Arbeitskampf
DHL Express: Teamsters bestreiken Flughafen Cincinnati für bessere Arbeitsbedingungen

Eine Delegation der Teamsters besuchte am 07.12.2023 das Kölner Büro der Aktion gegen Arbeitsunrecht um über die Arbeitsbedingungen im Flughafen CVG zu berichten | Foto: Aktion gegen Arbeitsunrecht
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  • Eine Delegation der Teamsters besuchte am 07.12.2023 das Kölner Büro der Aktion gegen Arbeitsunrecht um über die Arbeitsbedingungen im Flughafen CVG zu berichten
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DHL Express-Angestellte am Cincinnati/Northern Kentucky International Airport CVG sind am Morgen des 7. Dezember 2023 mit der Gewerkschaft International Brotherhoof of Teamsters in Streik getreten. 1 & 2  Es handelt sich um eines der wichtigsten Logistik-Drehkreuze in Nordamerika. Und die Beschäftigten haben eine der umschlagsreichsten Wochen des Jahres für ihren Streik gewählt. In der Hochsaison werden hier pro Schicht bis zu 40.000 Pakete verladen.

Im Kölner Büro der Aktion gegen Arbeitsunrecht wurde am 7. Dezember 2023 eine Delegation der Teamsters begrüßt, die über die Arbeitsbedingungen am Flughafen CVG in Ohio berichteten. Am Flughafen arbeiten 1100-1200 DHL-Beschäftigte im 24 Stunden-Dienst und be- und entladen rund 80-100 Flugzeuge pro Tag. Dazu kommen rund 2000 Kolleginnen und Kollegen in einem DHL-Sortierzentrum, die aber nicht am Streik beteiligt sind, weil hier die Abstimmung zur Vertretung durch die Teamsters noch nicht stattgefunden hat.

Druck, Hetze und Arbeitsunfälle
Das Be- und Entladen der Flugzeuge ist nicht nur körperlich harte Arbeit, sondern auch gefährlich. Immer wieder kommt es aufgrund des Arbeitsdrucks zu Unfällen, bei denen Kolleginnen und Kollegen stürzen, eingeklemmt oder überfahren werden. Allein zwischen 2020 und 2023 sollen 60 Jahre Arbeitszeit durch Arbeitsunfälle verloren gegangen sein. Im letzten Jahr waren aufgrund von Unfällen 22 mal Notfallbehandlungen oder Krankenhausaufenthalte Beschäftigter nötig. Die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter beklagen außerdem Überwachung, Hetze, Rassismus und Sexismus am Standort.

An rund 22 anderen DHL-Standorten in den USA gilt ein Tarifvertrag (National Contract) mit den Teamsters. Andere Standorte, wie der Flughafen CVG fallen jedoch nicht darunter und DHL weigert sich, die bereits abgeschlossene Vereinbarung auszuweiten. Statt dessen zwingt DHL die CVG-Beschäftigten, eine separate Vereinbarung mit anderen Bedingungen auszuhandeln, so die Aktion gegen Arbeitsunrecht.

Unter dem Schutzschirm des National Contract sind unter anderem die Personaldichte und der Arbeitgeberbeitrag zur Krankenkasse höher. Die Streikenden erhoffen sich außerdem mehr Sicherheit bei der Schichteinteilung und weniger Druck. Und der sei allgegenwärtig: Arbeiten die Be- und Entlader am Flughafen CGV den Führungskräften zu langsam werden sie über Funk umgehend aufgefordert schneller zu arbeiten.

Union Busting statt einheitlicher Standards
In der nationalen Vereinbarung soll laut Beschäftigten auch festgehalten sein, dass sich DHL neutral verhält, wenn sich Arbeiterinnen und Arbeiter an weitere Standorten organisieren. Diese Vereinbarung wurde am Flughafen CVG nicht eingehalten, berichten Mitglieder der Teamsters-Delegation. Die Gewerkschaft hat während und nach der Organisierungskampagne zahlreiche unlautere Arbeitspraktiken beim National Labour Relations Board (NLRB) gemeldet, unter anderem wegen Vergeltungsmaßnahmen von DHL gegen gewerkschaftsfreundliche Arbeitnehmer. Die NLRB verfolgt das Unternehmen wegen seiner rechtswidrigen Handlungen zivilrechtlich.

