Corona-Virus greift auch in Bochum ins öffentliche Leben ein
Geisterspiel beim VfL und Absagen von Großveranstaltungen - kleine Kulturveranstalter in Sorge

Das Corona-Virus hat auch in Bochum immer mehr Auswirkungen auf das öffentliche Leben. | Foto: pixabay/Grafik Sikora
  • Das Corona-Virus hat auch in Bochum immer mehr Auswirkungen auf das öffentliche Leben.
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Die Entwicklung der Corona-Epidemie greift auch in Bochum immer weiter ins öffentliche Leben ein. Fünf Fälle sind hier bislang bestätigt. Das NRW-Gesundheitsministerium hat am Dienstag, 10. März, als Reaktion auf das Corona-Virus die Kommunen per Erlass angewiesen, Großveranstaltungen mit über 1.000 Teilnehmenden abzusagen oder ohne Publikum stattfinden zu lassen. Die Bochumer Stadtverwaltung kündigte am Nachmittag an, diesen Erlass entsprechend umzusetzen. Prompt folgten die ersten Veranstaltungsabsagen. Für Veranstaltungen mit weniger als 1.000 Teilnehmenden erarbeitet die Stadt gemäß der Weisung des Ministeriums Auflagen und einen Prüfkatalog, den Veranstalter ausfüllen müssen. Das Gesundheitsamt entscheidet dann anhand der gemachten Angaben, ob die Veranstaltung durchgeführt werden kann.  Bochums Kulturveranstalter spüren die Corona-Krise immer deutlicher - die Unsicherheit ist groß. Und der VfL Bochum trägt am Samstag zum ersten Mal in seiner Geschichte ein Heimspiel vor leeren Rängen aus. 

►Ganz kurzfristig abgesagt werden musste so das für Mittwoch, 11. März, geplante Konzert der Band "Meute" in der Jahrhunderthalle. Es wird auf den 18. Oktober verlegt. Karten behalten ihre Gültigkeit.

►Im RuhrCongress müssen in diesem Monat gleich mehrere Großveranstaltungen abgesagt werden:

  • Der Comedy-Abend "PussyNation" mit Carolin Kebekus, geplant für Freitag, 13. März, wird auf den 6. August verschoben.
  • Noch keinen neuen Termin gibt es für die Auftritte von Sascha Grammel (18. März) sowie von Bülent Ceylan mit seinem Programm "Luschtobjekt", geplant für den 22. März.
  • Auch der Auftritt von Sila am 28. März wurde abgesagt.
  • Der Auftritt von Comedian Teddy wird auf den 22. Juni verlegt.

►Abgesagt worden ist die Premiere des Yoga- und Lifestyle-Festival "Flow & Grow", das am kommenden Wochenende vom 13. bis 15. März in der Jahrhunderthalle stattfinden sollte. Die Veranstaltung wird auf das Frühjahr 2021 verschoben.

►Der VfL Bochum 1848 wird sein Heimspiel gegen den 1.FC Heidenheim 1846 am Samstag, 14. März, 13 Uhr ohne Zuschauer austragen müssen. Damit gibt es für den Verein erstmals in seiner Geschichte ein "Geisterspiel". Hintergrund: Eine Spielabsage, einhergehend mit einer Neuansetzung zu einem späteren Termin, kommt nicht infrage. Dies hatte die Deutsche Fußball Liga (DFL) bereits in einem Statement am Montag, den 9. März, verlautbaren lassen. Das DFL-Präsidium spricht sich einstimmig dafür aus, den kommenden Spieltag in der Bundesliga und 2. Bundesliga wie terminiert stattfinden zu lassen.
Darüber hinaus hat die DFL klargestellt, dass die finanziellen Auswirkungen - sprich: Einbußen - für den jeweiligen Club individuell getragen werden müssten. Der VfL rechnet mit einem Verlust von 500.000 Euro pro Heimspiel ohne Zuschauer. Dennoch hat der VfL Bochum angekündigt, seinen Rückerstattungspflichten nachzukommen und bereits gekaufte Tagestickets sowie Dauerkarten zu erstatten. Infos dazu sollen in dieser Woche folgen.
Der VfL Bochum 1848 bittet alle Fans nachdrücklich, am Samstag nicht zum Vonovia Ruhrstadion zu kommen. Sowohl der Fanshop am Stadioncenter als auch die Fangastronomie „8ZEHN48“ bleiben geschlossen. Ein Public Viewing, wie in Fanforen angeregt, wird es also ebenso wenig geben wie etwa eine Live-Übertragung im Internet. "Das verstößt gegen die Rechte der TV- und Bewegtbildinhaber", so Pressesprecher Jens Fricke.
Zudem hat sich der Verein dazu entschieden, alle sonstigen vereinsinitiierten Veranstaltungen, zum Beispiel den Fiege Fanabend am kommenden Montag , 16. März, sowie die KultKlub- oder BobbiKlub-Termine, zunächst auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Über Nachholtermine will er gesondert informieren.

