Eigenartiger Denkmal-Schutz

Fußgänger und Radfahrer teilen sich den Leinpfad. 
Foto: Henschke
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Umstrittene Überasphaltierung von historischem Pflaster am Werdener Leinpfad

Wenn etwas die Gemüter in Werden bewegt, dann der Umgang mit der Geschichte. Hier die eigenartige Variante, ein Denkmal zu schützen, indem es versteckt wird.

Wo einst Pflastersteine den die Ruhrschiffe treidelnden Zugpferden Halt gaben, ist heute eine radfahrfreundliche Asphaltdecke vorzufinden. Vor rund 20 Jahren wurde im Löwental ein Stück des Leinpfades mit historischem Belag gepflastert, der an der Kampmannbrücke entnommen worden war. Zusammen mit einer Erläuterungstafel sollte er als Bodendenkmal einen Eindruck vom Originalzustand geben. Seitdem führte der RuhrtalRadweg zwischen Papiermühlenschleuse und Campingplatz für etwa 80 Meter über dieses Kopfsteinpflaster. Da diese Teilstrecke schlecht zu befahren war, umgingen viele Radfahrer die ursprüngliche Streckenführung, schnell war seitlich ein unbefestigter (S-)Trampelpfad entstanden. Für Gegenverkehr war die Stelle allerdings zu schmal. Hanslothar Kranz konnte sich noch genau an den damaligen Kontext erinnern: „Als der Pfad geschaffen wurde, war erst nur ein Fußgängerweg angedacht. Das mit den Fahrrädern kam später auf. Eigentlich hätte seitlich etwas Land dazu gekauft werden müssen. Dafür war aber kein Geld da.“ Gemeinsam mit der SPD-Kollegin Ursula Weyer habe er sich dann gesagt: „Besser den Spatz in der Hand…“.

Der RuhrtalRadweg

Plötzlich war der Bereich jedoch asphaltiert, das Kopfsteinpflaster verschwunden. Auf Bitten aus der besorgten Bürgerschaft hakten die beiden Werdener Ratsleute Dr. Elisabeth van Heesch-Orgass und Marco Trauten in der Dezembersitzung des Rates mit einer formellen Anfrage nach und baten die Stadtverwaltung um Klärung: „Warum ist dies erfolgt? Wenn es sich um ein Versehen handeln sollte, wann ist mit der Wiederherstellung des eingetragenen Bodendenkmals durch fachgerechte Entfernung der Asphaltdecke zu rechnen?“ Die schriftliche Antwort der zuständigen Dezernentin Simone Raskob kam erst jetzt. Was Elisabeth van Heesch-Orgass wenig amüsierte: „Die formelle Ratsanfrage wurde somit erst nach zwei vollen Monaten beantwortet.“ Zudem entspreche dieser Brief fast wörtlich dem, was bereits am 8. Januar dem Bezirksbürgermeister mitgeteilt worden sei: „Die identische Antwort hat somit schlicht weitere vier Wochen bei der Verwaltung herumgelegen.“ Die Asphaltierung des Abschnittes im Löwental gehöre zu einem Gesamtpaket an Wege-Erneuerungsarbeiten, die Grün und Gruga im September 2017 beauftragt habe. Als nämlich im Zuge einer Rezertifizierung der RuhrtalRadweg auf Herz und Nieren geprüft wurde, war Handlungsbedarf: „…war dieses radtouristische Highlight in NRW…aufgrund von Mängeln in der Infrastruktur akut in seiner Bewertung gefährdet…“ Daher wurden alle Anliegerkommunen, also auch die Stadt Essen, dazu aufgefordert, kurzfristig zur Optimierung der Infrastruktur beizutragen. Es handelt sich bei der in Frage kommenden Fläche um Landeseigentum, zuständige Obere Denkmalbehörde waren also das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und die Bezirksregierung Düsseldorf. Gemäß Anweisungen wurde das historische Pflaster mit einem dicken Geo-Vlies überzogen und dann mit einer Asphaltschicht bedeckt. Diese Maßnahme sei aus Sicht des Amtes aus konservatorischen Gründen erforderlich.

Kompromisslösung

Die Bezirksvertretung hatte das Thema aufgegriffen, Hermann Steins als Essener Sachgebietsleiter für Grünplanung stellte sich den Fragen der Lokalpolitiker. Die BV mochte aber partout nicht klein beigeben. In einer kontrovers geführten Debatte wurden verschiedene Lösungsvorschläge erörtert. Eine angedachte Verlegung von Pflaster auf der Wiese neben der Hinweistafel wurde abgelehnt. „Echter" Denkmalschutz sei genauso wichtig wie Komfort der Radfahrer. Da müssten diese nötigenfalls absteigen und schieben. Dazu Bezirksbürgermeister Michael Bonmann: „Der RuhrtalRadweg ist keine Rennstrecke.“ Gerade die historischen Bezüge zur Ruhrschifffahrt machten doch den besonderen Charme des Radweges aus: „So ein Denkmal einfach zu überdecken, hat mich schwer enttäuscht.“ Sein Stellvertreter Benjamin Brenk suchte den Kompromiss: „So geht man mit Denkmälern nicht um. Aber vielleicht gibt es eine alternative Lösung?“ Daraufhin erläutere Steins seine ursprüngliche Idee, rechts und links Fahrstreifen zu asphaltieren und das historische Pflaster selbst auf dieses Niveau anzuheben. So wäre der alte Belag sichtbar und die Radfahrer könnten dennoch flott fahren. Die Bezirksvertretung war einstimmig für diese Kompromisslösung. Allerdings ist der entsprechende Etat erschöpft, eine Finanzierungsmöglichkeit muss gefunden werden. Dann könnte eine Freilegung des Bodendenkmals kombiniert mit Asphaltierung schmalen Randstreifen für Fahrräder am Leinpfad wieder Frieden herstellen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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