Zu den "unfair labour practises" gehörte unter anderem eine Auf-Schritt-und-Tritt-Überwachung durch Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes und der "Airport Police". Gewerkschaftsmitglieder hätten sich bedroht gefühlt und seitens des Managements sollen falsche Informationen in Umlauf gebracht worden sein. Aktive Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sollen von Kolleginnen und Kollegen isoliert worden sein.

Gleichbehandlung der DHL-Angestellten dringend nötig
Die Container, in denen die Waren auf die Flugzeuge geladen werden wiegen bis zu 10.000 Pfund, was ungefähr 4.500 Kilo entspricht. Sind es bei Standorten mit National Contract 12-14 DHL-Mitarbeiter, die ein Flugzeug entladen, sollen es am Flughafen CVG oft weniger als die Hälfte sein.

Während an Standorten mit National Contract mindestens 4-6 Personen einen Container ziehen und schieben, seien es am Flughafen CVG manchmal nur 1-2. Gleichzeitig soll es Kolleginnen und Kollegen geben, die bis zu 60 Wochenstunden arbeiten, weil sie das Geld benötigen. Laut Teamsters-Delegation lag der Lohn für die Be- und Entlader vor Beginn ihrer Organisierung bei 17$/Stunde und der Nachtzuschlag bei 3$. Die finanzielle Abhängigkeit von Überstunden aber mache die Kolleginnen und Kollegen erpressbar.

Streik wird auf andere DHL-Standorte ausgeweitet

In den kommenden Tagen werden Abordnungen der Teamsters vom Flughafen CVG andere DHL-Standorte in den USA besuchen und dort Picket-Lines, also Streikposten, aufstellen. So fordern sie Teamsters-Mitglieder an anderen Orten auf ihren Streik zu unterstützen. Denn im Namen der Solidarität gibt es unter den Teamsters ein Protection Agreement: Mitgliedern der Teamsters ist es nicht erlaubt eine Picket-Line zu durchbrechen. Das gilt bei jedem Streik, egal von welcher Gewerkschaft.

Die Teamsters haben in den USA 1,3 Millionen Mitglieder. Sie ist damit eine der durchsetzungsstärksten Gewerkschaften der USA, wo der Organisationsgrad (Anteil der gewerkschaftlich organisierten Personen) mit nur rund fünf Prozent extrem niedrig ist. 300 Millionen Dollar stehen den Teamsters nach eigenen Angaben zu Verfügung, um streikende Arbeiterinnen und Arbeiter zu unterstützen.

Gelder sind vorhanden – Geht es DHL um Macht und Kontrolle?

Mit Geldnot kann DHL Exress die Verweigerung besserer Arbeitsbedingungen nicht begründen. DHL machte in den letzten Jahren Rekordgewinne. Der Konzern habe 2022 vor allem durch sein Auslandsgeschäft das vom Management prognostizierte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 8,4 Milliarden Euro erreichen können.  3

DHL Express ist ein hochprofitabler Geschäftsbereich der Deutschen Post AG, einem börsennotierten globalen Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Allein DHL Express erzielte im Jahr 2022 aus weltweiten Aktivitäten laut Teamsters einen Betriebsgewinn von 4,3 Milliarden US-Dollar.

Die 1100 DHL-Be-und Entlader am Flughafen CVG in den National Contract mit aufzunehmen scheint eigentlich keine große Sache. Der Vertrag ist fertig, lediglich die Gültigkeit müsste auf weitere DHL-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erweitert werden.

Als nächste Ziele der Teamsters stehen der Post-Tower in Bonn und die KfW-Zentrale in Frankfurt an. Der Bundesrepublik Deutschland gehören über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 20,49 Prozent der Deutsche Post/DHL-Aktien.

1Pressemitteilung Teamsters: Teamsters Strike DHL Over Unfair Labor Practices, Stalled Contract Negotiations, 07.12.2023 https://teamster.org/2023/12/teamsters-strike-dhl-over-unfair-labor-practices-stalled-contract-negotiations/

2Jolene Almendarez: More than 1,100 DHL workers at CVG are on strike, Teamsters announce, Fox 19 07.12.2023 https://www.fox19.com/2023/12/07/more-than-1100-dhl-workers-cvg-are-strike-teamsters-announce/

3 Tagesschau: Der nächste Rekordgewinn für die Post, 09.03.2023 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/post-geschaeft-rekordjahr-101.html

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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