Ex-Freundin verprügelt? Angeklagter muss in U-Haft

Da hatte das Schöffengericht einen schweren Brocken zu schlucken – und konnte die Verhandlung nicht zu Ende bringen. Der Angeklagte kam sicherheitshalber erstmal in Untersuchungshaft. Die Verteidigung legte dagegen Widerspruch ein.

Angeklagt sind Vater und Sohn. Der Vater braucht ebenso wie die Nebenklägerin eine Dolmetscherin für Serbisch.
Laut Anklageschrift soll es im Februar 2013 zunächst zu einer verbalen Beleidigung durch den Vater gegen die Nebenklägerin gekommen sein. Dann eskalierte die Situation und die flüchtende Frau wurde auf der Straße von ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Sohn des älteren Angeklagten, zusammengeschlagen. Sie kam für eine Woche ins Krankenhaus mit zahlreichen Verletzungen und Prellungen.

Die junge Frau, Mutter seiner zwei kleinen Kinder, war es auch, die gegen ihn Anzeige wegen Körperverletzung erstattete. Vor Gericht schildert sie ihr Familienleben, auch den Tattag, schwächt aber die Aussagen gegenüber ihren Aussagen bei der Polizei deutlich ab.

„Ich lebte mit meinem Freund und dessen Vater zusammen. Wir haben zwei kleine Kinder. Einen Tag vor der Tat haben wir den Geburtstag meines Freundes gefeiert. Alles war gut. Dann habe ich auf seinem Handy eine SMS gelesen von einer anderen Frau. Ich habe diese Frau dann angerufen und mich mit ihr verabredet. Wir haben uns in Hattingen getroffen und sind zu uns in die Wohnung gegangen. Mein Schwiegervater hat uns aufgefordert zu gehen, weil er seinen Blutzucker messen musste. Ich habe ihm gesagt, diese Frau sei die Geliebte seines Sohnes. Er hat mir gesagt, dass stimme nicht. Wir haben dann auch die Wohnung verlassen und mein Freund, der bis dahin geschlafen hatte, ist uns nachgekommen. Auf der Straße gab es dann einen Streit und er hat mir einen Faustschlag ins Gesicht gegeben. Ich bin hingefallen und diese andere Frau hat Polizei und Krankenwagen gerufen. Ich kam ins Krankenhaus und diese Frau hat mich jeden Tag besucht. Wir haben die Tat besprochen und sie hat mich unter Druck gesetzt, welche Aussage ich bei der Polizei machen sollte. Ich konnte nicht gut Deutsch und habe alles so gesagt, wie sie das wollte. Sie wollte mich mit meinem Freund auseinanderbringen und hat gesagt, ich darf nie mehr zu ihm zurück. Jetzt lebe ich in Göttingen. Dort lebt auch eine Tante. Mein Freund hat dort mehrfach angerufen und sie hat mit ihm gesprochen, aber mir nicht das Telefon gegeben. Sie hat gesagt, ich darf nicht zu ihm zurück. Sie ist eifersüchtig auf mein Glück mit ihm.“
Nach Hinweis der Staatsanwaltschaft wird die junge Frau, die zugleich als Nebenklägerin auftritt, belehrt, dass sie wahrheitsgemäß antworten muss. Sie habe, wenn diese Aussage in der Hauptverhandlung zutrifft, auf der Polizei eine Falschaussage gemacht. Sie habe den Vater und auch den damaligen Lebensgefährten mit Taten beschuldigt, die dann ja niemals geschehen wären. Außerdem bezichtige sie die bei der Tat anwesende damalige Geliebte des Lebensgefährten der Bedrohung ihr gegenüber. Trotzdem bleibt die Zeugin bei ihrer Aussage.

