Ferdinand von Schirachs "Terror" im Essener Theater im Rathaus - Interview mit Johannes Brandrup

Johannes Brandrup (rechts) agiert im Gerichtssaal. Hier werden große Themen diskutiert. | Foto: Bernd Boehner
  • Johannes Brandrup (rechts) agiert im Gerichtssaal. Hier werden große Themen diskutiert.
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Ein Kampfjetpilot der Bundeswehr erhält den Befehl, einen von Terroristen gekaperten Airbus vom Kurs auf die Münchner Allianz-Arena abzudrängen, in der 70.000 Zuschauer dem Länderspiel Deutschland gegen England entgegenfiebern. In Ferdinand von Schirachs Theaterstück "Terror" bleiben diese Manöver jedoch ohne Erfolg und so entschließt sich Major Koch eigenmächtig, das Passagierflugzeug abzuschießen, um die Fußballfans zu retten. Es kommt zur Gerichtsverhandlung und das Theater-Publikum darf entscheiden: Ist Lars Koch schuldig oder nicht-schuldig ...

Je nach Entscheidung des Publikums nimmt das Stück dann nach der Pause einen anderen Verlauf. Ungewöhnlich ernster Stoff für das Theater im Rathaus. Große Themen wie Menschenrechte und Menschenwürde stehen zur Diskussion.
Der STADTSPIEGEL ESSEN sprach mit Schauspieler Johannes Brandrup, der in der Rolle des Richters zu sehen ist, über die Besonderheiten der Inszenierung, die am 22. Februar unter der Regie von Thomas Goritzki Premiere feiert.
"Das Publikum übernimmt in von Schirachs Stück die Funktion von Geschworenen", so Brandrup. "Es kann aktiv mitentscheiden und ist mit großem Engagement bei der Sache. Man kann förmlich spüren, dass es jedes Wort genau verfolgt. Das ist bemerkenswert, denn auf der Bühne passiert kaum etwas, wir sitzen ja quasi nur da und reden ..."
Mehr als 150 Mal hat Brandrup in "Terror" auf der Bühne bereits den Richter gespielt, schleicht sich da Routine ein? "Die Texte sind nach so vielen Vorstellungen natürlich klar, das erlaubt mir als Schauspieler aber, mich voll auf die gedanklichen Vorgänge zu konzentrieren. Das Spiel wird immer besser, je weniger man darüber nachdenkt."

Moralisches Dilemma

Wie entscheidet das Publikum letztendlich in der Pause? "Hier ist die Tendenz ziemlich eindeutig", erklärt Johannes Brandrup, der vor circa 20 Jahren in Essen an der Folkwang Hochschule Regie und Schauspiel studiert hat, "das Urteil lautet fast immer 'unschuldig'."
Im Internet gibt es hierzu sogar eine Statistik, die weltweit die Reaktionen auf das Stück dokumentiert. Für Deutschland ist mit 53 Theatern und 1256 Vorstellungen 1143 Mal 'Freispruch' verzeichnet.
"Das Stück spiegelt ein moralisches Dilemma", betont Brandrup. Was ist als richtiges und was als falsches Handeln zu bezeichnen? Ist Major Koch schuldig, weil er 164 Menschen im Airbus in den Tod geschickt hat? Oder ist er ein Held, weil er die Menschen im Stadion vor einem schweren Unglück bewahrt hat? Das Publikum muss nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden ...
Es sei ihm sogar schon passiert, dass während einer Vorstellung plötzlich eine Dame aus dem Publikum aufgesprungen sei und darum gebeten habe, aussagen zu dürfen. "Sie war Flugbegleiterin und ich habe sie dann auch zu Wort kommen lassen", erinnert er sich. Das zeugt von der Nähe zwischen Darstellern und Publikum.
Nach der Premiere am 22.02., 19.30 Uhr, sind Folgevorstellungen für Mittwoch, 28.02., 16 und 19.30 Uhr; Sonntag, 04.03., 15 und 18.30 Uhr; Montag, 19.03., 19.30. Uhr; Samstag, 24.02./ 03.03./ 10.03., 16 und 19.30 Uhr geplant. Infos und Karten unter Telefon: 0201 - 24 55 55 5.

Autor:

Petra de Lanck aus Essen-Süd

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