Bürgerinitiative "Grüner Kornmarkt"
Demokratie und Geld: Hürden bei der Umsetzung des Bürgerwillens

Pressemitteilung der Bürgerinitiative "Grüner Kornmarkt" vom 29.09.21
Siehe dazu auch WAZ-Artikel vom 07.07.21 und 04.10.21

Der Kampf um einen grünen Kornmarkt im Sinne des Bürgerwillens, der sich in 4.802 anerkannten Unterschriften ausdrückt, dauert an.

Die Stadt Witten hatte auf der Ratssitzung am 13.09.21 das in den Augen der Bürgerinitiative rechtlich einwandfreie Bürgerbegehren erneut abgelehnt. Zum Verständnis des umfangreichen Prozedere, das dem vorausging, möchten wir hier noch einmal den Verlauf schildern:

Die Bürgerinitiative „Grüner Kornmarkt" gründete sich 2019 im wesentlichen aus den Aktionsgruppen „Aufstehen" und „Transition Town Witten". Sie bildete sich vor allem aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 02.07.2019, in dem es hieß: „Der Rat der Stadt Witten berücksichtigt ab sofort die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidungen und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf den Klimaschutz auswirken."

Nach zwei gut besuchten Bürgerversammlungen im Herbst 2019 und einer
Anwohner-Befragung einigte man sich dahingehend, den Platz zu einer entsiegelten und begrünten Kultur- und Begegnungsstätte zu machen und erarbeitete ein Konzept, das die klimatische, ökologische und am Gemeinwohl orientierte Prinzipien an die erste Stelle setzt.

Die Unterschriftensammlungen begannen 2019 und wurden 2020 durch Corona und die Ablehnung des Bürgerbegehrens als unzulässig durch die Stadtverwaltung/Stadt-Rat Witten unterbrochen.

Der Stadt-Rat Witten, der das Grundstück schon einem Investor angeboten hatte, lehnte das initiierende Bürgerbegehren am 3.Februar 2020 als unzulässig ab. Er bezeichnete es als "kassatorisch", also fristgebunden, weil es sich gegen die Bebauung des Kornmarktes richte. Allerdings war dies nicht richtig, denn das Bürgerbegehren initiiert die Idee eines Grünen Kornmarktes ohne sich wörtlich gegen eine Bebauung auszusprechen. Doch wies die Stadt Witten das Bürgerbegehren im Sinne ihrer These dennoch ab.

Die Bürgerinitiative, vertreten durch Dr. Kirsten Irle, Rainer Gehrke und Carsten Samoticha, klagte dagegen und bekam Recht. Es konnten wieder Unterschriften gesammelt werden, was aufgrund der Corona-Situation und der Lockdowns nur sehr eingeschränkt möglich war.

Ab April, als der Lockdown entschärft wurde, organisierte die Bürgerinitiative eine groß angelegte Unterschriftenaktion. In wöchentlichen Treffen legte das Organisationsteam Gebiete fest, in denen das Sammeln von Unterschriften vielversprechend erschien. Dabei wurde sie von freiwilligen Helfern unterstützt.

Die Unterschriftenlisten wurden jede Woche vom Organisationsteam ausgezählt und neue Zeiten und Orte zum Sammeln festgesetzt. Bei vielen Orten mussten zunächst Genehmigungen zum Sammeln eingeholt werden. Wie z.B. vor Supermärkten, an Impf- und Testzentren, auf Veranstaltungen etc. Außerdem gab es Rundmails an die persönlichen Freunde und Bekannten der Bürgerinitiative. Die Unterschriftenlisten wurden auch zum Download bereit gestellt.

Ab April 2021 sammelten die BI fortlaufend, ohne Unterbrechung Unterschriften. Insbesondere wurde sie dabei vom Wollladen Vogt, Friseur Luebbert, dem Buchladen Lehmkuhl, dem Reformhaus an der Ruhrstraße, Mr. Somit und dem Unverpackt-Laden unterstützt, in dem dort Listen ausgelegt werden durften, die das Organisationsteam jede Woche abholte und auszählte.

Am 18. Juni.2021 übergaben die Vertreter der BI der Stadt Witten die gesammelten Unterschriften. Am 20.August 2021 teilte die Stadt das Ergebnis mit: Von 5.600 eingereichten Unterschriften seien nur 4.013 Unterschriften gültig.

