Macht der "Lockdown light" überhaupt Sinn?
Drei Fragen an die örtlichen Bürgermeister - und Statements aus den Werbegemeinschaften

Wie wird die Situation in den nächsten Monaten sich entwickeln?  | Foto: Andreas Dengs (Montage: dibo)
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An den Lockdown Maßnahmen in der aktuell  beschlossenen "Light-Variante" scheiden sich die Geister. Vor allem die bedingungslose Schließung der gastronomischen Betriebe und der Kulturstätten stößt auf eher geringe Akzeptanz.

Und wie sehen das die lokalen Verwaltungsoberen?
Lesen Sie diese kleine Umfrage unter Bürgermeistern und Werbegemeinschaftsvertretern!
Folgende Fragen sollen beantwortet werden ...

1) Wie erklärt man den Betroffenen, dass Schüler sich in Bussen drängen, Gastronomie und Kulturstätten aber dicht bleiben müssen?
2) Macht es Sinn, Gruppensport im Freien zu verbieten, wenn Weihnachten in den privaten vier Wänden eventuell neuen Infektionen den Weg ebnet?
3) Bitte richten Sie je einen Appell an die Unternehmen und die Coronaleugner in Ihrer Stadt!

Als erster meldete sich Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski zurück und antwortet so:

zu 1.) wie bei so vielen Themen rund um Corona schwierig zu beantworten. Da die Landesregierung den Unterricht komplett als Präsenzunterricht vorgibt, kann eine partielle Entzerrung nur durch mehr Busse (höhere Kosten) umgesetzt werden. Hier gibt es aber auch Kapazitätsgrenzen. Im Hinblick auf Gastronomie können sicherlich Wissenschaft und medizinische Fachleute eine Erläuterung geben.

zu 2.) aus meiner Sicht kann man Gruppensport im Freien mit den weihnachtlichen Besuchen im engsten Familienkreis nicht vergleichen.

zu 3.) Appell an die Unternehmer:Ihre aktuell sehr problematische Situation ist uns absolut bewusst. Halten Sie durch, da wir Sie heute und in Zukunft für die weitere Entwicklung unserer Stadt brauchen.
An die „Coronaleugner“:Corona ist real existent und keine Verschwörung. Die Einschnitte in die Grundrechte sind teilweise stark, aber ohne gemeinsame Rücksichtnahme und Akzeptanz werden wir die Krise nicht bewältigen.
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Ulrike Westkamp (Bürgermeisterin Wesel): Bund und Länder haben sich auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das in seiner Gesamtheit dazu beigetragen hat, dass Deutschland im Vergleich zu seinen europäischen Freunden noch geringere Infektionszahlen aufweist.Besonders hart trifft es die Gastronomie und die Kulturlandschaft. Das ist mehr als bedauerlich. Viele Betriebe haben in den Sommermonaten zahlreiche Maßnahmen getroffen, um im Falle einer zweiten Welle gewappnet zu sein.

Ihre Sorgen kann ich gut nachvollziehen. Wesel ist bekannt für sein vielfältiges gastronomisches Angebot. Unsere Kulturszene hat sich über die Stadtgrenze hinaus einen Namen gemacht. Ihr und der Gastronomie muss geholfen werden.Bei der ersten Welle im Frühjahr waren auch Kitas und Schulen geschlossen.
Die Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Kinder sind aber so gravierend, dass jetzt bei der zweiten Welle die Schulen so lange wie möglich offenbleiben sollen.

Vor wenigen Wochen haben wir einen Experten der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe AG (NIAG) zum Schulausschuss eingeladen. Er berichtete, dass es in Wesel keine gravierenden Probleme mit dem Busverkehr gibt. Wer Hinweise oder Anmerkungen hat, kann auf der städtischen Internetseite, www.wesel.de, den neuen Online-Dienst „Schulbusverkehr-Meldung“ nutzen. Der kurze Online-Fragebogen kann dabei helfen, das Angebot zu verbessern.
In Wesel haben wir einen großen Vorteil: Viele Schülerinnen und Schüler fahren mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß zur Schule.Mehrfach haben Gerichte verkaufsoffene Sonntage gekippt. Der Rat der Stadt Wesel hat ebenfalls die geplanten verkaufsoffenen Sonntage aufgrund der angestiegenen Infektionszahlen abgesagt. Diese Entscheidung begrüße ich.

