Verwaltungschef stellt sich Diskussion mit MGB-Schülerinnen und sieht eine Menge positiver Ansätze
Miserables Klimazeugnis: Essens OB Thomas Kufen muss um seine Versetzung kämpfen

Der Oberbürgermeister stellte sich der Diskussion mit den engagierten Schülerinnen des Borbecker Mädchengymnasiums.  | Foto: cHER
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So ein schlechtes Zeugnis hat er noch nie bekommen. Drei Fünfen und ein Ungenügend. Da ist die Versetzung zum Ende des nächsten Schuljahres mehr als gefährdet. Doch ganz einverstanden war Oberbürgermeister Thomas Kufen mit der Bewertung seiner eigenen Arbeit und der der Stadt Essen in Sachen Klimaschutz nicht. "Ich möchte mit euch über meine Noten sprechen", erklärte er den Schülerinnen des Mädchengymnasiums Borbeck.

von Christa Herlinger

Die Mitglieder des MGB-Projekts "Youthinkgreen" hatten das schlechte Klimazeugnis ausgestellt. Bereits im Sommer. "Die Idee ist in Hamburg entstanden", erinnert sich Birte. "Bei unserem Besuch bei Greenpeace", ergänzt Mitstreiterin Frida. Am letzten Schultag vor den Sommerferien waren die Projektmitglieder vors Rathaus gezogen, hatten ihr miserables Klimazeugnis übergeben. Der OB hat es angenommen und reagiert. Seinen Besuch angekündigt, um mit den Jugendlichen über Klimazeugnis und -problematik zu diskutieren.
Dr. Martina Brick, Lehrerin am Mädchengymnasium und Leiterin der 2011 gegründeten "Youthinkgreen"-Gruppe, hatte dazu nicht nur die Projektmitglieder, sondern auch Schülerinnen der unteren Jahrgänge eingeladen. Die lauschten interessiert dem regen Meinungsaustausch.

Dem Namen Grüne Hauptstadt wird Essen nicht gerecht

"Essen war Grüne Hauptstadt, doch diesem Namen wird die Stadt nicht gerecht", startet Hannah ins Gespräch. Kritikpunkt der Mädchen: Das fehlende Ausrufen des Klimanotstandes. "Das wäre eine wichtige symbolische Handlung gewesen, für viele Bürger." Symbole ersetzen kein Handeln, konterte der Verwaltungschef. Und wollte in Sachen Klimaschutz alle mit ins Boot nehmen. "Das ist keine Sache des Oberbürgermeisters oder der Rathausmitarbeiter. Dass zu viele Wege in unserer Stadt mit dem Auto zurückgelegt werden, dafür sind wir alle, auch eure Eltern, die eurer Freunde, die Nachbarn und Verwandten mit verantwortlich." Die aktuelle Quote von 50 Prozent solle bis 2030 halbiert werden - so das große Ziel der Stadt.

4 x 25: Projektidee will Autonutzung bis 2030 um die Hälfte reduzieren

4 x 25 heißt das Projekt: Je ein Viertel Radfahrer, Fußgänger, ein Viertel Auto- und ÖPNV-Nutzer. Doch bis dahin ist es ein langer Weg.
Das sehen die Schülerinnen ähnlich. Sie fordern mehr und bessere Radwege: "Nicht nur in der Innenstadt", so Frida. "Denn auch in den Außenbezirken ist es wichtig, dass Kinder die Möglichkeit bekommen, sicher mit dem Rad zur Schule fahren zu können", ergänzt Birte. Ein Anliegen, mit dem die Mädchen beim OB auf offene Ohren stoßen. "Wir haben als Stadt einmal die Rostige Speichen bekommen und die Kritik ernst genommen." Einiges sei auf den Weg gebracht: Umweltspur und Protected Bike Line. "Und auch das, was in Frohnhausen in Sachen Fahrradstraße passiert, ist ein positives Signal. Nur wir stoßen als Politik und Verwaltung immer auch auf Zielkonflikte", erklärt der Verwaltungschef den Gymnasiastinnen.

"Wir müssen die Interessen beider Seiten sehen."

Das, was die Radachse an Positivem für den Radverkehr bringe, stelle den Einzelhandel - beispielsweise durch Wegfall von Parkraum im Stadtteil - vor Probleme. "Da müssen wir die Interessen beider Seiten sehen."
Bis zum Schuljahresende wolle er sein Klimazeugnis verbessern, versprach Kufen. "Damit die Versetzung gelingt." Mit Verboten allein, sei das Ziel aber nicht zu erreichen, machte der OB den Schülerinnen klar. "Beispielsweise bei der Diskussion um die Coffee-to-go-Becher." Kufen versprach, sich zu erkundigen, "ob wir als Kommune da eine Handhabe haben. Aber auch ihr seid gefordert. Sprecht die Menschen an, warum sie nicht auf Mehrweg setzen."
Das gelte für die Pappbecher ebenso wie für andere Umverpackungen. "Auf einiges werden wir nicht verzichten können. Aber eure Schule ist stark in Sachen Schülerfirmen. Bringt doch mal ein Unternehmen zu diesem Thema an den Start."

Gute Idee: Zinsloses Darlehen für künftige E-Bike-Besitzer

Es werden viele kleine Schritte nötig sein für mehr Klimaschutz. Aber es gibt auch Ideen, die Lust auf mehr machen: So wie das Angebot der Verwaltung an die Rathausmitarbeiter, den E-Bike-Kauf durch ein zinsloses Darlehen zu finanzieren. 100 Anträge sind bereits durch.

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

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