Zeitschenkerinnen
Immer gern gesehen

Das Team der Zeitschenkerinnen trifft sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch im Heißener Nachbarschaftshaus an der Hingbergstraße 311. | Foto: Thomas Emons
  • Das Team der Zeitschenkerinnen trifft sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch im Heißener Nachbarschaftshaus an der Hingbergstraße 311.
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Der Name ist Programm. Zehn Frauen und ein Mann (zwischen16 und 83) verschenkenZeit, in dem sie besuchen als Zeitschenker und Zeitschenkerinnen demenziell veränderte Menschen in Pflegeheimen und Pflege-Wohngemeinschaften, die sonst keinen oder nur wenig Besuch bekommen. Dabei investieren sie nur die Zeit, die sie übrighaben, in der Regel ein bis zwei Stunden pro Woche und das in einer Pflegeeinrichtung im eigenen Stadtteil. Mit einem Aufruf in der Mülheimer Woche hat die Mülheimerin Christine Stehle ihr beim Verein Eltern werden, Eltern sein angesiedeltes Projekt gestartet. Inzwischen haben sie und ihre Mitstreiterinnen dafür den Mülheimer Heimatpreis erhalten.

Jetzt werden wieder neue Zeitschenkerinnen und Zeitschenker gesucht, die an drei Nachmittagen auf ihren ehrenamtlichen Besuchsdienst vorbereitet werden. Wie kann man mit demenzerkrankten Menschen umgehen, wie kann man sie ansprechen und motivieren und mit welchen Verhaltensweisen muss man bei ihnen rechnen? Solche und ähnliche Fragen werden an den Vorbereitungsnachmittagen geklärt.

"Wir suchen Menschen, die neugierig auf andere Menschen und bereit sind, sich auf ein kleines Abenteuer einzulassen", sagt Christine Stehle. Bei ihr können sich auch Interessierte unter der Rufnummer: 0173-2417266 oder per E-Mail an stehle@stehle-text.de melden. Aktuell arbeiten die Zeitschenker am Aufbau einer eigenen Internetseite.

"Jeder kann sich als Zeitschenker mit seinen Ideen, Begabungen und Zeitressourcen einbringen und dabei sicher sein, dass sein Engagement als Mutmacher und Licht von außen beim hauptamtlichen Pflegepersonal willkommen ist", sagt Peter Behmenburg vom gleichnamigen ambulanten Pflegedienst, der die Zeitschenkerinnen fachlich begleitet.

"Der Familienbegriff kennt keine Generationen- und Verwandtschaftsgrenzen und insofern passen die Zeitschenkerinnen und Zeitschenkerinnen sehr gut uns", sagt Reiner Krafft vom gemeinnützigen Trägerverein Eltern werden, Eltern sein! Wer sich mit den ehrenamtlichen Zeitschenkerinnen von ihren Besuchen, Begegnungen und Gesprächen berichten lässt, hört immer wieder einen Satz: "Man gibt nicht nur etwas, sondern bekommt auch ganz viel zurück und geht meistens glücklich nach Hause, weil man das gute Gefühl hat, etwas sozial Sinnvolles getan zu haben!"

Zeitschenkerinnen berichten

Jutta Wolf: "Ich besuche eine 96-jährige Dame, die früher Philosophieprofessorin war, aber heute nicht mehr spricht. Aber sie legt großen Wert auf Körperkontakt und freut sich, wenn ich ihr zum Beispiel über den Arm streichle. Begeistert ist sie auch, wenn ich ihr aus meinen alten Märchenbüchern vorlese."

Ingrid Bodsch: „Ich besuche einen ehemaligen Manager, der früher ein großes Unternehmen geleitet hat und der mir liebend gern berichtet, wie man das Pflegeheim, indem er heute lebt, betriebswirtschaftlich besser organisieren könnte. Er führt immer noch einen Terminkalender, indem ich einen festen Platz habe. Der Mann sagt niemals zu mir: 'Danke, dass Sie mich besucht haben, aber wenn ich komme, lächelt er mich freundlich an und dann weiß ich, dass er sich über meinen Besuch freut!"

Steffi Finnemann: "Ich besuche eine Dame, die unter starken Depressionen leidet und die ich mit meinem Besuch dazu motivieren kann, aus dem Bett aufzustehen und an den gemeinsamen Mahlzeiten im Haus teilzunehmen. Inzwischen bringe ich auch meinen Hund mit. Und die Streicheleinheiten tun ihr und ihm sehr gut."

Elfriede Dreiling: "Nur zu Hause rumsitzen, ist nicht mein Ding. Obwohl ich schon alt bin, bin ich immer noch gespannt auf Neues. Ich besuche einen alten Herrn, mit dem ich schon manchen Spaziergang am Rollator habe machen können. Dass ich pflegebedürftigen Menschen ihr Leben mit meinem Besuch etwas schöner machen kann, freut mich und lässt mich immer wieder glücklich nach Hause gehen."

Astrid Sommerfeld: "Wir bewegen uns in einem guten Rahmen und können den zeitlichen Rahmen unseres Engagements selbst bestimmen. Wir treten den Menschen, die wir besuchen mit Empathie entgegen, haben aber auch die notwendige Distanz zu ihnen. Wir kennen ihre Vorgeschichte nicht und wissen nicht, warum sie vielleicht keinen Besuch mehr bekommen. Aber das ist in diesem Moment auch gar nicht wichtig. Und deshalb können wir ihnen vorurteilsfrei begegnen."

Jana Sommerfeld: "Ich habe mich durch meine Mutter für den Besuchsdienst begeistern lassen. Ich besuche eine alte Dame, die mir aus ihrem Leben erzählt und die auch gerne etwas aus meinem Leben erfahren möchte. Wir reden und spielen miteinander. Inzwischen bringe ich auch meinen Hund mit ins Pflegeheim. Es ist schön zu sehen, wie glücklich die Menschen über meinen Besuch sind. Und eine Stunde in der Woche kann man immer erübrigen."

Zum Trägerverein des Projektes Zeitschenker, dem Familienbildungswerk Eltern werden, Eltern sein!

Autor:

Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr

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