Gerichtsverhandlung AG Mülheim
Ehemann hält Frau Messer an den Hals – Anwalt wirbt für Verständnis

Massive Drohungen gegen Ehefrau
Eine Geldstrafe von 3.600 Euro handelte sich am 12. April 2024 vor dem Mülheimer Amtsgericht ein 40-jähriger Ehemann ein, der seine damals 36 Jahre alte Frau 2022 zweimal massiv bedroht und ihr den Tod in Aussicht gestellt hatte. Zwischen dem türkischen Paar war es zur Trennung gekommen, nachdem der Mann seine Ehefrau zehn Jahre mit einer anderen Frau betrogen hatte.

Die Anklägerin, Staatsanwältin Anna Müller, warf dem Angeklagten vor, dass er seiner getrennt lebenden Frau im Januar 2022 in deren Wohnung bei einer Auseinandersetzung mit den Worten „Entweder bring ich dich um oder ein anderer tut es“ ein Messer an den Hals gehalten haben soll. Im November des Jahres, er war inzwischen gegen ihren Willen wieder bei ihr eingezogen, soll es zu einem Streit gekommen sein, bei dem er ihr gewaltsam Mund und Nase zuhielt. Auch drohte er, dass er dafür sorgen werde, dass ihr Vater einen Herzinfarkt bekommen werde.

Der 40-Jährige bestritt in seiner Einlassung den Tatvorwurf. Er habe noch niemals mit seiner Frau gestritten und habe auch nie Gewalt geübt. Chat-Verläufe, die dem Gericht als Beweismittel in der Akte vorlagen, sprachen eine andere Sprache. Hieraus ergab sich durchaus der Verdacht, dass er Gewalt angedroht hatte. An die Korrespondenz im Chat wollte der Angeklagte sich, auch nachdem er die Chatverläufe am Richtertisch in Augenschein nehmen konnte, nicht erinnern.

Die Geschädigte, die im Gerichtssaal als Zeugin aussagte, bestätigte die Aussagen, die sie nach den Vorfällen gegenüber der Polizei gemacht hatte. Sie ergänzte, dass ihr Noch-Mann vor der Messerattacke auch die Vitrinen in der Wohnung zerschlagen hatte. Originalwortlaut: „Die Angst ist immer noch da.“ Zur Sprache kam auch, dass sie nach der Trennung von ihrem Mann kurzzeitig eine Beziehung mit einem anderen Mann eingegangen war. Ihr ebenfalls als Zeuge geladener Vater bestätigte die Angaben zum Tatgeschehen. Er war an einem der Tattage während des laufenden Geschehens vom Angeklagten angerufen worden und hatte dadurch einen Teil der Auseinandersetzung, unter anderem auch die Todesdrohungen, mitbekommen.

Koran Vorrang vor dem Strafgesetzbuch?
Bemerkenswert war das Plädoyer, das der Verteidiger des angeklagten Schweißers abgab. Der Anwalt, Dr. Marc Niehuus, erklärte, dass er häufiger türkische Mandanten vertrete und daher mit den Gegebenheiten des Korans vertraut sei. Die Geschädigte müsse sich im Klaren darüber sein, dass ihr Fremdgehen nach den religiösen Regeln des Korans ein schweres Verbrechen darstelle. „Kann man dann nicht verstehen, dass der Mann sich aufregt?“. Auch müsse man für möglich halten, dass sein Mandant seine Frau gar nicht bedroht, sondern nur aus dem Koran zitiert habe. Mit keinem Wort ging Dr. Niehuus auf die Tatsache ein, dass sich die Frau erst nach der Trennung einen anderen Partner gesucht hatte, während der Angeklagte seine Ehefrau schon während der Ehe zehn Jahre lang betrogen hatte. Die Einlassung des Anwalts hatte nicht gerade die Gleichstellung der Geschlechter als zentralen Aspekt und auch für Menschen, die sich gegen Gewalt in der Ehe engagieren, wäre dieser Vortrag ein Schlag ins Gesicht gewesen.

"Unbescholtener Mann" mit elf Vorstrafen
Die Bagatellisierungsversuche der Verteidigung fielen letztlich weder bei der Staatsanwältin noch bei Richterin Jana Krumstel auf fruchtbaren Boden. Auch der Hinweis, dass es sich bei seinem Mandanten um einen unbescholtenen Mann handele, zog bei der Richterin nicht, die dem Anwalt alle elf vorherigen Verurteilungen des Angeklagten, u. a. wegen Betrugs, Insolvenzverschleppung, Trunkenheit im Verkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis und etlicher anderer Straftaten vorlas. Staatsanwältin Müller beantragte in ihrem Abschlussvortrag eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 30 Euro. Dem folgte das Gericht uneingeschränkt. Die Richterin schloss ihre Urteilsbegründung mit den Worten: „Das Verhalten des Angeklagten kann nicht auf Religion zurückgeführt werden. In Deutschland ist das, was er getan hat, ein Straftatbestand.“

Autor:

Dr. Frank Kawelovski aus Mülheim an der Ruhr

Webseite von Dr. Frank Kawelovski
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