Ewigkeitslasten: Ganz schön zerstört

Abwasserteich in der Nähe eines Braunkohlekraftwerks. Foto: Pielorz
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  • Abwasserteich in der Nähe eines Braunkohlekraftwerks. Foto: Pielorz
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Am Freitag, 26. Oktober, 19 Uhr, startet im LWL-Industriemuseum Henrichshütte eine ganz besondere Ausstellung: Unter dem Titel „Hidden Costs. Ewigkeitslasten“ zeigt der Fotograf J. Henry Fair die Welt von oben mit menschlich geschaffenen Hinterlassenschaften, die die Zerbrechlichkeit unseres Systems vor Augen führen. Die Eröffnung ist frei zugänglich, der Künstler ist anwesend. Der Eintritt ist frei.

J. Henry Fair ist nicht nur Fotograf, er ist Künstler. Außerdem ist er Umweltaktivist, Mitbegründer und Direktor der Umweltorganisation Wolf Conservation Center in South Salem, NY. Fair lebt und arbeitet in New York. Bekannt wurde er vor allen Dingen durch seine Fotoreihe Industrial Scars. Für dieses Projekt setzte sich der Künstler mit Energiegewinnung sowie der Massenproduktion in der Landwirtschaft und großindustrieller Produktion auseinander. Mit kleinen Flugzeugen kreist er über schwer zugänglichen Industriegebieten und fotografiert Fabriken, Abwasseranlagen oder Kohleabbaugebiete aus der Vogelperspektive. Zentrale Themen seiner Arbeit sind die Visualisierung der schwer greifbaren Prozesse von globaler Erderwärmung, Umweltverschmutzung und -zerstörung und die Position, welche die Kunst in diesem Zusammenhang einnimmt.
Mit seinen Fotos hat Fair auf umweltpolitische Probleme in verschiedenen Regionen der Welt aufmerksam gemacht. In Deutschland gehören die Braunkohleabbaugebiete in Nordrhein-Westfalen und in der Lausitz dazu, die er in den letzten Jahren ablichtete. Fotos aus der Industrial Scars-Reihe waren bereits in den USA, Asien und Europa zu sehen. Den abstrakten Bildern stellt Fair konkrete Informationen zu den dokumentierten Umweltproblemen anbei. Besucher seiner Ausstellungen werden so über akute Themen des Umweltschutzes, wie beispielsweise chemische Reaktionen bei der Düngemittelgewinnung oder die Konsequenzen von Massentierhaltung, informiert. Die bisher größte Einzelschau des Fotografen unter dem Titel „Toter Erde schöner Schein“ wurde im Herbst 2011 vom KOMM-Bildungsbereich in Nürnberg gezeigt. Fair arbeitet als Fotograf auch mit Umweltorganisationen wie NRDC, Rainforest Alliance oder Greenpeace zusammen.

Neue Ausstellung im LWL-Industriemuseum

Jetzt zeigt das LWL-Industriemuseum Henrichshütte 45 Werke des Fotografen, darunter 15 aus Deutschland. Die anderen Luftaufnahmen stammen aus der ganzen Welt, vorzugsweise aus Amerika. Die Fotos dokumentieren die „Wunden der Erde“, die der Mensch dem Blauen Planeten beigebracht hat. Egal, ob Luft, Wasser, Boden oder Natur – sie sind überall sichtbar und zeigen die Ausbeutung der Erde durch den Menschen. Ob Abwasserbecken eines Braunkohle-Kraftwerks in der Lausitz oder ein solches Becken bei der Phosphatdünger-Produktion in den USA – sie unterscheiden sich hinsichtlich der Farbe – mal braun, mal grün – aber nicht im Hinblick auf die Zerstörung. Die Bilder beeindrucken durch eine Ästhetik und Schönheit, die spätestens dann zum Nachdenken anregt, wenn man weiß, was dort abgebildet wurde. „Die Faszination für Ruinen und die ganz eigene Schönheit industrieller Gebilde hat meine Arbeit immer geprägt. Ich wollte Kunst machen, die eine Geschichte über die Gefahren durch unsere erdölbasierte, konsumierende Entsorgungswirtschaft erzählt. Dies führte mich in die Höhle des Löwen. Ich schlich mich in Raffinerien und Kohlebergwerke ein um zu fotografieren. Aber die Bilder haben die Grenze zwischen Dokument und Kunst nicht überschritten und die am stärksten vergifteten Landschaften blieben unerreichbar“, so der Künstler selbst. Dabei, so der Künstler, ginge es ihm nicht darum, die Industrie an den Pranger zu stellen und zu verteufeln. Seine Bilder sollen vielmehr den Finger in die Wunden legen, die jeder Mensch mit seinem Konsumverhalten mitbeeinflusst. Dazu, so Fair, seien Fotos besser geeignet als Schriftstücke. Denn natürlich ist der New Yorker von der Hoffnung geprägt, die Bilder mögen im Gedächtnis der Menschen und vor allem in ihrem Verhalten Spuren hinterlassen und etwas verändern.
Über J Henry Fair's Arbeit wurde im Fernsehen berichtet von der Today-Show, CNN und WDR, und in den Printmedien von der New York Times, National Geographic, New York Magazine, Die Zeit, Le Figaro, Harper's, Smithsonian und Scientific American. Seine Bilder werden weltweit in bedeutenden Museen, Galerien und Bildungsinstituten ausgestellt. Anlass für die Ausstellung im LWL-Industriemuseum Henrichshütte ist das Ende des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet 2018. „Trotz Schließung der letzten Zeche sind wir vom Kohleausstieg ja noch weit entfernt“, so Museumsleiter Robert Laube. „Am Schacht ist längst nicht Schicht. Die RAG-Stiftung muss bis in alle Zukunft Wasser abpumpen, soll das Revier nicht absaufen“.
Die Ausstellung im LWL-Industriemuseum Henrichshütte ist bis zum 22. April 2019 zu sehen, jeweils Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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