Jedoch halte ich das Instrument „verkaufsoffene Sonntage“ in „normalen“ Zeiten für richtig und wichtig; wenn es nicht zu Lasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht. Es stärkt unseren Einzelhandel und Wesel insgesamt als wirtschaftliches Handelszentrum in der Region.
Gruppensport verbieten und Weihnachten in großer Runde feiern, das macht natürlich keinen Sinn. Die Konsequenz heißt aber nicht, Gruppensport zu erlauben, sondern Weihnachten in diesem Jahr nur im engeren Kreis zu feiern.Wir alle müssen auch im privaten Umfeld unseren Beitrag leisten, dass die Infektionszahlen runtergehen. Das ist das wichtigste, damit es im nächsten Jahr wieder besser wird.

Die Formel lautet: AHA+L-GGG! - Abstand halten - Hygieneregeln beachten- Alltagsmasken tragen; 
plusLüften; minus
größere Gruppen,
Gedränge, heftige Gespräche.

(Übrigens: die meisten Sportverbände begrüßen die Entscheidung der Länder, den Gruppensport vorübergehend einzustellen.)Die Auswirkungen der Pandemie auf unser aller Leben sind gravierend.

Menschen und Unternehmen leiden darunter, zum Teil mit weitreichenden Konsequenzen. Aber wenn wir als Gesellschaft und als Wirtschaft insgesamt möglichst schnell die Krise hinter uns lassen wollen, müssen wir die – zum Teil massiven – Einschränkungen noch eine Weile aushalten.
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Thomas Eckholt (Alpener Werbering): "Durch den fortan gültigen Lockdown, wird sich das Einkaufsverhalten meiner Meinung nach, hier in Alpen nicht besonders verändern. Für gewöhnlich ist hier genug Platz um Abstand zu halten und die Geschäfte sind auch nicht überfüllt. In den Städten sieht das wohl schon andres aus. Dort fehlt insbesondere die Gastronomie um einen "schönen" Einkaufsbummel zu machen, es bilden sich doch schon häufiger Warteschlangen vor den Geschäften (durch die Zugangsbeschränkungen ausgelöst). Diese doch größeren Menschenansammlungen werden wohl einige davon abhalten in die Städte zu fahren."
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Hermann Borgers (Hamminkelner Werbegemeinschaft): "Ich habe den Eindruck, dass jetzt bei den wiederholten Beschränkungen die anfängliche Akzeptanz bröckelt. Doch fragen Sie einmal Ärzte und Pflegekräfte, die am Limit arbeiten!
Beim ersten Lockdown im Frühjahr wurden die Kapazitäten für schwere Corona-Fälle kaum in Anspruch genommen. Aktuell sieht das anders aus und alle hoffen, dass Intensivplätze in den Krankenhäusern ausreichen und genügend qualifizierte Personen bereitsteht. Fast jeder kennt an Corona Erkrankte, hoffentlich überwiegend leichtere Verläufe.
Absolut unverständlich ist für mich, wie es immer noch Personen gibt, die Informationen und Entwicklungen zur Corona-Pandemie ausblenden und eine Stimmung der Gängelung verbreiten.
Auch wenn das laut Umfragen eine Minderheit ist, sorgt das zusätzlich für Unsicherheit, die wir aktuell nicht benötigen und gefährlich ist.Einschränkungen nimmt keiner gerne hin und sind auch auf Unternehmerseite mit viel Aufwand verbunden. Einerseits, um die Geschäfts- und Betriebsöffnung zu gewährleisten und das Komplettschließungs-Risiko zu minimieren.

