Unser schwerster Beschluss seit Amtsantritt.
Stadt Essen beschließt neue Rettungsdienstgebühren
- hochgeladen von Volt Essen
Der Rat der Stadt Essen hat am Mittwoch die neue Satzung für die Rettungsdienstgebühren 2026/2027 beschlossen. Die Entscheidung sorgt bereits für deutliche Reaktionen in der Bevölkerung, denn für viele Einsätze könnten künftig spürbare Eigenanteile entstehen. Die Schlagzeilen sind entsprechend alarmierend: „Stadt Essen verlangt Geld für Krankentransporte“. Kaum erwähnt wird allerdings, warum die Entscheidung überhaupt notwendig war und welche Konsequenzen ein Nein gehabt hätte.
Volt Essen nimmt Stellung und erklärt, warum die Gruppe Volt & Die PARTEI trotz großer Bauchschmerzen zustimmte.
Hintergrund: Ein finanzieller Konflikt, der nicht in Essen entstanden ist
Der Rettungsdienst ist eine Pflichtaufgabe der Stadt. Nach geltendem Kommunalabgabengesetz müssen die Gebühren kostendeckend kalkuliert werden. In Essen zeigte die Nachkalkulation jedoch eine Unterdeckung von mehr als zehn Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2023. Gleichzeitig steigen Personal-, Fahrzeug- und Vorhaltekosten.
Parallel dazu eskaliert seit Monaten ein Konflikt zwischen Kommunen und Krankenkassen in NRW: Die Kassen erkennen zentrale Kostenpositionen nicht mehr an, darunter Fehlfahrten (Einsätze ohne Transport) und Unterdeckungen aus Vorjahren. Stattdessen zahlen sie nur noch selbst definierte Festbeträge. Die Stadt Essen muss jedoch die realen Kosten ansetzen.
Die Folge: Zwischen Gebührensatz und Festbetrag entsteht eine Differenz, die, nach aktueller Rechtslage, bei den Patientinnen und Patienten landen kann. Für einen Rettungswageneinsatz wären das beispielsweise rund 267 Euro Eigenanteil, für einen Krankentransport etwa 62 Euro.
Die kaum bekannte Alternative: Ein Loch von 37 Millionen Euro
Die öffentliche Diskussion konzentriert sich derzeit stark auf mögliche Bürgerbelastungen. Was jedoch kaum benannt wird: Ein Verzicht auf die Kostendeckung hätte für die Stadt gravierende finanzielle Folgen.
Hätte der Rat die Satzung abgelehnt oder nur die von den Krankenkassen akzeptierten Festbeträge eingerechnet, wäre im Stadtetat für 2026/27 ein Defizit von rund 37 Millionen Euro entstanden. Für Volt und alle anderen Fraktionen war klar: Ein solcher Betrag hätte die Handlungsfähigkeit des Rettungsdienstes massiv gefährdet und den ohnehin angespannten Haushalt weiter destabilisiert. Zudem hätte die Stadt gegen Haushalts- und Abgabenrecht verstoßen, mit möglichen aufsichtsrechtlichen und rechtlichen Konsequenzen.
Volt spricht deshalb von einem „Zwangskorridor“, der kommunalpolitisch kaum Spielraum ließ.
Warum Volt trotzdem zustimmte und warum es der Fraktion schwerfiel
Warum Volt trotzdem zustimmte und warum es der Gruppe so schwerfiel
Volt Essen betont, dass die Entscheidung alles andere als leicht war. „Wir verstehen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr gut“, heißt es aus der Gruppe. „Auch wir hätten uns gewünscht, dass Rettungsdiensteinsätze vollständig über Krankenkassenbeiträge gedeckt werden. Niemand soll in einer Notlage zögern, die 112 zu wählen.“
Trotzdem war klar: Ein Nein zur Satzung hätte die Stadt in Richtung Zahlungsunfähigkeit gedrängt, den Rettungsdienst geschwächt und rechtliche Risiken geschaffen. Im Spannungsfeld zwischen sozialer Verantwortung und finanzieller Stabilität blieb somit nur die Zustimmung, verbunden mit klaren politischen Forderungen.
Forderungen für den weiteren Prozess: Härtefallregelungen, Transparenz und politischer Druck
Volt Essen fordert nun drei zentrale Schritte:
Konsequente Härtefallregelungen
Die Stadtverwaltung soll bis Februar ein Modell vorlegen, das sozial schwache Bürger wirksam schützt. Die Gruppe kündigt an, die Umsetzung eng zu prüfen.
Klare Aufklärung für die Bevölkerung
Eine Kommunikationsstrategie ist notwendig, um Falschinformationen zu vermeiden. Gerade die Frage, wann weiterhin die 112 gewählt werden muss, erfordert eindeutige Erklärung. Volt fordert eine aktive Informationskampagne der Stadt.
Politischer Druck auf Landes- und Bundesebene
Für Essen ist klar: Die grundlegende Ursache liegt nicht auf kommunaler Ebene. Nur über Gesetzesänderungen im Rettungsgesetz NRW sowie im Sozialgesetzbuch kann erreicht werden, dass Fehlfahrten, Vorhaltekosten und einsatzbedingte Strukturen wieder vollständig erstattet werden.
„Dieses Finanzierungssystem ist ein solidarisches Dilemma und es darf nicht auf dem Rücken der Kommunen und der Patientinnen und Patienten ausgetragen werden“, so die Fraktion.
Volt Essen steht zu seiner Entscheidung, benennt aber offen die Problematik. Die Zustimmung war kein politisches Wunschprojekt, sondern eine Notwendigkeit zur Stabilisierung des Rettungsdienstes und des kommunalen Haushalts. Gleichzeitig fordert die Gruppe klare gesetzliche Lösungen, damit solche Zwangslagen künftig nicht mehr entstehen.

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