►Stattfinden soll dagegen am Wochenende die "WAT Kreativ" am 14. und 15. März in der Alten Lohnhalle. Erwartet werden dabei pro Veranstaltungstag rund 500 Besucher, die aber nicht alle zeitgleich in der Halle sein werden. Hier achtet Bochum Marketing als Veranstalter auf zusätzliche Hygiene und Desinfektionsmittelspender an den Eingängen. Auch die Frühjahrskirmes in Wattenscheid findet statt.

►"Wir stehen in täglichem Austausch mit dem städtischen Krisenstab", berichtet Alexander Kruse, Pressesprecher des Bochumer Schauspielhauses "Bislang wurde uns noch keine behördliche Anweisung in Aussicht gestellt, dass wir den Spielbetrieb einstellen müssten. Und das hoffen wir natürlich auch nicht - schließlich stehen in den nächsten Wochen einige wichtige Produktionen an, vor allem natürlich 'Herbert'." Das große Haus an der Königsallee fällt mit seinen 800 Plätzen zwar noch unter die 1000-Zuschauer-Marke, dennoch hofft das Schauspielhaus, dass die Spielzeit wie geplant weiterlaufen kann. "Bislang hatten wir auch noch keine Zuschauer-Absagen in größerer Zahl", ergänzt er.

►Ähnlich gelassen scheinen die Zuschauer der Bochumer Symphoniker mit der aktuellen Lage umzugehen: "Unser Betrieb läuft ruhig und normal, Absagen gibt es weder von Künstlern noch von Zuschauern", weiß Pressesprecherin Christiane Peters zu berichten. "Im Gegenteil, wir hatten erst jetzt am Sonntag wieder ein Familienkonzert im Großen Saal - das war sehr voll und die Stimmung war toll." Mit 960 Plätzen bleibt auch der Große Saal im Anneliese Brost Musikforum Ruhr unter der Marke, die der Gesundheitsminister gesetzt hat: "Wir gehen davon aus, dass wir auch in den kommenden Wochen wie gewohnt weiter arbeiten werden."

►Entspannt war auch das letzte Wochenende im Varieté "et cetera", wo die Premiere der neuen Frühjahrsshow gefeiert wurde: "Es war voll und die Stimmung war auch sehr schön", berichtet "et cetera"-Hausherrin Silvia Cabello. Doch in die Zukunft blickt sie mit großen Sorgen: "Wir hatten eine Absage-Welle und auch aktuell bekommen wir mehr Absagen als Reservierungen. Wenn Großveranstaltungen mit über 1.000 Besuchern nun verboten, dann, so ihre Befürchtung, werden viele Menschen ihr Ausgehverhalten insgesamt noch einmal kritisch hinterfragen: "Und dann verzichten sie auch auf einen Varieté-Besuch." Das Bochumer Varieté hat eine Kapazität von 300 Plätzen. "Insgesamt ist die Situation für kleine Veranstalter gerade ziemlich scheiße", nimmt Silvia Cabello kein Blatt vor den Mund.

►Einige kurzfristige Absagen und dadurch mehr als ein Dutzend freie Plätze gab es dagegen am Samstag bei der eigentlich schon lange ausverkauften Premiere des "Reigen" im Prinz-Regent-Theater. "Das hat uns natürlich überrascht, denn damit hatten wir nicht gerechnet", so Theaterleiterin Anne Rockenfeller. Beim PRT können Karten telefonisch reserviert werden: "Da hat es in den letzten Tagen vereinzelt Absagen gegeben, aber nicht in größerem Maße", hofft Rockenfeller, dass das auch so bleibt - schließlich ist das kleine Theater in Weitmar auf die Einnahmen dringen angewiesen. "Ich gucke jeden Morgen als erstes auf die aktuelle Lage und abends als letztes." Intern hat das Theater mittlerweile eine "No Hands Policy" eingeführt, verzichtet also auf den Handschlag zur Begrüßung.

