Stromkonzession: medl-Bewerbung vom Tisch

Foto: Pixelio/Rainer Sturm

Von Dirk-R. Heuer
Die Mehrheitsfraktionen von SPD und CDU haben Freitagvormittag den Versuch von MBI und Grünen, medl ins Bieterverfahren um die Mülheimer Stromkonzession zurückzuholen, abgeschmettert. Der Aufsichtsrat hatte sein Interesse an der Übernahme des Mülheimer Stromnetzes zurückgezogen, Das war am Dienstag bekannt geworden. Um diesen Beschluss zu revidieren, hatten MBI und Grüne die gestrige Sondersitzung des Hauptausschusses (HA)einberufen lassen. Vor allem FDP, Grüne und MBI kritisierten, dass sie von dem Ausstiegsbeschluss überrascht worden seien. „Wir sind überrumpelt worden“, klagte Lothar Reinhard, Sprecher der MBI-Fraktion. Dem Antrag der FDP, die Gründe des Ausstiegs zu erfahren, stimmte die Mehrheit zu. Im nichtöffentlichen Teil der nächsten Sitzung des HA soll medl-Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann Rede und Antwort stehen. „Dann ist es viel zu spät, weil die Bewerbungsfrist in der kommenden Woche abläuft“, meinte MBI-Mann Reinhard. Für eine erfolgreiche Bewerbung sei es ohnehin zu spät, konterte Wilfred Buß (SPD). Dazu müssten die Aufsichtsräte von medl und der Beteiligungsholding (BHM) zusammentreffen, um die gefassten Beschlüsse zu ändern. Als erstes aber müsste die Mehrheit des HA dem MBI-Antrag zustimmen.
Es geht hoch her in der Sondersitzung des Hauptausschusses in der Mülheimer Volkshochschule. Hintergrund der teilweise tumultartigen Auseinandersetzung unter den Ausschussmitgliedern ist die Vergabe der Stromkonzession ab dem Jahr 2015. Bis Ende 2014 ist die Mülheimer Konzession an RWE vergeben.
Der Versuch, die Konzession vorzeitig wieder an das RWE zu vergeben, ist im vergangenen Jahr am Protest der Grünen und Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) gescheitert. Es kam zu einer Ausschreibung, an der, neben der inzwischen ausgestiegenen medl, noch fünf andere Bieter, teilnahmen.
Die Politik hatte die medl im vergangenen Jahr aufgefordert, Interesse am Verfahren zu zeigen. Dem hatten Aufsichtsrat und die beiden Gesellschafter, die Stadt Mülheim und RWE, auch zugestimmt. Das war problemlos möglich, denn es ging ja nur um das Bekunden des Interesses. Das sagte Dr. Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der Beteiligungsholding Mülheim (BHM), in die die medl integriert ist. „Für die weitere Teilnahme hätte die Gesellschafterversammlung ihre Zustimmung geben müssen“, erklärte Dönnebrink den Ausschussmitgliedern. Denn das Betreiben eines Stromnetzes wäre ein neues Geschäftsfeld. Und dies müsste von den Gesellschaftern beschlossen werden.
Die Bewerbung der medl sei schon von „vorne herein mit bürokratischen Mitteln ausgehebelt worden“, beschwerte sich MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard. Deswegen fordere die MBI auch eine Verlängerung der Bewerbungsfrist.
Doch das ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich: „Nur Bieter können aus wichtigen Gründen eine Fristverlängerung beantragen. Und dies nur dann, wenn die Gründe im Verfahren selbst liegen, weil beispielsweise etwas unklar formuliert ist“, klärte Stadtdirektor Dr. Frank Steinfurt die Ausschussmitglieder auf. Damit war auch der zweite Antrag der MBI vom Tisch.
Der MBI-Mann musste sich harsche Kritik gefallen lassen. Wilfred Buß (SPD) warf ihm „persönliches Versagen“ vor. Die MBI hätte frühzeitig von sich aus tätig werden können. Das Bekunden des medl-Interesses am Stromnetz führe nicht automatisch zu einer Bewerbung. Die MBI habe ausreichend Zeit gehabt, vor der Sommerpause entsprechende Anträge im Rat zu stellen.
Ein Blick zurück zeigt, dass die Entscheidung gegen die medl bereits im vergangenen Jahr gefallen ist. In der zweiten Jahreshälfte hatten die Ratsmitgliederzugestimmt, den medl-Gesellschafter Rhenag durch RWE zu ersetzen. Von der indirekten RWE-Be-teiligung an der Medl über die Rhenag kam es damit zur direkten Beteiligung.
Auch ein Blick in die Ausschreibungsunterlagen zeigt, dass sich die medl allein niemals erfolgreich gegen Mitbewerber hätte durchsetzen können. Mitte vergangenen Jahres stellte die Verwaltung die Entscheidungsmatrix für Konzessionsbewerber dem Rat zur Verfügung. Aus ihr geht eindeutig hervor, dass nur Interessenten, die schon ein Stromnetz betreiben, zum Zuge kommen. Auf MW-Nachfrage bestätigte Dr. Dönnebrink, das die medl allein keine Chance gehabt hätte. „Die medl hätte sich einen Partner suchen müssen, der erfolgreich ein Stromnetz betreibt, um die Vorgaben der Ausschreibung zu erfüllen.“ Über die Ausschreibungsvorgaben seien die Ratsmitgliedern rechtzeitig informiert worden.

Hintergrund: Konzessionsverträge
Deutsche Kommunen dürfen für das Nutzungsrecht öffentlicher Flächen Konzessionen erteilen. In der Regel betrifft dies die Verlegung und den Betrieb von Versorgungsleitungen (Gas- und Wasser- sowie Stromleitungen). Der Zeitraum für die Vergabe beträgt maximal 20 Jahre. Als Entschädigung für die Nutzung müssen Versorgungsunternehmen eine Konzessionsabgabe bezahlen. Sie ist für die Kommunen feste Einnahmequelle. Die Höhe der Abgabe im Bereich Strom ist abhängig von der Einwohnerzahl. In Mülheim betragen die Strom-Konzessionseinnahmen nach Angaben der Kämmerei rund acht Millionen Euro pro Jahr.
Die Mülheimer Stromkonzession liegt zurzeit bei RWE. Die Stadt Mülheim besitzt insgesamt rund 9,5 Millionen RWE Aktien. Darin enthalten sind 4,1 Millionen Aktien aus Stiftungen. Der Gesamtwert der Aktien beläuft sich auf rund 300 Millionen Euro (Stand: 20. Oktober). Der städtische Anteil am RWE-Konzern beträgt 1,7 Prozent.

Autor:

Lokalkompass Mülheim aus Mülheim an der Ruhr

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