Griff in die Kirchenkasse bringt Strafe mit Therapie

Die 33jährige Angeklagte ist ehrenamtlich in einer Hattinger Kirchengemeinde engagiert. Sie hat sogar mal für die Kirche gearbeitet, ein paar Monate. Doch nach dem Griff in die Kirchenkasse kündigte die Angeklagte selbst, bevor der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis löste. Für die Angeklagte ist die Untreue und der Betrug nur ein Missverständnis. Doch davon konnte sie Staatsanwaltschaft und Schöffengericht nicht überzeugen.

Ein halbes Jahr arbeitete die Frau 2012 bei der Kirche. Die Mutter dreier Kinder hatte privat zum Ende des Jahres einige Probleme. Ihr Mann hatte eine andere Frau kennengelernt und war zwischenzeitlich aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Das Verhältnis zu ihren Eltern gilt als schwierig, auch körperliche Leiden machen ihr zu schaffen. Vor Gericht erklärte die Angeklagte, ihren Job bei der Kirche hätte sie niemals aufs Spiel setze wollen. Sie habe die Arbeit sehr gemocht. Mit einer ec-Karte hat sie fünfmal zum Jahresende sehr kurz hintereinander jeweils 1000 Euro bar abgeholt. Sie habe geglaubt, dies mit der ec-Karte für ihr Privatkonto zu tun, in Wahrheit aber war es die Bankkarte für das 4K-Konto der Jugendarbeit von vier Kirchengemeinden, für das sie eine Vollmacht hatte. Außerdem tätigte sie eine Überweisung zur Anzahlung einer Kirchenreise in Höhe von knapp 1000 Euro. Hier gab sie zwar den Verwendungszweck und den Empfänger richtig an, aber nicht dessen Bankverbindung. Stattdessen nahm sie ihre private Bankverbindung. Dies soll deshalb geschehen sein, weil sie die Daten verwechselt habe.
Die Angeklagte macht vor Gericht einen fahrigen und aufgedrehten Eindruck, beschreibt wortreich das Geschehen. Die Anklage wirft ihr außerdem den Kauf eines Handys vor mit einem gefälschten Kontoauszug, der ein weitaus höheres Guthaben zeigt als sie es hatte.
Tatsächlich hätte sie das Handy nicht bezahlen können. Diesen Vorfall gibt die Angeklagte sofort zu. Im übrigen hat sie alle entstandenen Schäden mittlerweile beglichen.

Bereits im Vorfeld hatte ein psychiatrischer Sachverständiger die Aufgabe, die Schuldfähigkeit der Angeklagten zu untersuchen. Er kommt zu dem Ergebnis einer verminderten Schuldfähigkeit. Die Angeklagte habe aufgrund ihrer Biographie massive Probleme, ihre Handlungen könnten als Kompensation in bestimmten Phasen gewertet werden. Dennoch habe die Angeklagte gewusst, was sie tat.

Mittlerweile befindet sich die Angeklagte erneut in einer ambulanten, allerdings nicht regelmäßigen, psychologischen Betreuung. Hier wurde bereits als Ursache für das Verhalten eine Bipolare Störung vermutet. Menschen mit einer Bipolaren Störung - auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet - fallen oft ohne nachvollziehbare Gründe von einem Extrem ins andere: Himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt.
Das will der Gutachter vor Gericht aber nicht bestätigen.
Staatsanwaltschaft und Schöffengericht glauben der Angeklagten jedenfalls nicht, dass sie ohne Vorsatz gehandelt hat. Sie gehen davon aus, dass sie wusste, was sie tat, wenngleich die verminderte Schuldfähigkeit berücksichtigt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Angeklagte noch in der Bewährungszeit ist, denn sie wurde bereits mehrfach wegen Betrug verurteilt. Mit Bewährungshelferin Bettina Knippel hält sie zwar regelmäßig die Termine ein, aber auch diese berichtet über unkontrollierte und aggressive Ausbrüche, wenn es Probleme zu bewältigen galt.
So gibt es jetzt, nach Aussage des Vorsitzenden Richters Johannes Kimmeskamp zum letzten Mal, eine Bewährungsstrafe von acht Monaten mit der Auflage, innerhalb von sechs Wochen eine ambulante psychotherapeutische Behandlung zu machen, die sie nicht eigenständig abbrechen darf.
Für die Angeklagte ist es wirklich fünf vor Zwölf. Sie muss jetzt handeln.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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