Kiepenheuer und Witsch Verlag

Beiträge zum Thema Kiepenheuer und Witsch Verlag

Kultur

Juni an der Westküste

Michael Kumpfmüllers Roman „Tage mit Ora“ "Ich war Anfang fünfzig, als sie in mein Leben lief, und man sah mir an allen Ecken und Enden an, dass ich Anfang fünfzig war“, resümiert der Ich-Erzähler in Michael Kumpfmüllers neuem Roman. Der 57-jährige Erfolgsautor, der erst mit fast vierzig Jahren seinen von der FAZ damals vorab gedruckten Romanerstling „Hampels Fluchten“ vorgelegt hatte und uns in „Die Heimlichkeit des Lebens“ (2011) an seiner Kafka-Annäherung teilhaben ließ, stellte zuletzt 2016...

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  • 28.08.18
Kultur

Das ungelüftete Geheimnis

Maxim Billers Roman „Sechs Koffer“ Maxim Biller pflegt seit fast drei Jahrzehnten sein Image als „enfant terrible“ des deutschsprachigen Literaturbetriebs und inszeniert sich selbst gern als nonkonformistischer Schwimmer gegen den Strom des Zeitgeistes. Zunächst mit seiner Kolumne „100 Zeilen Hass“, später mit seinem Roman „Esra“ (2003), der wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten die Justiz beschäftigte und dann in jüngerer Vergangenheit auch als wütender Dauerpolemiker in der zweiten...

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  • 08.08.18
Kultur

Meister des psychologischen Realismus

Zum Tod des Schriftstellers Dieter Wellershoff „Ohne Lebenserfahrung könnte man gewiss nicht so schreiben, wie ich das tue. Das heißt aber nicht, dass ich in meinen Texten ständig eigene Lebensprobleme ausagiere. Wenn der Autor wissen will, was an den Menschen dran ist, muss er sie in Schwierigkeiten bringen“, beschrieb Dieter Wellershoff einst sein dichterisches Credo. Und so lässt sich ohne waghalsige Interpretationsartistik eine verbindende Motivklammer vom Frühwerk „Ein schöner Tag“ (1966)...

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  • 15.06.18
Kultur

Die Leere spüren

  Peter Härtlings posthum erschienener Roman „Der Gedankenspieler“ "Er schloss die Augen, hörte in sich hinein und spürte die Leere wieder, die Gleichgültigkeit. So könnte ich anfangen zu sterben, sagte er und fügte hinzu: Ich bin müde." Diese durchaus autobiografisch anmutenden Sätze hat Peter Härtling Johannes Wenger in den Mund gelegt - Hauptfigur in seinem letzten Roman „Der Gedankenspieler“, den Härtling kurz vor seinem Tod im Juli 2017 abgeschlossen hat. Der alleinstehende Wenger hat...

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  • 29.03.18
Kultur

Besuch aus Venedig

Hanns-Josef Ortheils Roman „Der Typ ist da“ Plötzlich ist er da. Leise und doch bestimmend, hilfsbereit, aber nicht unterwürfig. "Ich bin Matteo, sagt der Typ und rührt sich weiter nicht. Als sie seinen Namen hört, fällt er ihr wieder ein. Matteo! Er war der Unscheinbarste von allen, ein stiller, höflicher junger Mann, immer etwas am Rand des Geschehens." Der junge Venezianer ist einer lose ausgesprochenen Einladung der Kölner Studentin Mia gefolgt und stellt fortan das Leben in einer...

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  • 12.09.17
Kultur

Die Entdeckung des Kaugummis

Uwe Timms opulenter Roman „Ikarien“ „Ich bin überzeugt, dass wir in unserer Seele einen besonderen Teil haben, der einem anderen vorbehalten ist. Dort sehen wir die Idee unserer anderen Hälfte, wir suchen nach dem Vollkommenen im anderen“, erklärte der männliche Protagonist Eschenbach in Uwe Timms letztem Roman „Vogelweide“ (2013). Um dunkle und helle Sphären im Menschen, um kaum erklärbare Ambivalenzen und Berührungspunkte zwischen Gut und Böse geht es auch im neuen Roman des inzwischen...

