Heute vor 25 Jahren: Malteser schreiben Weltgeschichte in Budapest

Erste Anlaufstelle für die DDR-Flüchtlinge im Lager: das Malteser-Infozelt.
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Eigentlich wollten die Paderborner Malteser im August 1989 nur ein Sommerlager in Budapest ausrichten. Doch dann kam es anders. Mit der Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze entwickelte sich ein zuvor nie dagewesener Flüchtlingsstrom von DDR-Bürgern über den durchlässig gewordenen eisernen Vorhang. Die Deutsche Botschaft, in die sich Hunderte geflüchtet hatten, musste wegen Überfüllung geschlossen werden. Das Auswärtige Amt und die Botschaft baten Csilla Freifrau von Boeselager, die Gründerin und Vorsitzende des ungarischen Malteser-Caritas-Dienstes, um Hilfe. Aus dem geplanten Jugendzeltlager entstand so in der ungarischen Hauptstadt ein Auffanglager, das Tausenden von Flüchtlingen zunächst als Aufenthaltsort, später als Durchreisestation dienen sollte. Malteser aus Essen und Werdohl fuhren als Helfer mit nach Budapest, um die Lage in der Zeltstadt zu unterstützen. „Neben der Essensausgabe und der Verteilung von Bekleidung stellten wir auch die medizinische Versorgung sicher“, erinnert sich Rainer Stüdemann, damals Katastrophenschutz-Referent bei den Essener Maltesern.

Bis zum endgültigen Fall der Mauer in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 war die Lage dramatisch. Fluchtversuche über die „grüne Grenze“ scheiterten noch häufig, es fielen sogar Schüsse. Und das völlig überfüllte Lager wurde nicht nur von den Medien beobachtet. „Unter den Flüchtlingen herrschte Angst und Misstrauen, als Gerüchte von Personenbeobachtungen durch Stasibeamte aufkamen“, sagt Stüdemann. „Unsere Hilfe bestand auch in der seelischen Betreuung der oft verzweifelten Menschen im Lager“.

Nach und nach wandelte sich das Lager zur Durchreisestation. Zwischen 100 und 1.000 Flüchtlinge kamen täglich und erholten sich ein bis zwei Tage bis zu ihrer Weiterreise. Am 10. September 1989 schließlich ließ Ungarn die Flüchtlinge ausreisen. „Das Lager habe man bald geschlossen, so Stüdemann. „25 Jahre ist das jetzt her – und wir waren bei diesem Wendepunkt der Geschichte hautnah dabei.“

Autor:

Jenny Clayton aus Essen-Nord

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