Sie überlebten die Hölle

Das Maximilian-Kolbe-Werk hat sich die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen auf die Fahnen geschrieben. Zur Zeit ist eine 14-köpfige Besuchergruppe aus Polen in Kleve zu Gast - die Besucher sind Konzentrationslager- und Ghetto-Überlebende. | Foto: Wasserburg Rindern
  • Das Maximilian-Kolbe-Werk hat sich die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen auf die Fahnen geschrieben. Zur Zeit ist eine 14-köpfige Besuchergruppe aus Polen in Kleve zu Gast - die Besucher sind Konzentrationslager- und Ghetto-Überlebende.
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Schon zum sechsten Mal ist die Wasserburg in Rindern in diesen Tagen Herberge für Menschen aus Polen, die während der Naziherrschaft in Konzentrationslager verschleppt worden waren. Noch können diese Überlebenden den nachfolgenden Generationen von ihrem Schicksal erzählen - auf der Wasserburg war dazu am Sonntag Nachmittag Gelegenheit.
Ins Leben gerufen wurden diese Begegnungen vom Maximilian Kolbe Werk mit Sitz in Freiburg. „Das Maximilian-Kolbe-Werk unterstützt ehemalige KZ- und Ghetto-Häftlinge in Polen und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas sowie deren Angehörige unabhängig von ihrer Religion und Weltanschauung. Es will zur Verständigung und Versöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk und mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas beitragen“, umreißt der Verein die Intention seiner Arbeit.
In der Wasserburg tritt Ernst Spranger, stellvertretender Leiter der Bildungseinrichtung, für diese Ziele ein. Er ist selbst Mitglied im Maximilian Kolbe Werk.
Jeder der 14 polnischen Gäste bringt eine ganz eigene, schreckliche Erfahrung mit. Mit Hilfe einiger freiwilliger Übersetzer lassen sich diese Lebensgeschichte nicht im Detail nachvollziehen - aber das Schreckliche kann doch erzählt und verstanden werden.
Marian Pawfowski fällt es nicht leicht, von sich und dem zu erzählen, was ihm während der schlimmen Zeit widerfahren ist. Blond, blaue Augen - Merkmale für arische Abstammung. Das sollte ihm zum Verhängnis werden. Gerade einmal fünf Jahre alt, fiel er den Nazischergen auf, wurde ins Lager Majdanek gebracht, um letztendlich von einem deutschen Ehepaar, das nahe Hamburg lebte, adoptiert zu werden. Das Sprechen fällt auch nach den vielen Jahren schwer, sich zu erinnern schmerzt. Auf die Frage, wie sich diese Erfahrung auf sein späteres Leben ausgewirkt habe, kämpft der Mann mit den Tränen, schüttelt mit dem Kopf.
Janina Wojda und Daniela Sczeponiske sind Schwestern. Damals, als das Unheil über Polen herrschte, waren sie Kinder, 8 und 5 Jahre, der Bruder drei Jahre alt. „Mein Vater hatte eine antifaschistische Einstellung - er wurde in Auschwitz ermordet. Meine Mutter und wir Kinder wurden in Sippenhaft genommen und in ein Lager nahe Auschwitz gebracht und mussten dort leben. Es gab nichts zu essen, es war kalt. Meine Mutter war zu der Zeit mit unserem jüngsten Bruder schwanger“, erzählen die Schwestern. Das Kind wurde im Lager geboren. „Er ist behindert - und konnte deshalb leider nicht mit nach Rindern kommen“, so Janina Wojda. Sie, die Älteste, versorgte ihre Geschwister, während die Mutter zur Arbeit ging. „Ich habe keine Kindheit erlebt, meine Geschwister auch nicht“, ist das traurige Fazit. Die Mutter wird zu medizinischen Versuchen missbraucht. „Man hat ihr Krebserreger unter die Haut gespritzt - daran ist sie mit 44 Jahren gestorben.“
Mariam Wach wird täglich an jene Zeit erinnert: Auf seinem Unterarm trägt er die Nummer, die ihm in Auschwitz eintätowiert wurde. Nur dank der Unterstützung eines polnischen Arztes überlebte er das Lager. Weitere Stationen waren Buchenwald, Mittelbau-Dora und der Todesmarsch nach Ravensbrück. Erst hier wurde er befreit.

Autor:

Annette Henseler aus Kleve

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