"Nach Fukushima ist alles anders"...bis Sonntag, 18 Uhr !

Anti-AKW-Demo in Berlin vor dem Reichstagsgebäude | Foto: Kai Martin (Freigabe erteilt)
  • Anti-AKW-Demo in Berlin vor dem Reichstagsgebäude
  • Foto: Kai Martin (Freigabe erteilt)
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Wesel - 31.03.2011 - Warum die Montagsmahnwachen und Demonstrationen auch weiterhin dringend nötig sind -

Es war 1986, ein schöner Tag im April. Nur langsam und kleckerweise erreichten uns alle die schockierenden Meldungen vom größten anzunehmenden Unfall in einem Ukrainischen Atomkraftwerk. 'Tschernobyl', dieser Begriff steht seither für Vieles. Für echte Einsicht und logische Schlussfolgerungen jedoch ganz sicher nicht.

Die Bilder ähneln sich. Und die standardisierten Worthülsen der jeweils gerade
verantwortlichen Politiker dazu sind auch nach 25 Jahren noch immer exakt die gleichen.
Bereits 1986 durften wir alle so schöne Sätze wie "Das ist eine Zäsur!" (lat.f.'Schnitt/Einschnitt') aus der damaligen Kohl-Regierung vernehmen. Und das (Un-)Wort 'Brückentechnologie' wurde sogar extra anlässlich des Tschernobyl-Disasters kreiert.

1986:
„Die Zukunft gehört nicht der Kernkraft, weil kein Mensch mit so großen Risiken leben will, wenn es risikoärmere, gefahrlosere Arten der Energieerzeugung gibt“ (Erwin Teufel - CDU)
„Daß die Kernenergie eine Übergangs-Energie ist, darüber können wir uns schnell verständigen“ (Lothar Späth - CDU)
„Wir wollen keineswegs bei der Energieerzeugung durch Kernspaltung stehen bleiben, sondern unterstützen vielfältige Forschungsanstrengungen für andere Energiequellen, auch neue.“ (Helmut Kohl - CDU)

2011:
"Wir wollen so schnell wie möglich das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen" (Angela Merkel - CDU)
"Die Atomenergie ist für uns eine Brückentechnologie" (Merkel,Westerwelle,Brüderle + ungezählte weitere Regierungsmitglieder und Konzernlobbiisten)

Das könnte ich nun endlos so fortsetzen, denke aber, dass jedem Leser schon klar ist, was ich meine.

Auch wenn es derzeit recht schwer zu sein scheint, überzeugte Atomkraftbefürworter zu finden, sie sind da, und sie sind mächtig. Und sie holen gerade zum leisen Gegenschlag aus. Klagen werden erwogen, Widersprüche vorbereitet. Wir können uns nun sicher sein, dass die beschwichtigenden RWE- und EON-Aussagen der letzten Woche (sinngemäß: 'Ab jetzt nur noch Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit') lediglich als Wahlhilfe für die CDU in Baden-Würtenberg dienten.
Aber auch innerhalb der CDU scheint der wahlkampftaktische Maulkorb für die sonst so eifrigen Atomenergielobbiisten Punkt 18 Uhr am vergangenen Wahlsonntag seine Gültigkeit verloren zu haben. Es dauerte kaum 12 Stunden, da vernahm man vielerorts in CDU-Kreisen schon wieder die immergleichen - und oft genug widerlegten - Phrasen pro Atomkraft. Auch der Bau und die finanzielle Absicherung vom AKWs im Ausland wird ungerührt weiter vorangetrieben.

Fazit:
Diese Regierung will einfach diesen Kurswechsel nicht. Nicht freiwillig. Nicht ohne, das es spürbare Nachteile für sich selbst mit sich bringt. Und damit stehen sie ja auch in bester Tradition mit der CDU. Und da ist es auch recht gleichgültig, wie der Großteil der Gesellschaft dazu steht. Es geht hier um alte Seilschaften, um hohe Posten, und nicht zuletzt um Geld, viel Geld.

