Die Hilfe anderer anzunehmen, musste Andrea Fuchs erst lernen
10-jähriger Fynn leidet unter dem seltenen Angelman-Syndrom

In das neue Auto kann Andrea Fuchs ihren Sohn mit seinem Rollstuhl hineinschieben. Zuvor musste sie den 10-Jährigen immer hineinheben. Für die zierliche 41-Jährige eine echte körperliche Herausforderung.  | Foto: cHER
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  • In das neue Auto kann Andrea Fuchs ihren Sohn mit seinem Rollstuhl hineinschieben. Zuvor musste sie den 10-Jährigen immer hineinheben. Für die zierliche 41-Jährige eine echte körperliche Herausforderung.
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 Wenn Fynn seinen beiden Hasen beim Spielen zuschauen kann, ist der kleine Borbecker rundum glücklich. Streicheleinheiten für Mathilda und Flo, die gibt es im Hause Fuchs allerdings nur von Mama Andrea. "Fynn könnte die beiden verletzen, er fasst oft viel zu fest zu", erklärt die 41-Jährige. Grund dafür ist ein seltener Gendefekt auf dem 15. Chromosom, unter dem der 10-Jährige leidet, das sogenannte Angelman-Syndrom.

Die Diagnose erhielten die Eltern früh. "Fynn konnte einfach nicht trinken", erinnert sich Andrea Fuchs an die ersten Auffälligkeiten, die ihr schon kurz nach der Geburt Sorgen bereiteten. Ein Kinderarzt überwies die junge Familie schließlich in die Humangenetik der Uniklinik. Dort stellten die Experten die Diagnose.

Betreuung rund um die Uhr

Seitdem ist im Leben von Andrea Fuchs nichts mehr so, wie es einmal war. Denn Fynn braucht rund um die Uhr Betreuung. Er muss gefüttert und gewickelt werden, kann nicht sprechen und nur ein paar Schritte laufen.
Doch ohne die Delphintherapie, die Fynn dank finanzieller Unterstützung vieler privater Spender 2012 auf Curacao machen durfte, wäre er überhaupt so weit gekommen. Da ist sich Andrea Fuchs ganz sicher. "Sie hat ihn weit nach vorne gebracht. Seitdem kann er frei sitzen und eben auch ein paar Schritte laufen."

Ausflüge mit dem Rollstuhlfahrrad

Dieses kleine Stückchen Mobilität macht es den beiden im Alltag leichter. Beispielsweise, wenn sie mit dem Rollstuhlfahrrad eine Tour durch Essen unternehmen. "Fynn liebt diese Ausflüge", berichtet seine Mutter. Doch ehe es losgehen kann, muss Andrea Fuchs erst einmal Hand anlegen und das Gefährt zusammenbauen. Eine zeitraubende Angelegenheit. Doch viel schlimmer: Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für derartige Anschaffungen nicht. "Freizeitaktivitäten", hat Andrea Fuchs gelernt, "werden nicht bezuschusst."

Lange gespart für Autoumbau

Die 41-Jährige hat lange gespart, ehe sie das E-Bike im Internet ersteigern konnte. Auch die Anschaffung eines neuen Autos entwickelte sich zum Kraftakt für die Borbeckerin. "Ich musste sogar einen Anwalt einschalten", erinnert sich Andrea Fuchs. Denn auch hier wurde ihr Antrag auf Kostenübernahme zunächst abgelehnt. 8.400 Euro hat der Umbau des Familienwagens gekostet, knapp 6.000 Euro wurden letztendlich nach langen Monaten und unzähligen Schriftwechseln vom LVR Rhein-Ruhr übernommen. "Aber bis dahin war es ein echter Kampf."

Die Nächte sind ein Problem

Dabei braucht die 41-Jährige ihre Kraft für ihren Sohn. Vor allem die Nächte mit Fynn sind anstrengend. "Denn ein Symptom des Angelman-Syndroms sind massive Schlafstörungen", erzählt die Mutter. Hinzukommt Epilepsie. Deshalb ist es auch nur ein kleiner Personenkreis, dem die 41-Jährige ihren Sohn anvertrauen kann. "Für meine Mutter wird es immer schwieriger, je älter Fynn wird." Andrea Fuchs ist froh über die Unterstützung durch eine Integrationshelferin. Und auch Fynns Vater bringt sich aktiv mit ein. "Ansonsten", so räumt Andrea Fuchs ein, "könnte ich nicht arbeiten gehen."

Dank an Arbeitgeber und Umfeld

Zweieinhalb Tage in der Woche ist die 41-Jährige in einer Zahnarztpraxis beschäftigt. Am Wochenende putzt sie dort. "Das ist praktisch, denn dann kann ich Fynn mitnehmen." Der Borbeckerin ist es wichtig, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Dennoch musste sie eines lernen: "Hilfe anzunehmen fiel mir anfangs unglaublich schwer", räumt Andrea Fuchs ein. Inzwischen kann sie mit der Hilfsbereitschaft anderer aber deutlich besser umgehen, ist Arbeitgeber und Umfeld dankbar für die Unterstützung.

Spendenbox in Frintroper Geschäft

"Auch den privaten Spendern, die ich gar nicht nicht kenne." Dabei denkt sie an die Dame, die ihrem Sonn die wöchentliche Hippotherapie finanziert oder die vielen Menschen, die seit Jahren einen Obulus in die Spendenbox im Ladenlokal von Jürgen Griese in Frintrop werfen. Dank ihrer Hilfe war die Finanzierung von Rollstuhlfahrrad und Auto deutlich einfacher zu stemmen.
Wenn Andrea Fuchs einen Wunsch frei hätte, dann müsste sie nicht lange überlegen: "Ich würde gerne mit Fynn an den Strand", verrät sie. "Da hat er immer so viel Spaß."

Traum vom Tag am Meer

Mit einem mehrtägigen Urlaub wird es nichts. 2012 waren die Borbeckerin und ihr Sohn das letzte Mal verreist. Aber mit dem neuen Strandrollstuhl, den Andrea Fuchs gebraucht gekauft hat, wollen es sich die beiden in jedem Fall für einen Tag an der Küste gemütlich machen. Fynns strahlendes Gesicht wird Andrea Fuchs für alle Mühen entlohnen, die sie in die Vorbereitung eines solchen Ausflugs stecken muss. "Aber das ist es mir wert."

Die Spenden haben Andrea Fuchs bei der Anschaffung des Rollstuhl-E-Bikes geholfen.

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

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