Krippenlandschaft - "Ja, ich bin süchtig!"

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Die Sucht von Pastor Alshut ist heftig. Gerade in der Vorweihnachtszeit scheint sie schier ungebremst. Drängende Droge für den 64-Jährigen? Krippen! Ob kunstvoll wie die edle Swarovski-Bleikristall-Krippe, kitschig - die Haribo-Weingummi-Krippe - gefühlsbeladen die Krippen-Margarine-Figuren aus seiner Kindheit – Alshut kriegt nie genug; selbst als sein linker Zeigefinger für Krippenarbeit mit der Kreissäge auf der „Platte“ liegen blieb. Ab 24. Dezember zeigt der „Krippen-Papst“ in St. Elisabeth „Krippen der Heimat – Krippen aus Südamerika“. Bestimmt, Busse mit Besuchern stehen bis zum 2. Februar Schlange…

Welch ein Jahr 2011: 100 Jahre St. Elisabeth, Essen-Frohnhausen! 50 Jahre Adveniat! Und - Pastor Alshut protzt mit über 600 Krippen. Leider – Platzmangel. Er kann sie nicht alle aufstellen. Der Findige ist fündig: „Deshalb mache ich zum sechsten Mal eine Krippenausstellung mit wechselnden Themen in der Kirche.“

Aus dem Staunen kommt man nicht raus bei heimatlichen Krippen für Zuhause aus Familien. Aber auch von Künstlern aus dem heimischen Raum. Vorbildlich das Gemeinschafts-Werk von Hans Holtermann, einst Gemeindemitglied – mit einer geschichtsträchtigen Krippe, der viele „Chirurgen“ halfen. Alshut erinnert an die Team-Krippe. Denn Weihnachten 1950 gab es die erste Weihnachtskrippe nach dem Wiederaufbau der im Krieg stark zerstörten St. Elisabeth-Kirche. Köpfe und Hände wurden vom Finanzbeamten Hans Holtermann aus Holz geschnitzt. Ludwig Beckmann und Gemeindemitglieder fertigten sodann aus Draht, Latten, Rohren, Flacheisen, Schaumstoff die Körper. Doch nackte Figuren? Rosemarie Beckmann erbarmte sich, webte Kleidung. Frau Holtermann nähte mit anderen Frauen der Gemeinde Gewänder. Als 2001 Pfarrer Alshut die Gemeinde übernahm, änderte sich noch einiges an der Krippe. Körper der Figuren wurden aus Kunststoff gegossen, Arme und Beine mit beweglichen Gelenken ausgestattet von der Werkstatt Dipl. Ing. Günter Pferdmenges, Kevelaer. Hier wurden auch Engel, Kamelführer, Tiere „geboren“. 2008 folgten ein frisches Jesuskind, ein Hirtenknabe. 2006 der Hintergrundprospekt von Mathias Handrick, Bochum, Ex-Bühnenmaler des Nationaltheaters Weimar und … Eine unendliche St. Elisabeth-Krippengeschichte, die hoffentlich nie endet.

Bernhard Alshut, der Kreative, Kenner, Könner, Krippen-König, zieht alles „Krippige“ an. Die Essener Marketing GmbH ist längst „scharf“ auf den fündigen Pastor. Fordert regelmäßig seine Krippen an.

Das Besondere diesmal: Krippenbaumeister Alshut zeigt sein Meisterstück, gezeugt in der Krippenbauschule Innsbruck. Ein heimisches Bergmannshaus mit Stall, Bergmannsfiguren. Noch steht es in Wetter-Wengern, St. Liborius-Kirche.“ Seine Vorgänger-Kirche. Die können sich schlecht davon trennen…

Tja, und er plaudert vom Ruhrgebiet, als die Leute noch in Massen unter Tage schufteten. „Da bauten viele Bergleute Krippen aus Schlacke – von der Koksheizung im Haus gab’s den Koksabfall. Mit Gips wurde er zusammengekleistert, bemalt. Diese Krippen sind leider ausgestorben.“

Sehenswert ist auch die Krippe von Julia E. Limpke. „Die Künstlerin lernte ich in Bottrop kennen, als ich dort Kaplan war. Auf den ersten Blick fand ich ihre Porzellan-Krippe kitschig. Die Kinder sehen aus wie Puppen.“ Doch ihre Aufklärung folgte prompt: Das soll keine direkte Krippe sein. Sondern Kinder spielen Krippe, Weihnachten. Die Künstlerin ist bekannt durch die Serie Nina und Marco; arbeitet für die Manufaktur Göbel.

Ach ja, auf dem Büro-Bogen schlummert, fest vermummt, ein Pakt. Drinnen ruht eine Krippe, die auf den Müll sollte. Ein Ehepaar baute sie, musste sich jetzt wohnlich verkleinern. Also die Krippe entsorgen? Ein himmlischer Helfer hauchte Alshut ein: Eine Krippe harrt auf Rettung.“ Klar, der Geistliche setzte sich leidenschaftlich für sie ein.

Da just 50-jähriges Bestehen feiert, fehlen bei der Krippen-Ausstellung nicht die Südamerikanischen. „Die sind ganz anders als unsere. Bunter. Jetzt ist dort Sommer, alles blüht. Weihnachten wird auf der Straße mit Musik, Tanz gefeiert“, so Alshut. Ergänzt: „Der Essener Weihbischof Franz Grave , Gemeindemitglied von St. Elisabeth, war viele Jahre für Adveniat zuständig. Er hat uns zwar immer wieder Priester aus Südamerika mitgebracht. Leider keine Krippen!“

Wie wurde seine Krippenleidenschaft geweckt? „Sie begann vor fast vier Jahrzehnten mit einer Krippe aus Südamerika, die mir ein Schulfreund schenkte, der dort als Missionar arbeitete. Weil er wusste, dass ich mich schon in der Schulzeit für Krippen interessierte.“ Die damalige Krippe aus Abfällen brachte den Funken zum Glühen für seinen Krippen-Schatz: Seitdem sammelt er - ist sehnsüchtig auf Krippen aus der ganzen Welt!

Krippen der Heimat – Krippen aus Südamerika
Eine Krippenausstellung aus der Sammlung von Pastor Bernhard Alshsut in der Kirche St. Elisabeth, Frohnhauser Straße 398. Die Kirche ist von Weihnachten, 25.12. bis Mariä Lichtmess, 2.2., täglich von 15 bis 17 Uhr geöffnet; gleichzeitig auch die Krippenausstellung.
Ansprechpartner: Pastor Bernhard Alshut, Telefon 0201/762433.

Fotos: Michael Gohl / Stadtspiegel

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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