Gammeliges aus Schonnebeck - Pinselstriche helfen hier nicht weiter...

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Zu Beginn des Jahres nahmen wir städtebauliche Schandflecke in Schonnebeck unter die Lupe. Damals gab es Hoffnung, dass Ruinen wie die an der Schonnebeckhöfe oder an der Garnbleiche bald der Vergangenheit angehören könnten. Doch Gegenteiliges ist eingetreten: Es haben sich weitere Baustellen aufgetan.

„Im Moment weiß keiner, wo wir juristisch stehen“, gab Frank Oste vom Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement vor zehn Monaten in Sachen Garnbleiche zu Protokoll. Aufgrund der Größe des Areals sei eine europäische Ausschreibung notwendig, so der damalige Sachstand. „Die ist nicht mehr zwingend nötig. Wir werden wohl regional ausschreiben“, berichtet Oste heute.

Doch bevor dies geschehen kann, müsse der neue Bebauungsplan Rechtskraft erlangen. Die östliche Fläche war bislang für eine Kindergartennutzung vorgesehen. Die Planungen sehen nun so aus, dass hier auf 5.273 Quadratmetern bis zu zwölf Reihenhäuser entstehen sollen.
Ortspolitiker befürchten einen Schnellschuss. „Wer will hier wohnen, wenn man direkt auf eine Müllkippe blickt?“, fragt CDU-Ratsherr Siegfried Brandenburg im Hinblick auf die noch existenten Ruinen des ehemaligen Asylbewerberheims.

Frank Oste kann Entwarnung geben, schließlich werde das gesamte Areal an der Garnbleiche als Ensemble ausgeschrieben: „Es wird eine Abrissverpflichtung geben. Bevor ein Investor bauen darf, müssen die Gebäude weg.“ Für einen Abriss im Alleingang fehlt der Stadt das Geld, erst wenn sich ein Käufer findet, kann sie die Abbrucharbeiten subventionieren.
Interessant ist das gesamte Gelände - mit Platz für zirka 40 bis 50 Immobilien - insbesondere für große Wohnbauunternehmen. Erste Kontakte bestünden bereits. Doch solange der B-Plan noch nicht rechtsgültig ist, wird hier niemand tätig. Immerhin: Der Plan soll „spätestens Anfang/Mitte Februar 2011“ im Amtsblatt veröffentlicht werden, wie Rudolf Schulte, stellvertretender Gruppenleiter für den Bezirk Nord-Ost in der Bauleitplanung, bestätigt.

Im Falle der ehemaligen Notunterkünfte an der Schonnebeck/ Ecke Hallo­straße ist man da schon etwas weiter. Ein Investor will hier Wohnraum für Senioren und Pflegebedürftige schaffen (wir berichteten). Derzeit wird das Vorhaben in den politischen Gremien diskutiert. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass es Widerstände gibt. Schließlich dürften die Entscheidungsträger froh sein, dass hier endlich etwas passiert.

Stillstand dagegen im Erfahrungsfeld: Die Eigentümergemeinschaft, in dessen Besitz sich die ehemalige Fahrradhalle befindet, wollte der Bezirksvertretung im September mögliche Nutzungen vorstellen. Doch bisher ist nichts bei der Verwaltungsbeauftragten Sabine Meiermann eingegangen. Zumindest haben die Eigentümer auf die Eingaben der Politik reagiert - die Immobilie ist inzwischen für Vandalen unzugänglich. Zudem wurden erste Sicherungsmaßnahmen eingeleitet, auch wenn noch immer Gefahr von den eingeworfenen Fenstern unter dem Dachgiebel ausgehen könnte.„Das Bauordnungsamt hat nach einer Anhörung diese Maßnahmen angefordert. Die sind abgeschlossen, somit besteht vorerst kein weiterer Handlungsbedarf“, so Meiermann.

Handlungsbedarf besteht aber definitiv in der Gareisstraße. Anwohner beschweren sich über den Zustand einer Immobilie, der abstoßender nicht sein könnte. Allein der Betreff des offenen Briefes, der an das Ordnungsamt sowie an den Hauseigentümer gegangen ist und der Redaktion vorliegt, spricht Bände: „Gesundheitsgefährdung durch herabtropfende Fäkalien vom Dach.“
„Es hat sich ein bisschen was verbessert“, berichtet der Beschwerdeführer auf Anfrage. Soll heißen: Die Dachrinnen sind vom Unrat befreit. Doch die Mängelliste ist weiterhin lang. Gefahren durch zerbrochene Fenster, wilde Mülldeponien auf dem Hinterhof, Lärmbelästigung und Anfeindungen - und das nicht erst seit gestern. Dabei sieht das Haus alles andere als bewohnt aus. „Doch, da wohnen noch Vater und Sohn drin“, widerspricht Peter Lelleck vom Ordnungsamt, Abteilung Immissionsschutz und Ortshygiene, wo die Problematik bekannt ist. Aber noch seien die Außendienstmitarbeiter nicht vor Ort gewesen.

Ob die direkt tätig werden können, ist allerdings fraglich. „Wir benötigen nicht nur Beweisfotos, sondern Zeugen, die konkret sagen können, wer für die Verunreinigung verantwortlich ist. Zwei [mögliche Täter, Anm. d. Red.] sind schon einer zu viel“, betont Lelleck. Zwar könne der Hausbesitzer per Ordnungsverfügung dazu aufgefordert werden, den groben Abfall zu beseitigen, rechtlich belangt werde er allerdings nicht - schließlich habe er den Müll nicht fabriziert.

Der Eigentümer selbst signalisiert Handlungsbereitschaft und möchte „die Sanierung in Angriff“ nehmen, zeigt sich aber auch machtlos ob der „zwei Leute, die nicht besonders gut drauf sind und alles kaputt machen“. Nie säßen die Vermieter am längeren Hebel, klagt er.

Eine Kreuzung weiter zeigt sich ein ähnliches Bild, dort, wo Auf der Reihe von der Huestraße abknickt, steht beinahe ein ganzer Block zum Abriss bereit. Nur vereinzelte Fenster lassen auf die Bewohnbarkeit der Wohnungen schließen, in einem der Hinterhöfe lädt eine „geduldete Moschee“ ihre Mitglieder zum Gebet ein. Für Besucher, die vom Erfahrungsfeld auf Schonnebeck herab schauen, wahrlich kein schöner Anblick.

Und der wird wohl noch einige Zeit Bestand haben, im Gespräch mit dieser Zeitung machte der Eigentümer - sowohl in Schonnebeck als auch in Altenessen kein Unbekannter - deutlich, dass es in unserer Gesellschaft wesentlich schwerwiegendere Probleme gebe als ein „paar Pinselstriche“.
„Solange die Natur nicht dafür sorgt, dass diese Häuser zerfallen, wird sich nichts ändern“, mutmaßt ein Akteur aus dem Stadtteil - und behält damit vermutlich recht.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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