Es wird - hoffentlich sehr bald - die Zeit kommen, wenn die akuten Probleme in Fukushimas Disasterraektor in den Griff bekommen wurden. Ganz natürlich wird dann das Thema Atomenergie und dessen Nutzung Stück für Stück aus den Medien verschwinden. Und es ist auch nur menschlich, dass es damit auch aus vielen Köpfen verschwindet. Genau darauf baut die konservative Regierung derzeit. Genau dafür gibt es dieses unseelige Moratorium.
Das der BDI-Chef gehen mußte, nur weil er Brüderles Indiskretion (besser: 'die Wahrheit') bestätigte, spricht Bände. Aber auch dieses Absägen lästiger Funktionsträger hat Tradition.
Die bekanntesten, aktuellen Beispiele hierfür sind wohl:
- der Rausschmiss des ZDF-Chefredaktuers Bender, der wohl zu oft Unbequemes über CDU-Politiker berichtete
- die Entfernung des IQWIG-Chefs Sarwicky (Leiter des Instituts.für.Qualitätsicherung.und Wirtschaftlichkeit.im.Gesundheitswesen), der einfach seinen Job zu gut gemacht hatte. Das war der Pharmalobby ein Dorn im Auge.

Ich halte mich für einen politisch sehr interessierten und meist auch gut informierten Bürger. Schon oft stießen mir Vorgehensweisen der Schwarz-Gelben übel auf. Aber nur selten zuvor fühlte mich derart frech und vorsätzlich verschaukelt von einer deutschen Regierung. Und das macht mich sauer.

Mir geht es nicht um Panikmache. Und ich wende mich mit sachlichen Informationen sogar gegen die Hysterie, die manche in unserem Lande in diesem Zusammenhang derzeit befällt (Geigerzähler = ausverkauft).
Aber die Kernkraft ist eben nicht erst seit Fukushima schlicht eine nicht beherrschbare Technologie. Das Unglück in Japan zeigt uns das erneut in aller Deutlichkeit. Eine von Menschen bediente Technologie, die keinen einzigen Fehler zulässt, die Naturgewalten als Restrisiko betrachtet, ist einfach untragbar gefährlich.

Ich glaube einfach die Beteuerungen nicht, nach denen hier bei uns im Falle des Falles alles anders wäre. Hier stehen weitgehend die gleichen Meiler, betreut von gleichwertig ausgebildetenm Personal. Auch hier bei uns zeigte die Vergangenheit, dass Störfälle und Probleme gerne unterschlagen werden, dass oft nur zugegeben wurde, was nicht mehr zu leugnen war. Und die Politik deckelte das oft genug allzugerne. Häufungen von Leukemieerkrankungen bei Anwohnern von AKWs werden zwar registriert, der Zusammenhang aber hartneckig geleugnet.
Institutionen, die eigentlich neutral Prüfen sollen, sind vornehmlich mit Abgeordneten der Atomindustrie selbst besetzt. Sogar im Bundesumweltministerium sitzen Atomlobbiisten an den Schalthebeln, die unser aller Zukunft sichern sollen. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass es so natürlich niemals eine wirklich sachliche Beurteilung geben kann. Gesichert werden so lediglich die Milliardengewinne eines Oligopols.
Und dann steht über all dem auch noch die völlig ungelöste Frage:
Was machen mit all dem Atommüll? Die Frage, ob wir uns wirklich weiterhin die sichere Verachtung der kommenden Generationen zuziehen wollen, der wir diesen Müll hinterlassen werden.

Daher möchte ich dringend dazu aufrufen, auch weiterhin das Thema Atomausstieg/Ausbau erneuerbarer Energien nicht wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Uns bietet sich - meiner Ansicht nach - gerade eine historische Chance. Wenn wir alle jetzt nicht mehr locker lassen, dann können wir unser Land zum beispielhaften Vorreiter machen. Konsequent und gut gemacht kann das sogar auch wirtschaftlich große Zukunftschancen bieten. Wenn einer der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt so etwas kann, dann kann es jedes andere Land auch. Und letztlich ist genau das ja auch der zwingende nächste Schritt - die weltweite Ächtung der Atomenergie.

Zeigen auch Sie klar und sichtbar, dass es so nicht weitergeht. Nehmen Sie Stellung. Sagen Sie Ihre Meinung. Informieren Sie sich, und bleiben Sie kritisch, auch wenn mal wieder das Blaue vom Himmel versprochen wird.

Autor:

Andreas Rohde aus Wesel

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