Stadtentwicklung
Neues Bürogebäude auf dem Grugaplatz – ganzheitlich betrachtet

Die Zech Group plant ab 2023 zwischen dem Atlantic-Hotel und der Alfredstraße ein neues Bürogebäude zu errichten. Nach Errichtung wird dieses Gebäude das erste sein, das Besucher vom Haupteingang zur Messe Gruga, dem Grugapark und der Grugahalle aus sehen. Damit ist der Bauplatz und das geplante Gebäude nicht nur ein Bauprojekt unter vielen, sondern ein Beispiel dafür, wie Essen sich in Zukunft gegenüber Besuchern aus Essen und der ganzen Welt präsentieren möchte. Als vernetzende, paneuropäische Partei ist Volt Essen diese symbolische Bedeutung des Bauprojektes sehr wichtig und daher freuen wir uns, dass es als zukunftsorientiert und ökologisch nachhaltig präsentiert wird. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, das Projekt aus ökonomischer und ökologischer Sicht zu bewerten und zu begleiten.

Volt Essen möchte das Projekt nicht verhindern, doch vertreten wir eine faktenbasierte und handlungsorientierte Politik, bei der Worten auch Taten folgen müssen. Volt Essen will die gemachten Pläne hinterfragen und ganzheitlich betrachten, sowie Hilfestellung und Unterstützung für die Bürger*innen in der direkten Nachbarschaft und dem Stadtteil Rüttenscheid anbieten.

Nachhaltige Energieeffizienz zur Bedingung der Baugenehmigung machen

In den Pressemitteilungen, u.a. WAZ vom 07.07.2022 und der Stadt Essen vom 05.07.2022, kündigt der Bauträger ein energieoptimiertes Gebäude an. Mit begrünten Fassaden, einem eigenen Biogas-Blockheizkraftwerk und einer Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Diese zukunftsweisenden Maßnahmen dürfen keine Absichtserklärungen bleiben, aber auch keine Förderungen fressenden Alibiprojekte werden.
Eine Fassadenbegrünung bei einem Gebäude dieser Größe darf nicht zur reinen Dekoration verkommen, sondern muss funktional in das Gebäude eingeplant sein. Ihre Pflege und ihr Erhalt müssen langfristig gesichert und in den Instandhaltungskosten einkalkuliert werden. Ebenso muss die Biogasanlage die Hauptversorgung des Gebäudes darstellen und kein ungenutztes Zusatzsystem sein und die Photovoltaikanlage so dimensioniert sein, dass sie einen realen Stromverbrauch bei Vollbesetzung tragen kann.
Da das Bebauungsplanverfahren und die Genehmigungsverfahren noch ausstehen, fordern wir die Stadt Essen auf, die Umsetzung der Maßnahmen dadurch sicherzustellen, dass die o.g. Ankündigungen der Zech Group in die Verfahren aufgenommen und diese transparent noch vor der abschließenden Bürgerbeteiligung veröffentlicht werden. Diese Transparenz ist ein dringend benötigtes Zeichen der Stadt Essen, dass sie das Wohl ihrer Stadt und ihrer Einwohner*innen ernst nimmt, da bei diesem Bauprojekt bereits im Vorfeld viele kritische Stimmen aufgekommen sind, die WAZ in ihrem Kommentar vom 07.07.2022 die Hinterzimmermentalität bei diesem Projekt kritisierte und allen Beteiligten klar sein sollte, dass es kaum noch Einflussmöglichkeiten gibt, wenn das Bauvorhaben vorgestellt wurde.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf das Strategiepapier der Stadt Essen „Stadt begegnet Klimawandel“ aus dem Jahr 2014 (Herausgeber und Redaktion Stadt Essen/Umweltamt), in dem die verstärkten Folgen des Klimawandels auf Ballungszentren wie das Ruhrgebiet und die Stadt Essen festgehalten werden und hier speziell auf dem Abschnitt “6.2 Räumliche Planung, Architektur und Bauwesen” auf Seite 74ff in dem explizit darauf hingewiesen wird, dass die “die Raum-, Stadtentwicklungs- und Stadt- sowie Landschaftsplanung” bedeutend für den erhalt der Gesundheit des Menschen sind, da hier “Steuerungsmöglichkeiten, z.B. durch planungsrechtliche Instrumente der Regional-, Landschafts- und Bauleitplanung, gegeben sind.”

Raumnutzung konkret begründen und nachhaltig organisieren

Volt betrachtet das Bauprojekt ganzheitlich und versteht städtischen Raum als Gemeingut, dessen Wert für die Stadt und die Bürger*innen nicht nur durch wirtschaftlichen Ertrag beziffert werden kann. Relevant sind hier Aspekte wie Frischluftschneisen, Ausbaufläche für Mobilitätsinfrastruktur und Veränderung von Verkehrsströmen, Reflektionsflächen und Hitzefelder durch erhöhte Bebauung, aber auch Veränderung der allgemeinen und konkreten sozialen Strukturen. Bei einem modernen und ökologischen Bauprojekt, das uns hier durch die Pressemitteilungen vorgestellt wird, müssen daher auch diese Aspekte bedacht, sachlich begründet und langfristig organisiert sein.

