Sportbootschleuse Brienen
Das nebulöse Spiel im Klever Rathaus

Die Auseinandersetzung der Klever Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik mit dem Thema Sportbootschleuse im Übergang zwischen Griethausener Altrhein und Spoykanal wird immer nebulöser. Ist das alles nur ein MIllionen-Spiel?

Schon am 28. Juni 2018 beschloss der Rat der Stadt Kleve, damals noch unter dem Vorsitz der Bürgermeisterin Sonja Northing, eine Resolution, mit der das Projekt Schleuse Brienen so richtig an Fahrt aufnehmen sollte. Es folgten die Unterzeichnung einer Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt und der Stadt Kleve, die Beauftragung einer erweiterten Machbarkeitsstudie (2.0) und danach eine Vielzahl an Sitzungen des politischen Ausschusses für Verkehrinfrastruktur und -mobilität (AIM). Räume und Zeiträume, in denen sich die Politiker und die Amtsleute der Verwaltungsspitze die Bälle hin und her schossen. Über vier Jahre geht dieses Spiel inzwischen. Außer den Ergebnissen der Entwurfsplanung über eine Sportbootschleuse, den Informationen über eine Machbarkeit und eine inzwischen veraltete Kostenschätzung - allesamt vom Fachingenieurbüro Spiekermann aus Düsseldorf unter dem Titel "Realisierung einer Sportbootschleuse in der vorverlegten Deichtrasse" ausgearbeitet - hat sich nach der Vorstellung dieser Ergebnisse gar nichts neues Sachdienliches konkretisiert. Am 22. September 2021 wurde die Machbarkeitsstudie den Ausschussmitgliedern des AIM durch das Fachbüro vorgestellt. Das liegt nun auch wieder über ein ganzes Jahr zurück.

Nichts Neues!

Man sollte annehmen, dass alle Akteure aus Verwaltung und Kommunalpolitik seit Vorliegen einer derart ausführlichen Expertise in die Lage versetzt worden sein sollten, das Thema voranzubringen. Weit gefehlt! Nach der Machbarkeitsstudie kam nichts Neues, nichts Konkretes, keine neuen Fakten zur Sportbootschleuse, nichts! Es gab zwar zahlreiche Diskussionen zwischen den politischen Entscheidungsträgern und dem Verwaltungsplenum, die allerdings nichts neues Konkretes und keine neuen Fakten hervorbrachten, mit denen das Projekt weiterentwickelt werden könnte.

Dass aufgrund des Einsatzes der damaligen Bundesministerin, Frau Dr. Barbara Hendricks ein Sperrvermerk im Bundeshaushalt Platz gefunden hat, mit dem sich der Bund verpflichtet, bis zu 50% der Baukosten einer neuen Sportbootschleuse zu übernehmen, ist nun nichts Neues mehr.

Mantras werden wiederholt gebetet und Dialoge nur halbherzig geführt

Dass die Stadt Kleve die Rechtsauffassung vertritt, der Bund sei für die Instandsetzung der Schleuse und des Spoykanals und des Griethausener Altrheins verantwortlich und die Stadt Kleve den Spoykanal nur unter der Prämisse übernehmen würde, wenn er durch den Bund vorher instandgesetzt werde, ist nun auch nichts Neues mehr. Das ist bereits in der über vier Jahre alten Niederschrift der Ratssitzung vom 28. Juni 2018 dokumentiert.
Diese Rechtsauffassung und diese Prämisse werden durch die Akteure aus Verwaltung und Kommunalpolitik nahezu bei fast jeder Gremiensitzung, bei der die Schleuse Brienen auf der Tagesordnung steht, wie ein Mantra vorgebetet und somit wertvolle Redezeit vergeudet. Herausgekommen ist dabei jedenfalls keine Weiterung, kein roter Faden, keine Strategie!

