"Sportliche" Pläne für die U3-Betreuung

Eine U3-Betreuung zu ermöglichen, dies bedeutet viel Arbeit. Dessen wurden sie sich im „Vogelnest“ am Palmbuschweg bewusst. Archivfoto: Pfeffer
  • Eine U3-Betreuung zu ermöglichen, dies bedeutet viel Arbeit. Dessen wurden sie sich im „Vogelnest“ am Palmbuschweg bewusst. Archivfoto: Pfeffer
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Die Aufgabe der Frühförderungsstelle an der Helen-Keller-Straße ist, auch wenn sie neue Optionen in der Kinderarztsuche eröffnet, ein schwerer Schlag. Denn der Förderungsbedarf für Kinder ist in den nördlichen Stadtteilen ungebrochen.

Es ist eine Zahl unter vielen, stellvertretend für die besorgniserregenden Werte im Stadtbezirk - 42, 6 Prozent der Schulanfänger in den Altenessen-Süd beginnen den neuen Lebensabschnitt „ohne Befunde hinsichtlich Störungen der Koordination, Sprache und Motorik“. Heißt im Umkehrschluss: Mehr als jedes zweite Kind wird mit Auffälligkeiten eingeschult, die das Lernen erschweren.

Bildungseinrichtungen, Politik und Verwaltung diskutieren über die Hintergründe solcher Zahlen; im Bezirk V (Altenessen, Karnap und Vogelheim) ist die Debatte um eine Facette reicher. „Wie viele Kinder über drei Jahre im Bezirk V besuchen keine Kindertagesstätte und welche Gründe sind hierfür verantwortlich“, fragte das hiesige Stadtteilparlament auf Initiative des Essener Bürgerbündnisses (EBB) hin.
Das Jugendamt präsentierte nun die Antworten,zu überraschen, dies vermögen sie leider nicht.

Schon als seine Fraktion nach der Versorgungsquote fragte, beschlich ihn ein böser Verdacht: „ Der Besuch einer KiTa ist für die Entwicklung eines Kindes elementar“, betonte Michael Schwamborn ahnungsvoll.

Der EBB-Sprecher kann sich in seinem Verdacht bestätigt sehen: Von 1.836 Kindern im Bezirk besuchen 208 keine Tagesstätte - macht eine „Ausfallquote“ von immerhin etwas mehr als elf Prozent. Dabei sind 87 Kinder in keiner KiTa gemeldet, 121 sind zwar angemeldet, bleiben aber zu Hause. „Wenn in unmittelbarer Nähe kein Angebot [...] ist, melden sich diese Familien häufig nicht wieder“, heißt es in einem Bericht des Jugendamtes. „Es fehlen also an die zehn KiTa-Gruppen, hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Das Problem wird sich verschärfen, wenn ab 2013 der Rechtsanspruch für eine Betreuung von Unterdreijährigen gilt“, ist sich Michael Schwamborn sicher.

Mit wie viel Aufwand und Kosten die Bereitstellung eines U3-Angebotes verbunden ist, zeigte sich beispielsweise im Familienzentrum „Vogelnest“ am Altenessener Palmbuschweg. Dank der Unterstützung von Eltern und Spendern konnten die Räumlichkeiten bedarfsgerecht umgestaltet werden - ein wahrer Kraftakt.

Bis 2015/16 soll die städtische Versorgungsquote für Kinder im Alter bis zu drei Jahren 35 Prozent erreichen, in der Ausbauplanung für das kommende Kindergartenjahr sind 400 neue Plätze für die Jüngsten vorgesehen. In Altenessen-Süd werden zwei neue U3-Gruppen geschaffen, und zwar durch den Umzug der VKJ-KiTa Erlebniswelt von der Großenbruch- in die Radhoffstraße.
In Altenessen-Süd (20 Prozent) und Vogelheim (30 Prozent) befinden sich die U3-Versorgungsquoten, gemessen am städtischen Durchschnitt (19 Prozent), aktuell auf einem angemessenen Niveau. Für Michael Schwamborn ist die aktuelle Ausbauplanung dennoch „der Beweis dafür, dass nicht nach dem Bedarf ausgebaut wird“. „In Kupferdreh, Heisingen und Werden werden insgesamt 13 neue Gruppen, im Bezirk V hingegen nur zwei“, moniert der Karnaper, der insbesondere mit der Versorgungsquote innerhalb „seines“ Stadtteils hadert. Jenseits des Kanals sind nicht mal drei Prozent der Kinder unter drei Jahren mit entsprechender Betreuung versorgt.

Karlheinz Endruschat (SPD), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, sieht diesen Nachholbedarf ebenfalls, grundsätzlich verteidigt er aber den „unglaublich sportlichen“ Plan: „800 neue Plätze für alle Altersgruppen sind erstmal ein Erfolg.“
Um die Quoten stadtweit auf Vordermann zu bringen, müsse man sich auf einen „schwierigen und langsamen Prozess“ gefasst machen. „Man muss sich drei Punkte vor Augen halten: Erstens ist man auf die Investitionen der Träger angewiesen. Zweitens muss man die verfügbaren Gebäude auf ihre Eignung prüfen. Und drittens - dieser Entwicklung wird man sich mittlerweile bewusst - ist das Personal nicht vorhanden. Die Erzieher sind vom Markt weggefegt.“ Immerhin: Die Verwaltung überlege verstärkt, inwiefern die Stadt weitere Angebote ins Leben rufen könnte. So würde für Altenessen die Einrichtung einer neuen Kindertagesstätte in städtischer Trägerschaft diskutiert.

Neuerungen im Bezirk VI
Für den Bezirk VI sieht die Ausbauplanung zwei neue U3-Gruppen vor, vor dem Hintergrund dieser Erweiterung zieht es die VKJ-KiTa „Zwergenwald“ im Oktober von der Bruchstraße in den Ramerskamp. Auch in Katernberg steht ein Umzug bevor. Die KiTa Schalthaus Beisen (AWO) wird künftig im Neuhof beheimatet sein. Eine Erweiterung des Angebotes ist dort allerdings nicht vorgesehen.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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