Mut zum Zurückentwickeln?
Wirtschaftswachstum als Grund morgens aufzustehen?

Foto: gemeinfrei

Wachsen ist in Kindheit und Jugend sehr wichtig, nicht nur für werdende Basketballer. Bei der Wirtschaft klingt Wachstum zusammen mit Wohlstand als ständiges Mantra eher infantil, obwohl betriebs- und volkswirtschaftlich was dran ist. Gleichwohl bekommen wir weltwirtschaftlich vom Klima gerade die Rechnung präsentiert: Grenzenloses Wachstum ist wohl nicht nur in der Medizin krankhaftes Wachstum! Da wäre doch Mut  zum Zurückentwickeln angebracht! Stattdessen wird weiter auf Wachstum gesetzt, nur eben jetzt umweltfreundlicher. Wer immer Wein gepredigt hat, wird jetzt nicht Wasser anpreisen, zumal Wasser gerade jetzt einen schlechten Ruf hat.

Wenn man diese Bedenken vorträgt, werden einem sofort die Arbeitsplätze um die Ohren geschlagen.
Deshalb liest man von Journalisten, die ihren Job behalten wollen, dazu selten kompetente und offene Worte.

Nele Pollatschek aber hat es gerade wieder getan:

Ich zitiere aus „Als wäre die Welt in der Midlife-Crisis“ in der SZ vom 07.09.23

„Was wirklich traurig ist, ist, dass in einer Welt, in der Menschen sich verlieben und bis in den Sonnenaufgang tanzen, in der sie nächtelang miteinander reden, in der sie in Seen springen, Musik machen, Bücher schreiben, Gärten jährlich neu erblühen sehen, Kinder großziehen und mitunter guten Sex haben, ausgerechnet Wirtschaftswachstum der Grund aufzustehen sein soll - als wäre die Welt in einer ewigen Midlife-Crisis, in der ein Porsche richten muss, was Partner, Kinder, Hobbys, Freunde und Beruf einfach nicht erfüllen können.
Das bedeutete ja, dass es kein "genug" geben kann, für niemanden. Es ist ein eigenartiger Optimismus, in dem man sich nicht mal vorstellen kann, dass es einen utopischen Punkt gibt, wie fern er für die meisten Menschen auch sein mag, an dem man sagen kann: Mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein. Vielleicht sollte man - selbst wenn sich Wachstum, wie es Ökonom Südekum glaubt, völlig von CO₂-Emissionen entkoppeln lässt - das Wachstum schon allein deshalb begrenzen, um nicht am Ende denken zu müssen, Wirtschaftswachstum hätte etwas mit Optimismus zu tun. Vielleicht ist auch das ein Triumph, sich an etwas zu erinnern, was man bei all der Dauerwerbung, den geplanten Obsoleszenzen und den verinfluencerten Begehrlichkeiten viel zu schnell vergisst: Es kann nicht der Sinn unseres Lebens sein, die Wirtschaft noch mal ordentlich angekurbelt zu haben.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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