Stadt baut zwei Bahnübergänge für Geisterzüge

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Es hört sich an wie ein Schildbürgerstreich. Da baut die Stadt zwei Bahnübergänge für ein Gleisstück, auf dem gar kein Zug mehr fahren kann, da das Gleis gar nicht mehr an das Netz der Bahn angeschlossen ist. Denn kaum sind die Übergänge fertig, lässt die Bahn das zur Steuerung der Übergänge erforderliche Stellwerk und die Brücke abreißen, die das Gleis mit dem Bahnnetz verbindet.

Im Einzelnen. Die Stadt baut die Stadtumgehung Günnigfeld. Diese muss an zwei Stellen (auf der Blücherstraße) ein Gleis der Bahn überqueren. Die DB Netz AG fordert nach Angaben der Stadt zunächst den Bau von zwei Unterführungen. Regelmäßigen Zugverkehr gibt es auf der Strecke mangels Bedarf jedoch seit Jahren nicht mehr. Entsprechend gab es vor dem Ausbau der Blücherstraße zur Ortsumgehung dort auch keine beschrankten Bahnübergänge. Zuletzt fahren nur noch vereinzelt Züge, maximal 2x am Tag, zur Zinkerei Bochum, zum Schrottplatz Rohstoffhandel Heinrichs oder zum so genannten „Quelle Lager“ (Standort der DHL Solutions Großgut). Aufgrund der Insolvenz des Versandhauses Quelle (2009) wurde diese Nutzung jedoch eingestellt und das Lager schließlich geschlossen.

Schließlich einigt man sich zwei Bahnübergänge zu bauen. Die Umgehungsstraße wird bereits im April 2009 fertig gestellt. Nach endlosem Gezerre werden bis Ende September 2009 auf Druck der Stadt auch die jetzt bereits eigentlich überflüssigen Schranken, Signalanlagen und Schilder montiert. Im Netzplan der Bahn von 2010 taucht die Strecke schon nicht mehr auf. Anfang 2011 dann wird im Rahmen des Umbaus des Westkreuzes die Eisenbahnbrücke abgerissen, über die das Gleis an das Bahnnetz angeschlossen war. Da auf der Strecke auch für die Zukunft kein Bahnverkehr erwartet wird, baut die DB Netz allerdings keine Ersatzbrücke und reißt ebenfalls das für den Betrieb der Strecke benötigte Stellwerk ab

Was bleibt, ist ein Stück Gleis, das kein Zug erreichen kann, das aber mittels zwei aufwändig signalisierter Übergänge über die neue Umgehungsstraße geleitet wird.

Es stellt sich die Frage, war nicht als die Ortsumgehung Günnigfeld geplant wurde bereits absehbar, dass die Strecke keine Zukunft hat und im Rahmen der Planung der Errichtung des Westkreuzes der ersatzlose Abriss der Zufahrtsbrücke über die NS7 vorgesehen war?

In jedem Fall erfüllen Schranken, Schilder und Signalanlagen an den beiden Bahnübergängen jetzt keinen Zweck mehr. Warum baut man sie dann nicht ab? Die sinnlosen Anlagen müssen von Bahn und Stadt unterhalten und Instand gehalten werden, das kostet jedes Jahr Geld, das anderswo sinnvoller eingesetzt werden könnte. Warum werden die Anlagen nicht abgebaut, eingelagert oder woanders eingesetzt?

Es ist nicht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit die Gleise wieder in Betrieb genommen werden. Dass Bahn, Stadt und Land für einen Investor, der den Gleisanschluss benötigen könnte, eine neue Brücke und ein neues Stellwerk bauen, kann fast ausgeschlossen werden. Und selbst wenn dieser wenig wahrscheinliche Fall in ein paar Jahren eintreten sollte, kann zu gegebener Zeit, eine neue Signalisierung des Übergangs vorgenommen werden.

Dieser Fall zeigt leider, wie die Bürokratien von Bahn, Stadt und Land immer mal wieder aneinander vorbei planen. Die Schuld an der absehbaren Geldverschwendung trägt wohl insbesondere die Bahn, denn der war es offenbar völlig egal, ob da insbesondere auch von der Stadt mit Fördermitteln des Landes zwei sinnfreie Übergänge gebaut werden, schließlich musste die Bahn dafür nur einen vergleichsweise kleinen Kostenanteil beisteuern.

Die Stadt führt heute, Mitte 2014, aus (siehe Schreiben der Stadt), man befinde sich mit der Bahn in Verhandlungen, wie mit der zurzeit nicht in Benutzung befindlichen Bahnstrecke und den zugehörigen Übergängen weiter verfahren werden soll. Die Mühlen der Bürokratie mahlen wiedermal langsam, aber es wird Zeit, dass man zu einem Ergebnis kommt, denn der Zustand der Anlagen und damit auch ihr Wert verbessert sich mit Ablauf weiterer Zeit nicht.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

BoWäH - Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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