Opel-Betriebsratschef: „Wir sind frech: Mit unserem Lohnverzicht die Jobs retten!“

Betriebsratsvorsitzender Rainer Einenkel (r.) und sein Stellvertreter in dem neuen T-Shirt "Wir bleiben Bochum!"
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„Schließt das Werk Bochum verliert man nicht nur Marktanteile. Das wird die Marke Opel nicht überleben“, so der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel nach der Betriebsversammlung im RuhrCongress. 2.500 Opelaner kamen am Samstag zusammen, um gemeinsam mit NRW-Arbeitsminster Guntram Schneider die schwierige Lage des Unternehmens und die drohende Werksschließung zu diskutieren. „Es war eine von großem Selbstbewusstsein getragene kämpferische Stimmung. Bisher konnten wir schon sechsmal die Pläne einer Werksschließung in Bochum verhindern. An uns wird sich General Motors die Zähne ausbeißen“, ist Rainer Einenkel überzeugt.

Opel kämpft mit gewaltigen Problemen. „Wir haben eine Überkapazität von 30 Prozent“, so Rainer Einenkel und berichtet, dass in Amerika der Mutterkonzern General Motors 400.000 Einheiten aus den Werken rausgenommen hat und einfach ganze Werke schloss. Daher gibt es für ihn europaweit keine sicheren Opel-Standorte mehr.

Immer wieder fordere das Management, dass man sich an VW orientiere. „VW produziert und verkauft weltweit Autos. Dann muss diese Maxime auch für Opel gelten. Der Astra wird in Mexiko gebaut und hier verkauft. Der Astra gehört nach Bochum. Wenn General Motors hier den Chevrolet Orlando verkauft, dann sollte er auch hier gebaut werden. 35.000 bis 40.000 Einheiten könnten in Bochum vom Band laufen“, erklärt Rainer Einenkel, der auch im Opel-Aufsichtsrat sitzt.

„Bochum ist das profitabelste Werk im Vergleich der Standorte. In allen anderen europäischen Werken wird an vier Tagen in der Woche in zwei Schichten gearbeitet. Hier in Bochum haben wir die Fünf-Tage-Woche und in drei Schichten laufen vier Modelle vom Band“, so Rainer Einenkel. „Wir sind nicht zu teuer. Übrigens: die GM-Insolvenz war das Versagen der Manager, die uns jetzt kaputt rechnen.“

Und der Betriebsratsvorsitzende ist überzeugt, dass wenn der Mutterkonzern General Motors den Opel-Standort Bochum schließt, es die teuerste Werksschließung aller Zeiten werde. „Die Abfindungskosten sind für 3.200 Mitarbeiter in Bochum berechnet worden. Richtig ist aber die Zahl von 4.200 Opelanern, davon 700 bis 800 in Partnerbetrieben Beschäftigte, die ein Rückkehrrecht zu Opel besitzen. Man hat einfach 1.000 Menschen vergessen. Und die Bochumer lassen sich nicht einfach kündigen. Das zeigt das Beispiel der 85 Opelaner, die 2011 gegen ihre Kündigung durch alle Instanzen klagten und noch immer im Werk beschäftigt sind.“

Nicht nur die Kündigungsschutzklagen der Arbeitnehmer könnten eine schnelle, kostengünstige Werksschließung verhindern, auch das Betriebsgelände birgt für General Motors unwägbare Schwierigkeiten. „Die Werkshallen stehen auf ehemaligen Schachtanlagen. Wir haben hier Methan-Ausgasungen und Bergschäden. Kein Investor würde jetzt hier bei diesen Umweltschäden investieren“, erklärt Rainer Einenkel.

Doch es sind nicht nur die 4.200 Opelaner, die um ihre Arbeitsplätze bangen. „Die Universität Aachen hat festgestellt, dass rund 45.000 Arbeitsplätze in der Region mit dem Bochumer Werk eng verknüpft sind. Eine Schließung würde einen Flächenbrand auslösen“, so Rainer Einenkel.

„Die Opelaner in Bochum arbeitet unter Tarif. Doch man hat die Kostenvorteile nicht genutzt“, so der Vorwurf von Rainer Einenkel in Richtung Management. „Ein weiterer Lohnverzicht kann die Marke nicht retten. In dem bis 2014 geltenden Sanierungsvertrag verzichten die Arbeitnehmer auf 256 Millionen Euro pro Jahr. Davon entfallen 186 Millionen Euro auf Deutschland und 20,6 Millionen auf das Werk Bochum“, schildert der Betriebsratsvorsitzende. „Wir sind frech und fordern in den Gesprächen mit dem Management dieses Geld für die Sicherung der Arbeitsplätze zu nutzen. Es ist zu viel verlangt, die Beerdigungskosten selbst zu übernehmen.“

Bei aller Kritik zeigt sich der Betriebsrat zu jeder Zeit zu Gesprächen über kluge Lösungen bereit, schlägt die Öffnung der außereuropäischen Märkte für Opel vor, hofft, dass der Ampera in Bochum und nicht im Ausland gebaut wird und setzt auf die Elektromobilität als Zukunftsprojekt. Mit Blick auf die Anstrengungen der Stadt Bochum in diesem Bereich ist sich Rainer Einenkel sicher, dass „das Werk Bochum eine herausragende Bedeutung für die E-Mobilität erreichen kann.“

Doch bisher schaue man auf der Gegenseite, dem Management, eher in ratlose Gesichter wenn Fragen nach den Perspektiven für die Zeit nach 2014 gestellt würden. Langfristige Perspektiven für Opel habe das Management noch nicht vorgelegt. Das Management habe die „Hausaufgaben“ nicht gemacht.

Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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