►Absagen betreffen aber auch Bochumer Künstler, die bundesweit unterwegs sind: So hätte der Bochumer Comedian Hennes Bender am Freitag, 13. März, eigentlich einen Auftritt im Kreis Heinsberg gehabt. Der wurde nun kurzfristig auf Dezember verschoben.

►Noch keine Absagen von gebuchten Künstlern hat bislang der Bahnhof Langendreer verzeichnet. "Und wir haben auch selbst bislang keine Veranstaltung absagen müssen", ergänzt Heiko Schwegmann aus dem Leitungsteam. Auch der "No Show"-Anteil, also der Teil der Zuschauer, die trotz im Vorfeld gekaufter Eintrittskarte am Abend selbst nicht teilnehmen, sei bislang im Rahmen. "Das ist immer so zwischen fünf und zehn Prozent." Allerdings verzeichnet Schwegmann vereinzelt Anrufe von Zuschauern, die sich erkundigen, ob eine Veranstaltung auch stattfindet. "Wir machen für jede Veranstaltung eine Risiko-Analyse nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, das ist eine Checkliste - etwa zur gepanten Bestuhlung oder zur erwarteten Altersstruktur mit einem Ampel-System. Bislang waren wir da immer im grünen Bereich." Zusätzlich hat der Bahnhof Langendreer bei seinen Veranstaltungen nun eine Gästeliste ausliegen, in die sich die Besucher auf freiwilliger Basis eintragen können: "Das Angebot wird aber sehr unterschiedlich angenommen - bei der Boys-Partie hatten wir keinen einzigen Namen auf der Liste, bei der Comedy-Veranstaltung am Wochenende vier Seiten voll."

►Viel größer sind Schwegmanns Sorgen, was die Vorbereitung für das Festival "Ruhr International" angeht, das Ende Mai an der Jahrhunderthalle stattfinden soll. "Da liegen wir deutlich über der Marke von 1.000 Besuchern - auch, wenn ein großer Teil des Festivals open air stattfindet." Hier ist der Kulturbahnhof gerade in intensiven Gesprächen mit der Stadt Bochum als Mitveranstalter, schließlich gelte es Haftungs- und Vertragsfragen zu klären. "Für Veranstalter ist das gerade eine sehr schwierige Situation", gibt Schwegmann zu.

►Unbeirrt weiter laufen die Vorbereitungen für das internationale Figurentheaterfestival "Fidena", das vom 19. bis 30. Mai stattfindet. "Das Programm stellen wir am 26. März vor, das Programmheft geht jetzt in die Druckerei - wir können ja jetzt nicht aufhören, zu arbeiten", ist Festival-Chefin Annette Dabs zuversichtlich, dass alle Veranstaltungen wie geplant stattfinden werden. Betroffen vom Corona-Virus aber ist das Festival bereits jetzt: "Wir hatten zur Eröffnung ein Schattentheater aus Shanghai eingeladen, die Gruppe will ich schon seit Jahren zur Fidena holen", berichtet Annette Dabs. "Doch das haben wir schon im Februar abgesagt und auf die nächste Fidena in zwei Jahren verschoben, schließlich hätten die Bühnenbilder schon längst verschifft werden müssen und die Flüge schon längst gebucht werden müssen." Einen adäquaten Ersatz zu finden, das sei indes gar nicht einfach gewesen."

► Aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus müssen im Blue Square, dem Veranstaltungshaus der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in der Kortumstraße 90, leider Veranstaltungen ausfallen. Dies betrifft die öffentlich und vom Dezernat Hochschulkommunikation der RUB organisierten Vorträge, Workshops und ähnliches bis einschließlich zum 19. April 2020.
Mit dieser Entscheidung orientiert sich das Dezernat an einer Empfehlung des RUB-Krisenstabs, wonach nicht notwendige Veranstaltungen abgesagt werden sollen. Die Ausstellung "Wie wir die Welt sehen", die am Freitag, 13. März 2020, endet, ist bis dahin jedoch noch geöffnet.

► Nachdem das Land NRW am Dienstag, 10. März, per Erlass einerseits Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmenden untersagt hat und andererseits klargemacht hat, dass Veranstaltungen mit weniger als 1.000 Teilnehmenden künftig von den Kommunen individuell zu beurteilen sind, hat die Stadt Bochum am Mittwoch, 11. März, einen Kriterienkatalog für diese Ereignisse erarbeitet, der ab sofort online unter www.bochum.de/corona zur Verfügung steht.  Weitere Infos dazu hier: https://www.lokalkompass.de/bochum/c-politik/regeln-fuer-veranstaltungen-mit-weniger-als-1000-teilnehmern_a1324524

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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