Wie man mit der Gießkanne in der Hand Held:in werden kann
Wasser marsch

Christiane Gregor (l.) stellt Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt die Aktion „Gießkannenheld:innen“ vor. 
Foto: Bangert
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Noch nie war es so einfach, Held:in zu werden. Das geht so: Gießkanne schnappen, Wasser rein, zum nächsten dürstenden Straßenbaum damit und ihn wässern. Die zunehmende Trockenheit bedroht das Stadtgrün. Dabei ist es so wichtig für unser Wohlergehen: Es kühlt, spendet Luft und schenkt Lebensqualität.

Mit Gießkanne und liebevoller Zuwendung sorgen Freiwillige dafür, dass die Bäume in ihren Straßen ausreichend Wasser bekommen. „Platzschenker:innen“ können Standorte für die 1000-Liter-Wasserbehälter zur Verfügung stellen. Die sollen inklusive eines „Regendiebes“ und verschließbarer Wasserhähne in unmittelbare Nähe zu einem Regenfallrohr stehen und benötigen eine Aufstellfläche von rund 120 Zentimetern im Quadrat. Auch „Wassertaxis“ und „Ärmelhochkrempler“ zum Aufstellen der Tanks werden benötigt. Die Initiativen Gemeinsam für Stadtwandel, der Runde UmweltTisch Essen und die Ehrenamt Agentur Essen e. V. unterstützen Gießwilige und motivieren weitere Menschen.

Taten, nicht nur Worte

Die Werdenerin Christiane Gregor ist eine der Ansprechpartner:innen dieser stadtweiten Initiative. Sie sieht sich in der Pflicht, ihre Mitmenschen wachzurütteln: „Man wird die Menschen nicht ändern. Jeder muss für sich Verantwortung übernehmen: In welcher Welt sollen unsere Kinder, unsere Enkelkinder groß werden?“ Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten möchte Christiane Gregor ihren Anteil leisten. Diese Haltung gefällt Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt. Zuhause in Kettwig schleppt sie schon seit längerem Wasser zu den Bäumen in ihrer Straße, zudem kümmert sie sich um ein Blumenrondell in der Nähe. Dass sie auf diesem Wege zu einer „Heldin“ werden könne, war ihr aber gar nicht in den Sinn gekommen.

Schnell entspinnt sich ein angeregtes Gespräch zwischen Umweltaktivistin und Bezirkspolitikerin: Da geht es über die Vermeidung von Verpackungsmüll über Mehrwegalternativen für die örtliche Gastronomie zur Nutzung von Solarenergie. Nun möchte Gabriele Kipphardt aber doch wissen, ob denn die zur Verfügung gestellten Gießkannen ökologisch sinnvoll seien? Christiane Gregor weiß sie zu beruhigen: „Das ist recyceltes Plastik Made in Germany“. Mit dem feschen Held:in-Logo besprüht, sind die Kannen für eine Spende von 15 Euro über die Crowdfunding-Plattform „Startnext“ zu erhalten. Aktuell wird die Aktion unterstützt durch Erträge aus der Lotterie „PS-Sparen und Gewinnen“, demnächst könnten Fördergelder bewilligt sein. Zusätzlich sei aber eine breite, auch finanzielle Unterstützung aus der Bevölkerung anzustreben.

Pragmatische Lösungen

Birgit Schulte arbeitet ehrenamtlich für die Ehrenamtsagentur und koordiniert die Anfragen. Hilft dabei, Fragen zu klären und pragmatische Lösungen zu finden: „Das Interesse ist sehr groß in der Stadt.“ Eine möglichst flächendeckende Verbreitung auf durch Platzschenker bereitgestellten Flächen Wassertanks ist ein großes Anliegen: „Regenwasser ist zum Gießen besser als Leitungswasser. Die von uns verwendeten Tanks sind gebraucht und recycelt.“ Man brauche Tanks vor allem auf öffentlichen Plätzen, wo sie entsprechend verkehrssicher aufgestellt werden könnten. Vor allem an Schulen, denn die Bäume dort würden nicht von Grün und Gruga gegossen. Aber auch Kitas, Sportvereine oder Wohnbaugenossenschaften können sich melden, natürlich auch Privatpersonen. 200 Tanks wolle man pro Jahr aufstellen. Das mache das Ganze zum deutschlandweit einmaligen Projekt, sagt Christiane Gregor nicht ohne Stolz: „Viele gießen Bäume, aber nur in Essen werden auch Wassertanks aufgestellt.“ Birgit Schulte animiert zum Mitmachen: „Es bildeten sich zum Beispiel schon verschiedene Gießtrüppchen in Überruhr und auf der Margaretenhöhe. Die Leute scharren schon mit den Hufen und werden jetzt auch mit Tanks versorgt. Hier im Essen Süden haben wir noch viel zu wenige Standorte.“ Da möchte Gabriele Kipphardt helfen.

Die Bezirksbürgermeisterin ist froh über die vielen Informationen, die das Gespräch mit sich bringt. So habe sie bisher angenommen, dass sie als private Platzspenderin für einen 1000-Liter-Tank auch eine „öffentliche“ Nutzung zulassen müsste: „Das hätte bei mir schon die Frage einer möglichen Haftung aufgeworfen, zum Beispiel, falls sich jemand beim Wasserholen auf meinem Grundstück verletzt.“ Nein, man muss nicht jedermann Zugang gewähren zum privaten Gelände. Christian Gregor hat nun einen Tank aufstellen lassen, macht aber unmissverständlich klar: „Ich persönlich würde keinen fremden Menschen auf mein Grundstück lassen.“ Umgekehrt müsse man als Gießkannenheld:in nicht unbedingt einen Tank aufstellen lassen. Gabriele Kipphardt atmet durch: „Nachdem dieses Missverständnis ausgeräumt ist und ich davon ausgehe, dass Platzschenker und Tanknutzer in der Regel identisch sind, werde ich anfangen, bewusst nach Aufstellmöglichkeiten Ausschau zu halten.“

Mit offenen Augen

Von nun an werde sie mit offenen Augen durch den Bezirk laufen und potenzielle Wassertank-Standorte identifizieren. Mit Bekannten sprechen, mit den Mitgliedern der Bezirksvertretung 9, auch Schulen anschreiben. Mit ihrem Mann habe sie sich sofort den eigenen Garten ganz genau angeschaut, sagt Gabriele Kipphardt: „Nirgends eine Aufstellmöglichkeit für einen Wassertank. Schade.“ Aber ihren „Gießdienst“ an Straßenbäumen und Blumenrondell werde sie natürlich weiterhin versehen.
Die Ehrenamt Agentur Essen ist unter 0201 / 839 149-0 und info@ehrenamtessen.de zu erreichen. Weitere Infos sind auf www.ehrenamtessen.de zu finden. Unter www.startnext.com/giesskannenheldinnen finden sich Möglichkeiten finanzieller Unterstützung.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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