5.7. Der Mord! 26.11.: Berthold - sein Stein steht

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Samstag, 12.30 Uhr: Gedenkfeier Westpark. – Die grenzenlose Hilfe - Hand in Hand!

Der Schock! Ein friedlicher Obdachloser wird im Juli mit Benzin überschüttet, angezündet wie Abfall. Von einem Frohnhauser Rache-Rentner. Die Bevölkerung ist wie gelähmt. Udo Marx, Musiker, handelt. Spontan. Er gibt mit Freunden ein Benefizkonzert für Berthold Lehmann. Das löst eine Lawine der Hilfe aus. Unglaublich. Einmalig: Der stille Kreis ehrenamtlicher Arbeit schließt sich nun. Berthold bekommt seinen „Flammen“-Gedenkstein.

Genau so haben sich die unendlich vielen Helfer den „Ewigkeit“-Stein für Berthold vorgestellt. Der jetzt in unmittelbarer Nähe seines qualvollen Todes, im Westpark, Essen-Frohnhausen, aufgestellt wird. Ein aufrechter, gradlinig, stiller – nicht pompöser, Ruhe ausstrahlender Ruhrsandstein. Auf der warmen Fläche: Berthold , kleines Kreuz, Todestag. Symbolisch darunter der zusammengekauerte Mensch, schutzlos den Flammen ausgesetzt. Der Stein hat seine Stärke mit 400 Kilo, plus Sockel 300 Kilo – für Kerzen, Blumen; er soll kein Grabmalcharakter haben, jedoch aufrütteln zur Fürsorge, Einkehr, zum Miteinander, Besinnen, Innehalten.

Über vier Monate heißt es für den Macher Marx: Alles unter einen Hut kriegen. Telefonieren, Ämter besuchen, Helfer treffen. Denn die Spendengelder reichen nicht für den Stein aus. Die Bezirksvertretung III wird eingeschaltet, 300 Euro fehlen. Als Hartmut Hagen, Leiter Polizeisonderdienst davon erfährt, spendet er sofort 300 Euro privat.

Marx nutzt seine Verbindung zum Deutschen Werkbund. Er klopft bei seinem Freund an: Jan Bormann, Bildhauer BBK Dipl.-Designer aus Castrop-Rauxel. Der wiederum guckt sich im Steinbruch Herdecke um, verliebt sich in einen ca. 1.80 Meter Brocken. Über 50 Stunden bearbeitet, schleift, brennt er ihn. Bis er die jetzige Andacht, Anziehungskraft ausströmt…

Tage vor Steinaufstellung heißt es wieder Treffen der Fachleute im Westpark. Denn - so einfach die Stele hinstellen – geht nicht. Oberstes Gebot: Sicherheit. Die sieht so aus:
Den Aushub für das Fundament – ca. 0,75 Meter – leistet Grün und Gruga. Hier zeigt sich sehr hilfsbereit Dirk Heimeshoff, Betriebsleiter. Das Loch plus Keil wird mit Zement-Beton verfüllt für das Fundament mit dicken Dübeln; die wiederum bis in den Sockel stoßen – fachmännisch gehandhabt von Georg Schaab, Bildhauer, Steinmetzmeister an der Wickenburg. „Es wird nichts geklebt, sondern mit mineralischem Gebinde gearbeitet.“

Immer mit ins Boot genommen wird Jutta Motzeck, langjährige Freundin von Berthold. Die wird die Gedenkstelle sauber halten. Ebenso Barbara Görgen, Leiterin Schwedenheim, nach dem Rechten schauen.

Klar, dass mit den Monaten der Zahn der Zeit am Stein nagt. Vorsorge ist getroffen. Marktobmann Wolfgang Dotten mit Mannen gibt sein Wort, die Stele bei Bedarf mit Dampfstrahl zu säubern. „Nie mit chemischen Mitteln“, warnt Bormann wie Schaab. „Der Stein wird sich auch Narben aussetzen; so geht es mit einem Baum, einem Menschen. Jeder erhält im Leben Kratzer.“

Großen Respekt zollt allen Beteiligten Wolfgang Köppen, Verwaltungsbeauftragter – der für das großartige Werk, gewohnt zuverlässig, die Fäden mit zieht. „Achtung vor den Menschen und ihrem Engagement – jeder in seinem Bereich. Nur so gelang es, dass es zu dem Gedenkstein gekommen ist.“

Um das Kunstobjekt von Jan Bormann, Castrop-Rauxel nach Essen in die Werkstatt Schaab zu befördern, dafür saust mal eben – Sabine Zwer, Bäckerei Berns – Frohnhauser Markt – mit Wagen samt Anhänger, Mann und Marx äußerst vorsichtig über die Straßen.

Immer beratend zur Seite steht Bernd Hutschenreuter, Geschäftsführer Deutscher Werkbund. „Eine grandiose Geschichte ist da gewachsen, an der viele Leute mitgearbeitet haben. Denn allein die Idee vom Stein genügt nicht. Wie Udo Marx das gemanagt hat - Benefizkonzert, Kontakte zur BV III, zu Grün und Gruga aufnahm, zu den Künstlern – bravo - mit steter Beharrlichkeit und guten Konzepten.“ Danke!

Ich bin sicher, dass Berthold von seiner Wolke Sieben lächelnd bei der Gedenkfeier am 26. November herunterschaut; sich wahnsinnig freut über die anrührenden Klänge von Udo Marx und Freunden. Schmunzelt, wenn Bezirksbürgermeister Klaus Persch und viele andere um 12.30 Uhr im Westpark über ihn sprechen…

Fotos: Schäfer / Schattberg

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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