Andererseits im Falle von Öffnungsverboten mit einer Flut von Regelungen, kostenbegrenzenden Maßnahmen, Anträgen etc. verbunden.
Wir brauchen jetzt für völlig unbekannte Situationen neue Strategien, griffige Krisenbewältigung und kreative Ideen. Die Planung für das Jahr 2021 erfordert, stärker als bisher, alternative Ansätze von Rückgang, Stagnation bis Wachstum. Für jedes Szenario werden unterschiedlichste Maßnahmenpakete erforderlich sein. Da sind viele Unternehmen schnell am Limit. So wünsche ich allen, die sich in dieser Lage befinden, eine gehörige Portion Optimismus und Vertrauen auf die eigenen Stärken und vielseitige Unterstützung von Partnern, Geschäftsfreunden, Verbänden, Vereinigungen etc."
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Thomas Ahls (Bürgermeister in Alpen): 1) Wie erklärt man den Betroffenen, dass Schüler sich in Bussen drängen, Gastronomie und Kulturstätten aber dicht bleiben müssen?
Innerhalb eines so komplizierten Beziehungsgeflechtes von Gesetzen und Verordnungen kann es keine durchgängige innere Logik geben. Widersprüche wird es immer geben. Fest steht aber, dass die Beibehaltung des Schulunterrichtes eine hohe Priorität für die Landesregierung hat., Dies ist eben in diesem hohen Maße bei anderen Dingen des öffentlichen Lebens eben nicht so!

2) Macht es Sinn, Gruppensport im Freien zu verbieten, wenn Weihnachten in den privaten vier Wänden eventuell neuen Infektionen den Weg ebnet?
Da vergleichen Sie aber Äpfel mit Birnen. Die Sehnsucht nach sozialen Kontakten in einer Zeit wie Weihnachten kann man auch nicht mit dem Bewegungsdrang eines Fußballers vergleichen, mag das auch noch so verständlich sein!

3) Bitte richten Sie je einen Appell an die Unternehmen und die Coronaleugner in Ihrer Stadt!
Coronaleugner sind mir in Alpen nicht bekannt. Zu unseren Unternehmen haben wir einen kurzen Draht. Da unterstützen wir, wo wir können!
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Thomas Görtz (Bürgermeister in Xanten): "Die von Ihnen angesprochenen Entscheidungen zur Schließung von Gastronomie, Kulturangeboten etc. wurden auf Bund/Länderebene getroffen, sodass ich diese weder kommentieren, bewerten oder gar rechtfertigen möchte. Ich habe natürlich zu all diesen Themen auch meine ganz persönliche Meinung, die aber in meiner Funktion als Bürgermeister und somit Leiter der Stadtverwaltung keine Rolle spielen darf.
Die Stadt Xanten ist als zuständige örtliche Ordnungsbehörde (Ordnungsamt) vor Ort gehalten, die Maßnahmen/Entscheidungen/Regelungen/Verbote etc. umzusetzen bzw. deren Umsetzung zu kontrollieren, nicht mehr und nicht weniger.
Von daher bitte um Verständnis, dass ich zu den von Ihnen gestellten Fragen keine Stellungnahme und auch keine allgemeinen Appelle o. ä. an „Coronaleugner“ etc. abgeben werde."
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Heiko Schmidt (Bürgermeister in Sonsbeck): "Aus Ihren suggestiven Fragestellungen entnehme ich, dass Sie davon ausgehen, dass dieCorona-Maßnahmen in der Öffentlichkeit überwiegend in Frage gestellt werden. Es ist
sicherlich richtig, dass die Gereiztheit größer wird und dass die Anzahl der Diskussionen
hierum zunimmt. Aber es ist auch immer wieder wichtig zu betonen, dass in unserer Gemeinde
meiner Einschätzung nach 85 Prozent der Bevölkerung hinter den gegenwärtigen Corona-

Maßnahmen stehen und dass es auch hier in unserer Gemeinde mehr Leute gibt, denen die
Corona-Maßnahmen nicht weit genug gehen als dass es Leute gibt, die gegen die Corona-
Maßnahmen protestieren oder sich dagegen aufbringen.
Natürlich ist es als Kommune nicht leicht mit anzusehen, was die derzeitigen Regelungengerade für einige Teile unserer Wirtschaft und unseres Einzelhandels bedeuten. Umso
wichtiger ist jedoch, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger sich derzeit aus innerer
Motivation solidarisch zeigt und sowohl den örtlichen Einzelhandel, als auch den
gesellschaftlichen Zusammenhalt mit den uns verbliebenen Möglichkeiten weiter unterstützt
und die Treue hält. Ich bin – zumindest, wenn ich für unsere Kommune sprechen darf –
überzeugt, dass uns das mit etwas Optimismus auch weiterhin so gelingen kann. Sicherlich
werden wir bei der Bewältigung der Krise auch weiterhin im hohen Maße auf die Empfehlungen
und Unterstützung der Landes- und Bundesregierung angewiesen sein.
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Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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