Saftige Nachforderung für Straßenreinigung

Foto: Gohl

Ist es eigentlich eine Ehre, direkt an Essens Welterbestätte zu wohnen? Oder ein Vergnügen? Für manche ist es einfach teuer. Damit es für die Touris schön sauber ist, bezahlen Anwohner nämlich dreimal so viel für Straßenreinigung wie normalerweise der Fall - noch dazu rückwirkend.
Rechnungen kurz vor Weihnachten sind kein schönes Geschenk. Was Anwohnern der Gelsenkirchener Straße ins Haus flatterte, war sogar äußerst unschön: eine saftige Nachforderung über Straßenreinigungsgebühren.
Betroffen ist der Abschnitt zwischen Schonnebeckhöfe und Fritz-Schupp-Allee, also ziemlich genau der Bereich am Schacht XII. Wer dort wohnt, weiß, dass er für die Straßenreinigung zahlen muss. Erst seit kurzem aber weiß er: Es wird nicht mehr einmal, sondern dreimal pro Woche gereinigt, und das seit 2008. Macht als Nachzahlung zwischen 500 und 1.000 Euro.
Vera und Wolfgang Semmelrath gehören zu den Betroffenen. 768,01 Euro sollen sie nachzahlen. Der Protest, den sie beim Stadtkämmerer eingereicht haben, fußt auf mehreren Gründen. „Wir sind Hinteranlieger, haben nicht einmal direkten Einblick in die Straße“, erklärt Wolfgang Semmelrath. Das Reihenhaus sei über einen zwei Meter breiten Weg erreichbar - zu schmal für Reinigungsfahrzeuge. Deshalb verwundert es die Familie auch nicht, dass sie zwei Wochen nach Erhalt des Bescheids noch immer kein Reinigungsfahrzeug gesehen hatte, geschweige denn dreimal pro Woche.
Das ist ein weiterer Punkt, der die Anlieger empört. Die Entscheidung, jenes Teilstück der Gelsenkirchener Straße donnerstags, freitags und samstags zu säubern, fiel 2007 und trat 2008 in Kraft. Die Betroffenen aber erfuhren es erst kurz vor Ende 2011. „Es ist wohl versäumt, worden die Änderung weiterzugeben“, gesteht ein Sprecher der Stadt auf Anfrage ein. „Wir haben also vier Jahre falsche Bescheide erhalten“, kritisiert Wolfgang Semmelrath, dem beim Besuch der Verwaltung immerhin das Amtsblatt mit der Veröffentlichung des Beschlusses präsentiert wurde - „nach längerer Suche.“
Mal abgesehen von der Frage, ob tatsächlich dreimal wöchentlich gereinigt wird, ist dies nach Meinung von Anwohnern auch nicht nötig: „Vor dem Folkwangmuseum wird auch nur einmal gereinigt.“ Dort, so hält der Stadtsprecher entgegen, seien nicht so viele Fußgänger unterwegs. Außerdem habe man die Änderung in Höhe Zollverein seinerzeit auch auf entsprechende Forderung von Bürgern beschlossen.
Zu denen gehören Semmelraths und viele ihrer Nachbarn nicht. Zahlen müssen sie wohl dennoch. Die Stadt betont, die Nachveranlagung müsse aufgrund der Abgabenordnung durchgeführt werden. Da gehe es um Steuergerechtigkeit. Zwar könne der Bürger Klage einreichen, doch erfahrungsgemäßig stünden seine Chancen nicht gut. Und natürlich könnte Ratenzahlung beantragt werden.
Ein schwacher Trost auch für Lydia Pracht, die ein Stück weiter an der Gelsenkirchener Straße wohnt und ebenfalls moniert: „Oft machen wir selber sauber, wenn die von der Stadt wieder mal nicht kommen.“ Sie fragt sich nun, wie man Mietern, die längst ausgezogen sind, die Gebührungennachforderung in Rechnung stellen soll.
Vielleicht sollten sich die Betroffenen mit Anwohnern der Innenstadt beraten, denn dort, so der Sprecher der Stadt, werde sogar siebenmal pro Woche gereinigt - mit entsprechenden Gebühren.
Aber das ist für die Stoppenberger ein noch schwacherer Trost.

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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