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  • 07.09.17
Kultur

Schreiben ist wie Atmen

Zum Tod des Schriftstellers Peter Härtling Er war vielseitig wie kaum ein anderer Schriftsteller seiner Generation. Er schrieb Romane, Gedichte, Essays, Kinder- und Jugendbücher sowie exzellente Künstlerbiografien. Am Montag ist Peter Härtling im Alter von 83 Jahren in Rüsselsheim gestorben. Seine Bücher schrieb er bis zuletzt immer noch auf einer alten Schreibmaschine, den Computer benutzte er lediglich für die Korrespondenz mit seinen Enkelkindern. Peter Härtling liebte und pflegte das etwas...

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  • 10.07.17
Kultur

Boxenstopp im Tiefkühlfach

„Null K“ - der neue Roman zum 80. Geburtstag von Don DeLillo „Ich wünschte, ich hätte früher begonnen, aber offenbar war ich noch nicht bereit. Erstens hatte ich keinen Ehrgeiz, ich mag Romane im Kopf gehabt haben, aber sehr wenig auf dem Papier und keine persönlichen Ziele, keinen brennenden Wunsch, etwas bestimmtes zu erreichen. Zweitens hatte ich keine Ahnung worauf es ankommt, um ein ernsthafter Schriftsteller zu werden. Ich habe lange gebraucht, um das zu entwickeln“, hatte der...

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  • 15.11.16
Kultur

Abgeschoben ins Ungewisse

Katja Lange-Müllers Roman "Drehtür" "Irgendwann saß ich senkrecht in meinem Bett und dachte, was wäre eigentlich aus dir geworden, wenn du weiter im Krankenhaus gearbeitet hättest? Das war die Initialidee für das Buch", hatte die Berliner Schriftstellerin Katja Lange-Müller in einem Interview über das Entstehen ihres neuen Romans berichtet. Anfang der 1970er Jahre hatte die gelernte Schriftsetzerin als Hilfskrankenschwester in der geschlossenen Psychiatrie gearbeitet, und die Bewältigung ihres...

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  • 16.08.16
  • 1
  • 2
Kultur

Kalauerjagd und Neurosenpflege

Maxim Billers opulentes Epos “Biografie” “Ich habe, wenn ich anfange zu schreiben, nie eine Ahnung, wie lang ein Buch wird”, hatte Maxim Biller kürzlich in einem “Zeit”-Interview erklärt und noch erläuternd nachgeschoben, dass er sein Manuskript schon um 200 Seiten gekürzt habe. Dafür gebührt ihm unser uneingeschränkter Dank, denn die nun vorliegenden, immer noch fast 900 Seiten erfordern vom Leser schon ein Höchstmaß an Toleranz und eine an Extremsportler erinnernde Ausdauer mit...

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  • 25.04.16
  • 1
Kultur

Zwischen Schostakowitsch und Sorgerecht

Michael Kumpfmüllers Roman „Die Erziehung des Mannes“ Wenn ein junger Mann in den späten 1980er Jahren Georg heißt, Musikwissenschaft studiert, selbst komponiert und mit Mitte Zwanzig feststellt, dass er in sieben Jahren Beziehung mit seiner Partnerin nicht einmal geschlafen hat („Verlassen konnte ich sie nicht. Es wäre mir schäbig vorgekommen.“), dann schrillen beim Leser die Alarmglocken, denn mehr stilisiertes Außenseitertum geht kaum. Der 55-jährige Erfolgsautor Michael Kumpfmüller, der...

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  • 08.03.16
Kultur

Einfühlung und Analyse

Neuer Band mit Erzählungen zum 90. Geburtstag von Dieter Wellershoff am 3. November* „Ohne Lebenserfahrung könnte man gewiss nicht so schreiben, wie ich das tue. Das heißt aber nicht, dass ich in meinen Texten ständig eigene Lebensprobleme ausagiere. Wenn der Autor wissen will, was an den Menschen dran ist, muss er sie in Schwierigkeiten bringen“, beschrieb Dieter Wellershoff einst sein dichterisches Credo. Und so lässt sich ohne waghalsige Interpretationsartistik eine verbindende Motivklammer...

