Die Spinne von Venedig
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Eine kleine Gruselgeschichte aus Venedig — eine versponnene Lagunenlegende
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Die Spinne von Venedig
Es war eine Nacht, in der der Nebel so dicht über den Kanälen lag, dass selbst die Gondeln wie Schatten wirkten. Die Laternen warfen ihr fahles Licht auf das Wasser, das schwarz glänzte wie Glas.
In einem verlassenen Palazzo am Canale Grande erzählte man sich von einer Kreatur, die dort hauste: einer Spinne, groß wie ein Hund, mit Augen, die rot glühten wie glimmende Kohlen.
🕷️ Man sagte, sie sei aus den Tiefen der Lagune gekrochen, geboren aus dem Gift der Moränen und dem Staub der alten Mauern. Fischer verschwanden, Gondoliere hörten plötzlich ein Kratzen unter den Planken, und manchmal fand man nur ein Netz, das wie geklöppelte Spitze über die Brücken gespannt war.
Wer nachts durch die engen Gassen ging, hörte ein leises Tropfen — nicht von Wasser, sondern von den Fäden, die die Spinne spannte, um die Stadt einzuhüllen.
Ein junger Maler, der sich von der morbiden Schönheit Venedigs inspirieren ließ, wagte es, den Palazzo zu betreten. Er wollte die Spinne sehen, sie malen, ihr Gesicht festhalten. Doch was er fand, war kein Tier, sondern ein Spiegel: und darin sah er sich selbst, mit acht Augen und acht Armen, gefangen im Netz der Stadt.
Seit jener Nacht heißt es, die Spinne sei nicht nur im Palazzo, sondern in jedem Schatten, jeder Brücke, jedem Spiegel Venedigs. Wer zu lange hinsieht, erkennt vielleicht, dass die Stadt selbst ein Netz ist — und wir alle nur Beute darin.
Community:Franz B. Firla aus Mülheim an der Ruhr |

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