Das Buch des Monats: Die Frau mit dem gepunkteten Kleid

Licht und Schatten!?

Buchrezensionen wie auch Filmkritiken gehen oft in eine Richtung und finden zu einem Schluss, maßen sich ein abschließendes Urteil an.
Die Geschmäcker sind so verschieden wie sämtliche Farben, Schattierungen und Gewürze.

Eine Punktewertung wird daher weder dem Autor, Regisseur noch dem Leser und Zuschauer gerecht.
Die Arbeit, Phantasie und Gabe von Monaten oder gar Jahren, endlose Mühen und ausgeschüttete Herzen werden mit wenigen Federstrichen zerstört, nur weil mancher Journalist grad schlechte laune hat.

Unvergessen – für mich – der totale Verriss des grandiosen Filmepos „Der englische Patient“ durch „Europas größtes Filmmagazin“ CINEMA. 0% lautete das Urteil, also in etwa so etwas wie „Liebesgrüße aus der Lederhose“.

Lange Jahre wurde ich so davon abgehalten, mir diesen Schund überhaupt anzutun. Als ich schließlich von einem todlangweiligen Sonntagabendprogramm und fehlender Ablenkung doch in den Genuss kam, fehlten mir lange die Worte.
Ein Meisterwerk zum Niederknien, herzzerreißend und die von mir zuvor kaum je wahrgenommene Kristin Scott Thomas im Olymp faszinierender Frauengestalten.
Wer hier auch nur ein kleines Härchen in der Suppe findet sollte für alle Zeiten schweigen und niemals je eine „Kritik“ verfassen dürfen.

Wie oft habe ich mich schon auf neue Bücher oder Filme gefreut, die mir aber von Kritikern so mies gemacht wurden, dass ich für alle Zeiten die Finger davon lies?

Oft genug jedenfalls, um Verrisse mittlerweile altersweise als Komplimente zu nehmen.

Im Gegenteil schlage ich um von der Kritik einhellig gefeierte Titel spätestens seit dem „Weißen Band“ eine größtmöglichen Bogen., was sollte das denn sein?

OK, manchem hats denn wohl gefallen. Wer traut sich schon zu, renommierten Feuuuilletonisten zu widersprechen?

Ich tue das gerne, mit wachsendem Genuss.

Die große Ehre eines Buchgeschenks vom hochverehrten Lokalkompass zum Zwecke einer Besprechung/Rezension gehen ich dennoch mal sehr vorsichtig an.

Ich versuche es nach der langen Vorrede mal nach der beliebten Methode „Gute Nachricht“(GN) - „Schlechte Nachricht“(SN).

Ganz neutral beginne ich wie folgt:

Es handelt sich um ein Buch das in Stil und Inhalt weitab vom Mainstream verfasst ist. Es wurde nicht für die Bestsellerliste geschaffen, obwohl der Grundplot das Zeug dazu hätte.
Die Autorin macht es ihrem Leser nicht immer leicht. Die Erzählung erfolgt aus stets wechselnden Perspektiven. Die Hauptpersonen erzählen abwechselnd die Geschichte, wobei schnell klar wird, wie falsch ihre Eindrücke doch sind.
Ihr Ziel ist unklar und die gesuchte Hauptfigur ein einziges großes Rätsel. Mittels dieser Vielzahl offener Fragen transportiert sich die Geschichte voran. Leider dauert es lange bevor wir mal irgendwas erfahren.

Einige wenige unsympathische Charaktere (?) taumeln durch eine nur ansatzweise bis nicht nachvollziehbare Handlung.
Nie erfahren wir so genau, was das alles soll.

Die Geschichte funktioniert daher lange nicht.

Anno 19paarundsechzig reist ein vollkommen pleite Engländerin auf Einladung eines ihr kaum bekannten Amerikaners in die USA.
Warum sollte sie das tun?

Der holt sie per Wohnmobil vom Flughafen ab, um bald mit ihr von der Ostküste in Richtung LA zu reisen.
Warum? Sie suchen eine beiden nur vage bekannte Person, von der wir nur geringe Andeutungen kennen und erfahren.. Tja.

Das alles ist ja schon schlimm genug. Die Geschichte kommt schwer in Gang. Die beiden Protagonisten fahren also nach einer kurzen und sehr kühlen Kennenlernphase einfach mal drauf los.
Echte Dialoge gibt es nicht.
Wir erfahren in zahlreichen kurzen Rückblenden eine Reihe von Andeutungen. Diese aber laufen ins Leere, da der Bezug auf die Story lange unklar bleibt und bald schon völlig beliebig ist. Die Handlung plätschert langatmig daher, ohne nachvollziehbares Ziel .

Noch kurz vor dem erwarteten Höhepunkt der Geschichte erfahren wir von der „Heldin“, dass sie sich nur ungern duscht und ihren Mitreisenden über ihre Haarwäsche belügt.
Was soll das?
Der erwartete Showdown – die Ermordung Robert Kennedys in LA fällt einfach mal so aus – was wiederum ein Höhepunkt ganz eigener Art ist. Mehr will ich nicht verraten.
Warum auch immer.

Ich komme einfach nicht drumherum:

mir hat's nicht gefallen, was nicht ausschließt, dass der Rest der Menschheit/Leserschaft vor Begeisterung Amok läuft.

Traurig: die Autorin Beryl Bainbridge ist kurz vor der Fertigstellung des Romans verstorben.

Das Buch Die Frau im gepunkteten Kleid hat 235 Seiten und ist brandneu im DVA (Deutsche Verlagsanstalt) erschienen.

Autor:

Peter Neppl aus Duisburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.