ALTMARKTgarten
Urban Gardening über den Dächern Oberhausens

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Mit der Einweihung des Altmarktgartens auf dem Dach des neuen Oberhausener Jobcenters fiel gleichzeitig der Startschuss für das Vorzeigeprojekt des "inFARMING-Konzepts". Wissenschaftler vom Fraunhofer UMSICHT erforschen vor Ort die innerstädtische Lebensmittelproduktion. Produktionssysteme und Gebäudeinfrastrukturen sind hierfür miteinander verknüpft, sodass Stoff- und Energieströme nachhaltig für den Anbau von Obst, Gemüse oder Kräutern genutzt werden können. 

[text_ohne]Weltweit ist ein stetiges Wachstum der Städte zu verzeichnen. Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 etwa 75 Prozent der Bevölkerung in Städten leben.[/text_ohne] Deren nachhaltige Versorgung mit regionalen Nahrungsmitteln ist eine enorme Herausforderung, denn insbesondere für den Anbau von Lebensmittelpflanzen fehlen vor Ort die Flächen. Gefragt sind neue Konzepte für eine urbane Lebensmittelproduktion. Weltweit werden zurzeit verschiedene Möglichkeiten erforscht, wie diese Produktion unter optimalem Einsatz von Ressourcen wie Energie, Wasser und Nährstoffen realisiert werden kann. Das Fraunhofer UMSICHT hat mit dem "inFARMING-Konzept" einen Ansatz entwickelt, der Produktionssysteme und Gebäudeinfrastrukturen miteinander verknüpft.

Anbau in verschiedenen Klimazonen

Mit dem Altmarktgarten auf dem Dach des neuen Jobcenters ist jetzt ein Zentrum zur nachhaltigen regionalen Lebensmittelversorgung entstanden, das in dieser Form einzigartig in Deutschland ist. In drei verschiedenen Klimazonen werden künftig Obst, Gemüse und Co. angebaut, in einer vierten Klimazone wird geforscht.
Die einzelnen Zonen des Dachgewächshauses können je nach Bedarf an Temperatur und Feuchtigkeit der Pflanzen unterschiedlich angepasst werden. Eine weitere Besonderheit ist, dass die produktionsorientierten Bereiche unterschiedliche Kultivierungssysteme nutzen. Neben den Ebbe-Flut-Tischen, die Pflanzen zeitgesteuert durch Flutung mit Wasser und Nährstoffen versorgen, wird in UV-stabilen Growbags, also großen großen Plastiktüten, die mit einem Nährstoff gefüllt sind, angebaut. Düngung und Wasserzugabe erfolgen hier per Tröpfchenbewässerung, das überschüssige Wasser wird durch ein Rinnensystem in den Wasserkreislauf zurückgeführt. Bei einem weiteren Kultivierungssystem befinden sich die Pflanzen auf Kulturplatten in Schwimmteichen. Aussparungen in den Platten sorgen für Halt und ermöglichen ein direktes Wurzeln in das Wasser.
Alle verwendeten Systeme sind somit hydroponisch, das heißt die Pflanzen werden durch eine wässrige Lösung ernährt. Ein Düngerautomat steuert die Nährstoffversorgung individuell angepasst an Pflanzen und System.

Mehr als 1.000 Quadratmeter Nutzfläche

Die Nutzfläche des Dachgewächshauses beträgt mehr als 1.000 Quadratmeter, wovon das Fraunhofer UMSICHT auf 160 Quadratmetern Forschung und Entwicklung (FuE) betreiben wird. "Gemeinsam mit Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen können wir neueste Entwicklungen und Technologien im Bereich der gebäudeintegrierten Landwirtschaft testen und weiterentwickeln", erklärt Volkmar Keuter, Leiter der Abteilung Photonik und Umwelt am Fraunhofer UMSICHT. Das Gebäude dient dabei als Ressource. "Wir untersuchen, inwieweit Wasserströme oder Abwärme aus dem Gebäude zur Versorgung der Pflanzen genutzt werden können", führt Keuter fort.
Die Abwärme wird aus dem Jobcenter direkt in den FuE-Bereich geführt. Das Grauwasser – Wasser aus Duschen und Handwaschbecken – wird im Keller aufbereitet. Zum einen, damit es innerhalb des Gebäudes genutzt werden kann, zum anderen, um im FuE-Bereich die Verwendung für die Bewässerung zu testen. Auch die Belichtung steht im Fokus der Forschenden, denn mit bestimmten Lichtszenarien lassen sich das Pflanzenwachstum und die Pflanzenqualität positiv beeinflussen.
Für das Fraunhofer UMSICHT bietet der Altmarktgarten gute Voraussetzungen: Die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten können nach der Entwicklungsphase direkt vor Ort in der Praxis erprobt werden.

Transportwege werden minimiert

Das Konzept minimiert die Transportwege zwischen Anbau und Verbrauch, indem das auf dem Dach angebaute Gemüse lokal im urbanen Raum vermarktet werden kann. Dadurch, dass Ressourcen optimal zum Einsatz kommen und Stoffkreisläufe geschlossen werden, können Energieverbrauch, Kohlenstoffemissionen und Abfälle reduziert werden. Beim Garten steht aktuell besonders die Optimierung des Wasserverbrauchs im Fokus. Weitere Vorteile: Das städtische Bild wird positiv bereichert, und die Flächenversiegelung wird verringert, indem bereits bebaute Räume – wie das Gebäudedach des neuen Jobcenters – als Anbaufläche dienen.

Bürger stehen Projekt positiv gegenüber

Bereits im Vorfeld wurde die Bevölkerung im Rahmen mehrerer Veranstaltungen ausführlich über den Altmarktgarten informiert. Auch gibt es einen zentralen Informationspavillon in der Innenstadt. Eine Befragung der Oberhausener Bürger ergab, dass die Mehrzahl dem Projekt positiv gegenübersteht. 80 Prozent der Befragten planen, das Dachgewächshaus zu besuchen, 70 Prozent sehen es als Bereicherung für die Innenstadt.

Autor:

Rüdiger Marquitan (Rü MarquiTan) aus Oberhausen

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