DRK - WATTENSCHEID Kreisverband
DRK- Kältebus für Obdachlose zieht Bilanz: „Oft einziger menschlicher Kontakt“

Foto: Karl Heinz Lehnertz
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Seit nunmehr zwei Jahren ist in Bochum und Wattenscheid der Kältebus des Roten Kreuzes unterwegs und hat jetzt vorerst die letzte Tour der Wintersaison absolviert. Grund genug einen Rückblick auf die letzten 5 Monate und die Aufgaben und Erfahrungen der engagierten Ehrenamtlichen des Kältebus-Teams zu werfen.

Die Aufgabe der Mitfahrenden? Menschen, die auf der Straße leben oder schlafen, zu helfen – und sie vor den Gefahren des Winters, den frostigen Temperaturen zu schützen. Auch, weil ein durchaus unangenehmer Winter hinter uns liegt – die Arbeit des Kältebusses bleibt immens wichtig!

Ein Kraftakt, erklärt Projektleiterin Lea Piske– „das war wirklich ein Kraftakt“. Die langen Wochen und Monate seit Anfang November 2021, in denen das Thermometer immer wieder mal Temperaturen im deutlichen Minusbereich anzeigte, das war schon eine Ausnahmesituation für das Team des Kältebusses – und noch mehr für die Menschen, denen es helfen will. „Da mussten wir oft justieren und improvisieren.“ Das Team steuert mit dem Kältebus bei niedrigen Temperaturen aufmerksam durch unsere Stadt.

Dorthin, wo sie Menschen helfen können, die die Nächte auf der Straße verbringen. Und das sind leider auch in Bochum und Wattenscheid nicht Wenige. Welche Orte das sind, das ist dem Team mittlerweile bekannt. Aber: Der Kältebus kommt auch dorthin, wo Menschen andere in Gefahr wägen: „Wir hatten in der besonders kalten Phase teils 20-30 Anrufe pro Tag“, so Lea Piske, die dann an der Hotline die Anrufe annimmt.. 5-6 Stunden ist das Team für gewöhnlich unterwegs, Start gegen 18.00 Uhr, zuletzt oft sogar länger bis nachts.

Mit dem Kältebus werden Obdachlose, die das wollen, auch schon mal zu den Bochumer Notunterkünften gefahren, in denen sie sich aufwärmen und auch schlafen können. Wenn das reicht – bemerkt das Team gefährliche Umstände, wird vor Ort auch medizinische Hilfe geleistet und bei Lebensgefahr auch ein Transport mit dem Rettungswagen in eine Klinik organisiert.

Allerdings: Es wollen gar nicht alle „gerettet“ werden. Viele haben sich mit dem Leben auf der Straße auch bei extremen Temperaturen arrangiert., Wer auf der Straße lebt, der hat seine eigenen Strategien, seine eigenen Mechanismen, um zu Überleben – und eben nicht immer den Wunsch, in eine Unterkunft zu kommen.

Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Einer kann Angst sein: Viele Obdachlose ziehen die Straße den klassischen Heimen vor, weil dort manchmal ein rauer Ton herrscht – Missgunst, Misstrauen, negative Grundstimmung schrecken viele ab.

Ein anderer Grund ist pragmatisch wie traurig: Viele, Betroffene sind Alkoholiker*innen, die im Stundentakt nachlegen wollen bzw. müssen. Die Sucht hat sie so unter Kontrolle, dass sie deshalb die Kälte vorziehen.

Eine weitere Begründung ist oft, dass die Menschen sich schlicht eingerichtet haben und ihre kleinen Lager nicht verlassen wollen. Weil sie sonst geräumt werden könnten oder auch bestohlen von anderen in Not. Oder: Die Betroffenen haben Tiere, die sie nicht immer mitnehmen dürften in die Unterkünfte. Wir respektieren das natürlich. Immerhin können wir dann oft mit neuen Decken, mit Isomatten,, Schlafsäcken, mit anderen praktischen Gegenständen ein bisschen helfen.

Das Team muss all diese Situationen natürlich immer genau bewerten – „wenn wir jetzt wieder gehen, ist die Person dann sicher?“ Was die Kältebus-Mitfahrenden aber in jedem Fall sind in solchen Situationen? Wichtige Bezugspersonen. Manchmal sind wir die ersten Menschen, mit denen die Betroffenen am Tag überhaupt reden.

Anschluss fällt Obdachlosen nunmal oft schwer: Der Anschluss an den Rest der Gesellschaft fällt oft beiden Seiten zusätzlich schwer. Da sind manchmal kaum menschliche Kontakte überhaupt vorhanden – entsprechend wichtig ist es auch, dass wir einfach mal kurz reden. Ein bisschen menschliche Wärme, das ist fast so wichtig, wenn nicht wichtiger als die warme Suppe, die wir auch immer anbieten.

Unsere Ehrenantlichen konnten wieder wertvolle Erfahrungen sammeln in den letzten Monaten bei den Einsätzen des Kältebusses. Erlebnisse und Erfahrungen, die nun erst einmal auf- und verarbeitet werden müssen, bevor in den heißen Sommermonaten aus dem Kältebus wieder der Hitzebus wird.

Wir bleiben engagiert, für die Menschen in unserer Stadt und in besonderem Maße für die Menschen auf den Straßen.

Wer Interesse an einer Mitarbeit im Team des Kältebusses hat, kann sich via Email an kaeltebus@drk-wattenscheid.de an Projektleiterin Lea Piske wenden.

Wir freuen uns.

Autor:

Karl - Heinz Lehnertz aus Wattenscheid

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