Als erstes stellt sich die Frage, ob in einer modernen, digitalisierten Arbeitswelt noch immer Platz für 450 Mitarbeiter ständig vorgehalten werden muss. Nicht erst seit dem Corona-Lockdown halten Video-Konferenzen, Desk Sharing und Open Space Bürokonzepte Einzug in die Arbeitswelt. Ein “smartes Gebäude” ersetzt keine smarte Unternehmensstruktur und wenn man von “zukunftsorientiert” spricht, muss man auch soziale und organisatorische Entwicklungen berücksichtigen. Mit diesem Hintergrund sollte dringend geprüft werden, ob die Zech Group nicht mit geringerem Platzbedarf auskommt, wodurch sich ein deutlich geringerer Gebäudekörper ergeben würde, dessen Energie- und Ressourcenverbrauch ebenfalls sinken würden.
Angesichts der Klimakrise brauchen wir eine bedarfsorientierte Stadtplanung, die die langfristige Lebensqualität in der Stadt im Fokus hat und nicht schnelle Gewinne oder gar einen Maximal-Eventualbedarf. Daher erwartet Volt von der Zech Group wie auch von der Stadt Essen eine entsprechende Auslastungsprognose und Bedarfsstudie.
Hier ist ebenfalls zu überlegen, inwiefern die Stadt Essen unabhängig privatwirtschaftlicher Interessen ein weiteres Bürogebäude braucht. Laut dem NRZ Artikel vom 23.07.22 „Büromieter halten sich zurück“ gibt es in Essen bereits zwei Bauprojekte ohne Ankermieter und etwa 7% Leerstand bei Bürogebäuden. Wir verweisen hier erneut auf das Strategiepapier der Stadt Essen „Stadt begegnet Klimawandel“ aus dem Jahr 2014 und die dringend benötigte Entsiegelung im städtischen Raum. Spricht man von Nachhaltigkeit, so ist die effektive Nutzung bereits vorhandener Ressourcen die wichtigste Maßnahme, die man ergreifen kann.

Mit einer Dezentralisierung könnte man auch dem zweiten sehr zentralen Problem des Projekts begegnen: der Frage nach der Erreichbarkeit und Mobilität.
Die Zech Group plant hier, 450 Arbeitsplätze zu schaffen und damit 450 Personen zusätzlich täglich an den verkehrstechnisch belasteten Standort Messe Gruga zu schaffen. Das Gebäude selbst soll nur 60 PKW-Stellplätze enthalten, also gerade einmal 13% der Belegschaft dürften mit dem privaten PKW kommen. Der Rest wäre auf die regelmäßig durch Messeveranstaltungen aus- bis überlastete U-Bahn-Strecke angewiesen und die Grugatrasse, die nach den aktuellen Plänen jedoch durch das Gebäude selbst von einem Ausbau auf Regelbreite für einen Zwei-Richtungsradweg beschränkt wird.
Volt erwartet von der Stadt Essen, dass die Allgemeininteressen der Anwohner hier geschützt werden. Es ist daher an den politischen Entscheidern sicher zu stellen, dass hier keine Pflichten und Kosten externalisiert und von privat zu gemeinschaftlich verschoben werden, indem man zum Beispiel stillschweigend davon ausgeht, dass die verbleibenden 87% der Angestellten schon irgendwo in der Umgebung einen Parkplatz für ihr Auto finden werden. Spricht man von nachhaltigen Bauprojekten, so müssen diese auch raumplanerisch und organisatorisch ökologisch sein.
Wichtig sind hier tragfähige und steuernde Maßnahmen. Beginnend damit, dass die Fahrradroute auf der Grugatrasse aktiv in die Gebäudeplanung aufgenommen wird, die Gebäudegrenzen den benötigten Ausbau berücksichtigen, es eine entsprechend dimensionierte Fahrradgarage gibt und diese auch Reparaturmöglichkeiten, Luftpumpenstationen und Ladestationen für E-Bikes enthält. Ein häufiges Ausschlusskriterium für die Nutzung des Fahrrads für den Arbeitsweg ist die Körperhygiene, dies kann man mit Wasch- und Umkleideräumen für die Angestellten kompensieren.
Ebenso erwartet Volt bei einem nachhaltigen und smarten Bürokonzept organisatorische Maßnahmen wie ein kostenloses Jobticket und Dienstfahrräder.
Seitens der Stadt kann der Standort durch eine verstärkte Taktung des ÖPNVs und Einrichtung zusätzlicher Linien unterstützt werden.

Auch außerhalb der Mobilität sind hier Synergien in ökologischer wie sozialer Weise möglich. So kann im Rahmen der Baumaßnahmen auch der angrenzende Schotterplatz zu einer multifunktionalen Naherholungsanlage umgestaltet werden. Durch eine Entsiegelung und Begrünung kann hier Kompensation für die steigende Bebauung geleistet werden, durch die räumliche Nähe stellt die Anlage eine praktische Naherholungsfläche für die Angestellten dar.

Wie die Zech Group und die Stadt Essen sieht auch Volt in dem Projekt eine große Chance zu beweisen, dass Essen bereits in einer konsequenten und nachhaltigen Zukunft angekommen ist und sich nicht hinter Ausreden und Marketingsprache versteckt. Die zahlreichen Einwände, die gegen dieses Projekt vorgebracht wurden, müssen ernst genommen werden, vor allem da Rüttenscheid aktuell in vielen Bereichen ein Brennpunkt ist. Von der unhaltbaren Verkehrssituation auf der Rüttenscheider Straße, über die schlechten Luftwerte auf der Alfredstraße bis hin zu fehlenden Freiflächen und Spielbereichen.

Volt steht für eine Politik für Menschen und nicht gegen sie, daher erwarten wir von der Zech Group und der Stadt Essen tragfähige Lösungen und werden diese auch zukünftig beobachten und kommentieren.

Autor:

Volt Essen aus Essen

Steeler Str. 424, 45138 Essen
+49 179 7611913
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