Die damalige Geliebte des Angeklagten beschreibt die Situation völlig anders: „Ich arbeite im Ordnungsamt einer Stadtverwaltung im Außendienst und kümmere mich um unter anderem um Schrotthändler. In diesem Beruf haben beide Angeklagten gearbeitet und dadurch habe ich sie auch kennengelernt. Mit dem jüngeren Angeklagten hatte ich eine Affäre. Ich wusste, er hatte ein Kind. Von einem zweiten Kind war mir nichts bekannt, auch nicht davon, dass er mit der Mutter der Kinder zusammenlebte. Er sprach immer von seiner Ex-Freundin.
Ich habe ihm dann zum Geburtstag eine SMS geschickt und als das Telefon klingelte, dachte ich, er wäre am Apparat. Stattdessen war es seine Freundin, die mich um ein Treffen bat. Ich habe eingewilligt. Ich fuhr mit dem Auto nach Hattingen und wir haben uns erst in der Stadt getroffen, dann sind wir in die Wohnung. Sie hatte mir gesagt, es wäre niemand zuhause. Das stimmte aber nicht. Der Vater ihres Freundes war sehr aggressiv, verstanden habe ich ihn nicht. Er sprach serbisch und sie hat mir die Worte übersetzt. Es waren Beleidigungen der übelsten Sorte. Ich habe dann gesagt, wir sollten besser gehen und wir sind zusammen aus der Wohnung. Dann kam ihr Freund plötzlich hinter uns her. Wir wollten mit meinem Auto wegfahren, standen aber dann in einer Sackgasse. Sie ist dann weggelaufen, ich hinterher. Er hat uns überholt und sie gepackt. Ich habe gesehen, wie er sie geschlagen hat, auch als sie schon am Boden lag. Ich habe auch gesehen, wie er sie trat. Dann rannte er weg. Es war viel Blut da. Ich habe Polizei und Rettungswagen geholt.
Ich habe sie auch jeden Tag im Krankenhaus besucht, sie tat mir leid. Ich habe ihr geholfen, die Ereignisse schriftlich zu formulieren. Sie sprach nicht ganz so gut Deutsch, mündlich habe ich sie aber immer verstanden.
Ihren Freund, mit dem ich ja eine Affäre hatte, habe ich danach nie wiedergesehen. Er hat mich noch bei meinem Arbeitsgeber schlecht gemacht, das ist aber geklärt. Er hat mich angerufen und mich bedroht, ich solle dafür sorgen, dass sie die Anzeige zurückzieht. Sonst würde ich schon sehen, was ich davon habe. Ich habe mich um sie gekümmert, sie auch einmal in Göttingen besucht und wir haben uns regelmäßig geschrieben. Nie hat sie mir gesagt, dass sie sich von mir unter Druck gesetzt fühle.“
Auch im Frauenhaus soll die junge Nebenklägerin kurzzeitig untergebracht worden sein.
Viele Widersprüche werden in der Aussage der Nebenklägerin, der Ex-Freundin des Angeklagten, deutlich.
Sie hat zweimal bei der Polizei auf Gewalt in der Beziehung verwiesen. Sie spricht plötzlich nicht mehr von Gewaltattacken, am Tattag selbst soll ihr Freund barfuß auf der Straße gewesen sein und sie nicht getreten haben.
Im Gerichtssaal sitzen viele Familienmitglieder des Angeklagten. Für Staatsanwalt und Richter scheint die Angst der jungen Nebenklägerin im Zeugenstand fast greifbar. Zu Ende bringen können sie die Verhandlung nicht: zwei Polizeibeamte, ein Arzt und eine Tante sollen weitere Aussagen machen. Auch über die Lichtverhältnisse, die zum Tatzeitpunkt herrschten, soll ein Wettergutachten erstellt werden – laut Antrag der Verteidigung.
Das kann allerdings nicht verhindern, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft angenommen wird und der junge Angeklagte sofort in Untersuchungshaft kommt.
Ihm wird Einwirkung und Bedrohung auf die Zeugen unterstellt. Weiter geht es mit der Verhandlung am Donnerstag, 24. April, 10 Uhr.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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