ÖPNV-Hammer des VRR
S1 zwischen Essen und Duisburg nur noch alle 30 Minuten

Noch 2015 war der 15-Minuten-Takt für die S1 im Abschnitt zwischen den Hauptbahnhöfen Duisburg und Dortmund geplant. Nun wurden Duisburg Hauptbahnhof, Mülheim und die beiden Essener Haltepunkte Frohnhausen und West "abgehängt". Foto: Archiv
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  • Noch 2015 war der 15-Minuten-Takt für die S1 im Abschnitt zwischen den Hauptbahnhöfen Duisburg und Dortmund geplant. Nun wurden Duisburg Hauptbahnhof, Mülheim und die beiden Essener Haltepunkte Frohnhausen und West "abgehängt". Foto: Archiv
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Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels schreiben wir den 1. April. An dieser Stelle muss daher ausdrücklich unterstrichen werden: Es handelt sich hier um keinen Scherz aus dem Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs. Der Takt der S-Bahnlinie 1 wird ab Dezember dieses Jahres zwischen den Städten Essen und Duisburg ausgedünnt. Hier fährt die S1 dann nur noch alle 30 Minuten. 

Darum geht es: Im Abschnitt zwischen Essen über Bochum nach Dortmund soll es bei der S1 zu einer Taktverdichtung von 20 auf 15 Minuten kommen. Zwischen Duisburg über Düsseldorf nach Solingen ist unverändert ein 20-Minuten-Takt geplant. Zwischendrin: der Abschnitt zwischen Essen und Duisburg. Hier wird die Taktung auf 30 Minuten ausgedehnt. Von den drei aus Düsseldorf anrollenden Zügen der Linie S1 pro Stunde fährt ab Dezember nur noch eine nahtlos weiter nach Essen. Eine weitere endet in Duisburg und die dritte muss wegen des Taktsprungs zehn Minuten in Duisburg Hauptbahnhof auf die Weiterfahrt warten. Das Gleiche gilt in umgekehrter Richtung.

Neuordnung soll
beschleunigend wirken

Die Abkehr vom bestehenden 20-Minuten-Takt rund um Mülheim begründet der VRR so: Die Neuordnung soll die Pendlerströme auf zentralen Verkehrsachsen des Reviers spürbar beschleunigen. Weil die zentralen S-Bahnen dann in kürzeren lntervallen fahren, brauche man auf zentralen Strecken nicht mehr umständlich Fahrpläne zu studieren, sondern steigt einfach in den nächsten Zug. Durch die Umstellung können laut VRR bis zu 4,8 Millionen zusätzliche Fahrten erzielt werden. Dies entspräche einem Plus von bis zu 4,6 Prozent. Die Änderungen sollen insbesondere auf der Linie S1 zwischen Essen und Dortmund für eine spürbare Verbesserung sorgen. Der VRR räumt ein, dass es "im neuen Taktszenario zu Trassenkonflikten und unliebsamen Taktsprüngen komme, unter anderem in Duisburg."

Überfüllte Züge
werden befürchtet

Volker Müller, der täglich beruflich zwischen Mülheim-Styrum und Düsseldorf-Derendorf pendelt, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Er prophezeit dem Verkehrsverbund dies: "Man darf erwarten, dass die große Mehrheit der Pendler auf der S1-Stammstrecke den durchgehenden Zug auswählen wird. Mithin wird dieser Zug zumindest in Stoßzeiten sehr voll bis überfüllt sein."

Dem hält der VRR entgegen: "Zwischen Essen und Duisburg verkehren neben der S1 noch weitere Linien, die Fahrgäste nutzen können. Zur Kompensierung des wegfallenden S-Bahn-Taktes wird auch die Linie RB 33 von Duisburg bis Essen Hauptbahnhof verlängert. ln Mülheim-Styrum haltenmit den Linien RB 33 und RE 49 gleich zwei neue zusätzliche Linien. Dadurch ergeben sich neue Direktverbindungen in Richtung Wesel, Wuppertal und Mönchengladbach."

Volker Müller sieht Mülheim buchstäblich abgehängt: "Die geplante Ausdünnung des S1-Bahn-Taktes führt zu einer Ungleichbehandlung der Menschen in der Metropolregion Rhein-Ruhr. Nicht jeder Mensch wohnt fußläufig entfernt an einem Hauptbahnhof. Folglich sollte das Betriebskonzept sämtliche Haltepunkte auf der S1-Bahn-Stammstrecke bei einer beabsichtigten Beschleunigung des Schienenpersonennahverkehrs gleichrangig mit einbeziehen. Ein 20-Minuten-Takt dürfte dabei das Mindestmaß für die Planung sein."

Sieht der VRR anders. Er führt aus: "Eine Ungleichbehandlung der Städte entlang der Stammstrecke bleibt aus, da zwischen Dortmundund Essen der Takt erhöht wird und zwischen Essen und Duisburg zusätzliche neue (Direkt-)Verbindungen geschaffen werden."

Das Leiden der
Berufspendler

Müller fügt einen weiteren Punkt an: "Während meiner werktäglichen Fahrten von Mülheim-Styrum nach Düsseldorf-Derendorf beobachte ich am Knotenpunkt Duisburg Hauptbahnhof, dass etwa die Hälfte der Berufspendler im Zug sitzen bleibt.In Kurzzügen der Linie S1 beobachtete ich wiederholt, dass vor Ankunft im Duisburger Hauptbahnhof wie auch nach Abfahrt vom Duisburger Hauptbahnhof viele Berufspendler ohne Sitzplatz im Stehen befördert wurden. Mithin betrifft die Ausdünnung des Taktes der Linie S1 auf das Niveau eines Wochenend- und Feiertages sehr viele Berufspendler, die eine zeitgemäße Beförderung beanspruchen."

"Die Kapazität ist
ausreichend"

Auch hier widerspricht der VRR. "Die S-Bahn-Linie 1 ist - wie auch alle anderen S-Bahn-Linien - nicht dazu konzipiert auf demgesamten Streckenverlauf genutzt zu werden. Die meisten Fahrgäste nutzen die S-Bahnen zum 
nächstgelegenen Hauptbahnhof und steigen dort in eine Regionalexpress- oder Regionalbahn-Linie um. Zwei Drittel der Fahrgäste steigen in Duisburg aus und die wenigsten nutzen die S 1 alsdurchgehende Verbindung zwischen Düsseldorf und Dortmund. Auf den verschiedenen Streckenabschnitten
ist das Kapazitätsangebot mit den Fahrzeugen der Baureihe 422 zur jeweiligen
Tageszeit schon heute ausreichend dimensioniert", heißt es in dem Schreiben an Volker Müller.

Noch 2015 war der 15-Minuten-Takt für die S1 im Abschnitt zwischen den Hauptbahnhöfen Duisburg und Dortmund geplant. Nun wurden Duisburg Hauptbahnhof, Mülheim und die beiden Essener Haltepunkte Frohnhausen und West "abgehängt". Foto: Archiv
Der Mülheimer Volker Müller pendelt täglich von Mülheim-Styrum nach Düsseldorf-Derendorf mit der S1. Foto: privat
Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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