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  • 21.10.15
Kultur

Buch der Woche: Das Genie als hilfloser Greis

Peter Härtlings anrührender Roman „Verdi“ "Ich hatte nicht vor, eine Biografie zu schreiben. Es ging mir nicht darum, das Leben Verdis zu erzählen, Daten und Werke einzusammeln. Der Untertitel nennt neun Fantasien. Verdi hat nie eine geschrieben. Eine Fantasie folgt Motiven, Stimmungen. Es ist eine dem Alter angemessene Form. Ich nähere mich an Jahren dem Verdi, und ich wünschte mir waghalsig einen Austausch der Erfahrungen", schreibt Peter Härtling in seiner dem Buch voran gestellten Kopfnote....

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  • 14.09.15
Kultur

Schutzhütte für den Geist

Vor 100 Jahren (am 10. Juni) wurde Literatur-Nobelpreisträger Saul Bellow geboren Saul Bellow war bis ins hohe Alter ein ungeheuer aktiver Mensch. Als über 80-jähriger wurde er noch einmal Vater, und im Jahr 2000 sorgte er mit seinem Roman „Ravelstein“ in den USA noch einmal für einen Sturm der Entrüstung. Hinter der „Ravelstein“-Figur verbirgt sich nämlich Allan Bloom, ein 1992 an Aids gestorbener philosophischer Bestsellerautor, mit dem Bellow einige Jahre an der Universität von Chicago...

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  • 28.05.15
Kultur

Wenn die Mitte im Osten liegt

Essayband über Berlin zum 75. Geburtstag von Peter Schneider (am 21. April*) erschienen „So war es denn ein Schock für uns, als wir nach dem Mauerfall entdeckten, dass die neuen Wegweiser namens ,Mitte’ unmissverständlich nach Osten zeigten“, heißt es in Peter Schneiders in sechs Teile gegliederten Essayband „An der Schönheit kann's nicht liegen.“ Der Wahl-Berliner präsentiert darin eine äußerst lesenswerte Mischung aus latenter Liebeserklärung und kritischer Abrechnung mit der...

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  • 17.04.15
  • 1
Kultur

Aufbruch und sinnliche Ekstase

Zum 75. Geburtstag des Literatur-Nobelpreisträgers JMG Le Clézio (am 13. April) Als Jean-Marie-Gustave Lé Clezio im Oktober 2008 völlig überraschend der Nobelpreis für Literatur zugesprochen wurde, rühmte ihn die Stockholmer Akademie als „Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase – ein Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und unterhalb der herrschenden Zivilisation.“ Die deutschsprachige literarische Öffentlichkeit reagierte damals mit Unverständnis....

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  • 09.04.15
  • 3
  • 2
Kultur

Erzähler und Zuhörer

Essayband „Montaignes Turm“ zum 75. Geburtstag des Schriftstellers Uwe Timm am 30. März* „Ich bin überzeugt, dass wir in unserer Seele einen besonderen Teil haben, der einem anderen vorbehalten ist. Dort sehen wir die Idee unserer anderen Hälfte, wir suchen nach dem Vollkommenen im anderen“, erklärte der männliche Protagonist Eschenbach in Uwe Timms letztem Roman „Vogelweide“ (2013). Mit diesem äußerst anspielungsreichen Buch hatte Timm nicht nur einmal mehr seine immense Vielseitigkeit unter...

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  • 17.03.15
Kultur

Buch der Woche: Auf den Spuren von Rilke und Vogeler

Klaus Modicks Roman „Konzert ohne Dichter“ „Rilke hatte etwas sehr Elitäres, dem Leben Abgewandtes. Er hat ja quasi so eine Kunstreligion begründet, in der natürlich er der Hohepriester war. Bei Vogeler ist das relativiert, durch seine Hinwendung zum Kunsthandwerk“, heißt es im neuen Roman des 63-jährigen Autors Klaus Modick, in dem wir uns auf eine Zeitreise ins frühe 20. Jahrhundert begeben. Das Künstlerdorf Worpswede im Bremer Umland ist der Handlungsschauplatz. Die vielen schillernden...