Der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Kleve, geführt durch den Vorsitzenden Christian Nitsch, scheint der Stillstand in der Sache ein Dorn im Auge zu sein und bemüht sich um ein Weiterkommen in der Sache. Scheinbar unermüdlich legen die Genossen dieser Fraktion Anträge und Anfragen zum Thema vor, beantragten Akteneinsicht und tragen ihre wohlwollend klingenden Wortbeiträge vor. Ein scheinbares Aufbäumen mit dem Ziel, nun endlich etwas Konkretes, etwas Handfestes zu erwirken.

Auch die medienwirksame Schützenhilfe der Genossin, Frau Dr. Barbara Hendricks, führte bisweilen nicht dazu, dass sich etwas nach vorne bewegt. Die ehemalige Bundesministerin forderte jüngst in einem Zeitungsartikel mehr Einsatz für die Schleuse Brienen und meinte damit, dass endlich Fakten geschaffen werden sollen. Damit dürfte sie auch gemeint haben, sich endlich von den Mantras zu verabschieden und erforderlichenfalls gegen den Bund zu klagen, damit der Bund gerichtlich in seine Pflichten genommen werde. Anlass genug für den Fraktionschef Nitsch, diesen Ansatz aufzugreifen und am 28. September 2022 anlässlich der AIM-Sitzung bei dem Verwaltungs-Plenum nachzufassen:

„Stv. Nitsch teilt mit, dass es auch eine andere Lesart gebe, welche zu einer 100%igen Förderung führe. Er fragt, ob es hier eine Evaluierung gegeben habe und ob diese angestrebt werde. Hier könnten sich Rechtsansprüche gegenüber dem Wasserschifffahrtsamt ergeben.", so ist sein Wortbeitrag in der Niederschrift der Sitzung protokolliert. Er wollte wissen, ob inzwischen die Möglichkeiten eines Rechtsmittels von der Verwaltung der Stadt Kleve unter die Lupe genommen wurde bzw. dies noch bevorstehe. Immerhin könnte ein Rechtsstreit bestenfalls in der Weise enden, dass die Unterlassung der Instandhaltung der Schleuse und des Spoykanals durch den Bund gerichtlich als pflichtwidrig festgestellt werde und daraus resultiere, dass er mithin die Kosten einer Sportbootschleuse vollständig zu übernehmen hätte.

Was dann im Ausschuss folgte, ist ernüchternd. Der erste Beigeordnete des Bürgermeisters und Kämmerer Klaus Keysers betete erneut das Mantra vor, erläuterte seine persönliche Rechtsauffassung und beendete seine Einlassung mit der schwammig formulierten Ankündigung, die Verwaltung werde weiter auf den Bund zugehen. Den Teil der Frage nach den bisherigen Unternehmungen der Verwaltung im Hinblick auf die Evaluierung eines Rechtswegs ließ der Amtsmann unbeantwortet.

In der Niederschrift liest sich das so:

"Erster Beigeordneter und Stadtkämmerer Keysers antwortet, dass es sich hierbei um eine rein rechtliche Frage handelt.

Der Bund hat sein Bauwerk vernachlässigt. Der Bund beteiligt sich mit maximal 50% der ent-stehenden Kosten.

Die richtige Lösung aus seiner Sicht ist, dass der Bund für die Herstellung der Schleuse zu-ständig ist, zugleich hat der Bund die Schleuse und den Altrhein nutzbar zu machen. Der Bund ist in der Verpflichtung sich um die Schleuse, den Spoykanal und den Altrhein zu kümmern.

Hier gelte das Motto „Eigentum verpflichtet“. Die Verwaltung wird soweit weiter auf den Bund zugehen.“

Alle Ausschussmitglieder gaben sich mit dieser halbherzigen und vor Allem unvollständigen Antwort zufrieden und keiner der Anwesenden fasste nach!

Dieses Beispiel macht deutlich, wie nebulös es inzwischen im Rathaus zur Briener Schleuse zugeht.

