reuter, der eine Alternative zum „Ruhr.2010-Song“ präsentierte und dem BundesKabarett, einem Trio, das sich nicht zu schade, in enganliegenden Turnanzügen die Bühne zu betreten und den (wirklich) sterbenden Schwan zu tanzen.
Wer der nächsten Vorstellung schon jetzt entgegenfiebert, dem sei gesagt: Der Spaß.Gesellschafts.Abend Anfang November in der Stadthalle war der vorerst letzte - nicht nur in Mülheim, sondern überhaupt. Weil der Hauptsponsor RWE eine kreative Pause einlegen möchte, liegt das Projekt - zumindest für ein Jahr - bedauerlicherweise auf Eis. Danach wird sich zeigen, ob in Mülheim wieder mehr oder weniger bekannte Größen des deutschen Kabaretts begrüßt werden dürfen.

Autor:

Lisa Peltzer aus Oberhausen

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