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  • 09.02.15
  • 1
Kultur

Buch der Woche: Die kleinen Monster von der Insel

Thomas Hettches Roman „Pfaueninsel“ – auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises „Die junge Königin stand einen Moment einfach da und wartete, dass ihre Augen sich an das Halbdunkel des Waldes gewöhnten“, heißt es im ersten Satz des neuen Romans aus der Feder von Thomas Hettche, der uns nach seinen ganz nah an der Gegenwart arrangierten Romanen „Die Liebe der Väter“ (2010), „Woraus wir gemacht sind“ (2006) und „Der Fall Arbogast“ (2001) nun in ein historisches, märchenhaft-schauriges Ambiente...

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  • 15.09.14
Kultur

Bücherkompass , Rezension , Gill Hornby

Bücherkompass - Rezension : " Mutter des Monats " , Gill Hornby , TB Hier meine Anmerkungen zum vom LK erhaltenen Buch Ich liebe Bücher die mich phantasievoll unterhaltend in ihre Themen hineinziehen.Beim Lesen , und nachfolgendem Rezensieren , entstehen Bilder einer Reise in unterschiedlichste Gebiete - manchmal überraschend, oft berührend , hin und wieder in ungeahntes Neuland und manchmal sogar Spuren für die Ewigkeit hinterlassend. Auch das hier rezensierte Buch führte mich auf eine solche...

  • Dortmund-City
  • 29.05.14
  • 1
  • 3
Kultur

Zur Buchpremiere die Nationalhymne

Zum Tod des Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Márquez „Ich habe einfach aufgehört zu schreiben. Das Jahr 2005 war das erste in meinem Leben, in dem ich nicht eine Zeile zu Papier gebracht habe“, bekannte der kolumbianische Autor in einem Interview mit der chilenischen Tages „La Tercera“. Seine Agentin Carmen Balcells hatte damals schon erkannt: „Ich glaube, García Márquez wird nie mehr schreiben.“ So lebte „Gabo“, wie er von seinen Fans liebevoll genannt wurde, seit seiner Krebserkrankung...

  • Wattenscheid
  • 18.04.14
  • 2
Kultur

Buch der Woche: Das Leben als lange Spätpubertät

Frank Goosens neuer Band „Raketenmänner“ Der Titel von Frank Goosens neuem Band, eine Mischung aus abgeschlossenen Erzählungen und Romanfragment, ist dem Song „Rocket Man“ von Elton John entlehnt, in dem es um Männer geht, die nicht das erreicht haben, was sie sich einst vorgestellt haben. Auf den Lebenswegen von Goosens „Raketenmännern“ hat es irgendwann eine Fehlzündung gegeben, und es ging von der Überholspur geradewegs auf den Standstreifen. Der 47-jährige Autor hat es einst mit seinem...

  • Wattenscheid
  • 27.02.14
Kultur

Neue Erzählungen zum 80. Geburtstag von Peter Härtling am 13. November*

Seine Bücher schreibt er immer noch auf einer alten Schreibmaschine, den Computer benutzt er lediglich für die Korrespondenz mit seinen Enkelkindern. Peter Härtling liebt und pflegt das etwas unzeitgemäße, traditionelle Schriftstellerleben von gestern. Hinter dieser durchaus sympathischen Rückständigkeit verbirgt sich zweifellos auch Härtlings seit ewigen Zeiten gepflegtes Faible für die unterschiedlichsten Künstlerexistenzen vergangener Epochen. Auch in seinem jüngst erschienenen Band „Tage...

  • Wattenscheid
  • 05.11.13
  • 1
Kultur

Buch der Woche: Eschenbach auf der Vogelweide

„Ich bin überzeugt, dass wir in unserer Seele einen besonderen Teil haben, der einem anderen vorbehalten ist. Dort sehen wir die Idee unserer anderen Hälfte, wir, die Unvollkommenen, suchen nach dem Vollkommenen im anderen“, erklärt – leicht altbacken klingend - der männliche Protagonist in Uwe Timms neuem Roman. Wenn diese Figur dann auch noch Eschenbach heißt und ein Eremitendasein auf der „Vogelweide“ führt, fühlen wir uns vollends entrückt aus der Gegenwart. Der Minnesänger, der Parzival...

  • Wattenscheid
  • 23.08.13
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