Verwaltung ignoriert seit über 1,5 Jahre das Potenzial

Dabei dürften die Chancen für eine gerichtliche Feststellung eines möglichen pflichtwidrigen Verhaltens durch den Bund durchaus realistisch sein: Bürgermeister Wolfgang Gebing erhielt bereits am 8. Mai 2021 die vollständige Fassung eines Rechtsgutachtens, das sich mit der Thematik zur

„Unterhaltungspflicht des Bundes für Bundeswasserstraßen bei Situationsänderungen
- dargestellt am Beispiel des Gieselaukanals und der Gieselauschleuse zwischen Nord-Ostsee-Kanal und Eider sowie als allgemeines Problem des Bundeswasserstraßenrechts –„

befasst. Das 163 Seiten umfassende Gutachten hatte ich dem ersten Bürger der Stadt übermittelt. Die Inhalte des Gutachtens sind brisant:

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein hatte dieses Rechtsgutachten durch Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. Rüdiger Breuer (Köhler & Klett Rechtsanwälte Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB aus Köln) im Jahr 2019 erstellen lassen, das sich mit der Thematik der Unterhaltungspflichten des Bundes an Binnenwasserstraßen befasst.

Anlass für das Gutachten waren unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMVI) und dem schleswig-holsteinischen Verkehrsministerium über die Frage der Unterhaltungspflichten des Bundes hinsichtlich der Gieselauschleuse in Schleswig-Holstein. Diese Schleuse und der gleichnamige Kanal verbinden seit den dreißiger Jahren den Nord-Ostsee-Kanal mit der Eider. Das BMVI hatte in Erwägung gezogen, diese Schleuse außer Betrieb zu nehmen, falls nicht ein anderer Träger die Schleuse übernimmt. Das BMVI stellte hierfür eine hälftige Kostenbeteiligung bei der Grundinstandsetzung in Aussicht.

Vergleichbare Situationen gibt es in fast allen anderen Ländern. Auch die hier in Rede stehende Situation in Kleve weißt vergleichbare Strukturen in der Sache auf.

Schleswig-Holstein hatte hierzu die Auffassung vertreten, dass sich schon aus §2 WaStrG eine Pflicht des Bundes zum Unterhalt und Betrieb der Binnenwasserstraßen ergebe und sich dieser nicht einseitig durch eine Außerbetriebnahme dieser Pflicht entziehen dürfe. Diese unterschiedlichen Positionen waren Anlass, neben dem Spezialfall der Gieselauschleuse in Schleswig-Holstein auch die generellen Unterhaltungspflichten des Bundes an Binnenwasserstraßen rechtsgutachterlich untersuchen zu lassen.

Wesentliches Ergebnis des Gutachtens ist, dass §2 WaStrG den Bund verpflichtet, Binnenwasserstraßen zu unterhalten und zu betreiben und er sich nicht einseitig von dieser Unterhaltungspflicht durch eine Außerbetriebnahme oder durch die Nichtbereitstellung von Haushaltsmitteln lösen kann. Aus dem Grundsatz der Bundestreue folgen für den Bund und die Länder wechselseitige Pflichten. Eine dauerhafte Außerbetriebnahme könnte nur einvernehmlich mit den Ländern vereinbart werden.

Das Gutachten stellt gegenwärtige Diskussionen über den Umfang der Unterhaltungsverpflichtungen des Bundes und eine mögliche Übernahme von Binnenwasserstraßen durch die Länder oder Kommunen gerade bei den für die Berufsschifffahrt weniger bedeutenden Binnenwasserstraßen auf eine neue Grundlage.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Verwaltungs-Plenum in den einschlägigen politischen Sitzungen kein Wort über diese Hintergründe berichtet und nicht bereit ist, eine Strategie zu erarbeiten, sondern sich immer und immer wieder auf das Mantra-Gebet zurückzieht. Ebenso schleierhaft ist es, weshalb die politischen Akteure nicht mit Nachdruck einfordern, dass nun endlich Fakten geschaffen werden. Das alles ist derart nebulös.

Wer wird Sieger, wer Verlierer dieses nebulösen Millionen-Spiels im Klever Rathaus sein???

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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