Nun begann ein Wettlauf gegen die Zeit, denn bis zum 13.09.2021, der nächsten Stadtratssitzung, sollten die fehlenden Unterschriften eingereicht sein, damit seitens des Rates der Stadt Witten kein Beschluss gefasst werden konnte, der das Bürgerbegehren obsolet machen würde.

Am 24. August 2021 stellte die Bürgerinitiative außerdem einen Antrag auf Einsichtnahme in die von der Stadt geprüften Unterschriften. Am 25. August fand ein Gespräch mit Herrn Muhr, zuständig für die Wahlen bei der Stadt, statt. Zu diesem Zeitpunkt lagen nunmehr 4.215 gültige Unterschriften vor.

Dieser teilte zunächst die Gründe für ungültige Unterschriften mit: Einige Unterzeichner hätten keinen Hauptwohnsitz in Witten, ca.300 Unterzeichner hätten doppelt unterschrieben, auch seien Personen zwischenzeitlich verstorben. Einige waren aufgrund des Alters nicht unterschriftsberechtigt. Darüber hinaus seien fast 23,7% der Unterschriften unleserlich oder die Unterzeichner hätten Fantasie-Namen erfunden.

Am 25. August 2021 fehlten also nach Prüfung durch die Stadt Witten 662 gültige Unterschriften, die bis zur nächsten Ratssitzung am 13.09.2021 nachgereicht werden konnten. Auch beantragte die Bürgerinitiative ein Rederecht auf der Stadtratssitzung, das gewährt wurde.

Zur Ratssitzung lagen durch weitere Sammelaktionen 4.802 anerkannte Unterschriften vor, so dass das die Anzahl von 4.687 notwendigen Unterschriften erreicht war.

Am 13.09. wurde das Bürgerbegehren in der Ratssitzung jedoch wiederum aus dem gleichen Grund wie im Februar 2020 für unzulässig erklärt. Siehe dazu die erste Unzulässigkeitsthematik im WAZ-Bericht vom 07.07.2021.

In beiden Ratsabstimmungen ging es darum, ob es sich bei dem Bürgerbegehren um ein „kassatorisches" oder um ein "initiierendes" Bürgerbegehren handelt. Bei beiden Abstimmungen ist seitens der Stadt behauptet worden, dass es sich um ein „kassatorisches" Bürgerbegehren handele, was schon nach der ersten Abstimmung als falsch erkannt und benannt wurde.

Dieses Vorgehen der Stadt erforderte eine weitere Anfrage von uns in Form eines Bürgerantrages zur Auskunftserteilung bzw. Begründung. Desweiteren war eine weitere Beratung durch unseren Rechtsanwalt erforderlich. Ergebnisse hierzu folgen.

Aus unserer Sicht hatte sich bis dahin die Sachlage, wie in dem WAZ Artikel geschrieben, jedoch nicht geändert: Es lagen genügend Unterschriften vor, das Bürgerbegehren ist in den Augen der BI ein initiierendes und der Rat will dies nicht anerkennen.

Zu klären ist nun, ob weitere gerichtliche Schritte notwendig sind. Damit würde den Initiatoren eine weitere Hürde aufgebaut - nach dem Motto „Recht bekommt, wer Geld hat“!

Ein weiteres Argument, das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären, war eine angeblich nicht zutreffende „Kostenschätzung". Hier ist zu sagen, dass die Fragestellung für ein initiierendes Bürgerbegehren auf der Basis der Kostenschätzung in 10 Sitzungen mit der Verwaltung erarbeitet wurde.

Wir denken, dass es nicht sein darf, dass einer demokratischen Teilhabe bei der Gestaltung der Stadt vom gewählten Rat unbegründet Steine in den Weg gelegt werden. Demokratische Teilhabe wird damit letztlich zu einer Frage der finanziellen Mittel einer Person oder Initiative, wenn eigentlich haltlose Beschlüsse auf dem Klageweg angefochten werden müssen.

Infos und Kontakt:

https://transition-town-witten.jimdofree.com/

Spenden für die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten auf das Konto des Vereins: „Mensch. Natur und Handwerk e.v. IBAN DE 68 4401 0046 0053 9884 69 – Verwendungszweck: „Kornmarkt"

Autor:

Bürgerinitiative "Grüner Kornmarkt" aus Witten

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