Ritterturnier zu Bad Münster am Stein-Ebernburg
Das Ritterturnier beim Mittelaltermarkt 2023 in Bad Münster am Stein Ebernburg - eine Rezension

115Bilder

Als letzte Rezension dieser Saison habe ich das Vergnügen, über die Show der Stuntpferde.de in Bad Münster am Stein-Ebernburg vom 16.-17.09.2023 zu schreiben. Und auch wenn ich mich im Folgenden in manchen Punkten kritisch äußern werde, vorab sei schon einmal gesagt, dass sich diese Show wahrhaftig enorm gelohnt hat anzusehen. Nicht nur, dass sie aufgrund des Ortes vor einer absolut unglaublich schönen Kulisse spielt, auch in ihrer Gesamtheit war sie ganz weit vorne mit dabei. Es bot sich natürlich an, Franz von Sickingen, der auf der Ebernburg geboren wurde und vor 500 Jahren starb, zum Thema zu nehmen und wie das geschah kommt nun:

Der Plot der Show
Am Anbeginn der Zeit formten die Kräfte der Natur das Felsmassiv, das heute als der Rotenfels bekannt ist, aus den Tiefen der Erde. In diesem, so erklärt uns der Erzähler (Michael Cornély), lebten mächtige Geister, die sich allerdings schon seit unzähligen Jahren nicht mehr den Menschen gezeigt hatten und somit in Vergessenheit geraten waren. Am Fuße des Berges lag ein Dorf und in jenem Dorf wohnte ein kleiner Junge. Dieser Junge fühlte sich von dem Felsen wie magisch angezogen und liebte ihn. So gewann er die Gunst der Berggeister und ihr König (Karel Hajek) beschloss, sich ihm zu zeigen und ihm ein Geschenk zu machen. Bei dem Geschenk handelte es sich um ein mächtiges Schwert, in dem die Kraft und die Stärke des Berges lagen. Auch die Schwester des Bergkönigs (Nina Wolter), die Herrin des Flusses, der den Namen Nahe tragen würde, fand Gefallen an dem Jungen und machte ihm ebenfalls ein Geschenk. Sie beschenkte ihn mit einem mächtigen Ross (Apollo). Doch auch mit diesen machtvollen Geschenken war der Junge noch immer nur ein einfacher Bauernsohn und noch kein gerechter Streiter für das Gute und so nahmen sich drei Mönche des Deutschen Ordens seiner an und bildeten ihn zum Ritter aus. Nach Jahren der Ausbildung machte sich der inzwischen zum Mann gereifte Junge auf den Turnieren des Reiches einen Namen der weit und breit bekannt wurde: Franz von Sickingen.
Während er auf Turnieren seinen Ruhm mehrte, ging es dem Volk unterhalb des Rotenfels schlecht. Viele Missernten und hohe Steuern trugen zur Not des Volkes bei, welches hungerte und darbte. Ihre Herrin, die junge Gräfin Marie von Ebernburg (Marie Doleschel) versuchte, milde und gütig wie sie war, diese Not zu lindern, indem sie an die Bauern (Alexander Schmidt und Peter Wolter) Nahrungsmittel verteilte.
Da erschien Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein (ebenfalls Michael Cornély), „nur Gott und dem Kaiser untertänig“, mit zweien seiner Ritter: Hagen von Dresden, Herzog von Sachsen (Dirk von Dhur) in weiß-grün und Friedrich von Leiningen, Landgraf von Thüringen (Peter Luckau) in blau-weiß. Er forderte die Abgaben der Bauern, welche diese bereits gezahlt hatten, was der Pfalzgraf, der Oberherr über die Ländereien, jedoch nicht gelten ließ. Er befahl seinen Rittern, Brand an die Bauernhütte bzw. die Felder zu legen, was die beiden Herren auch umgehend taten und gleich auch noch die Bauern niederritten. Kaum waren die drei wieder fort, erschien Franz von Sickingen (Andreas Wolter), der etwas zu spät den Bauern zu Hilfe eilte, aber feststellte, dass er den Herren bestimmt noch irgendwo einmal begegnen würde und mit diesen dann eine entsprechende Unterhaltung zu führen gedenke.

Diese Gelegenheit ergab sich als der Pfalzgraf ein Turnier anberaumte, um die Besitzverhältnisse um die Ländereien der Gräfin von Ebernburg zu klären. Zur Leitung dieses Turniers stellte der Kaiser sogar selbst seinen Herold zur Verfügung: Alexander von Utrecht (erneut Alexander Schmidt). Dieser rief dann nacheinander die Teilnehmer des Streites und damit des Turniers zusammen. Er begann, wie es sich gehört, mit der Dame, nämlich Marie von Ebernburg, die erst einmal mit ihrem Pferd (ein ausnehmend schöner Brauner dessen Name mir leider nicht bekannt ist) verschiedene Lektionen der Bodenarbeit zeigte. Als nächstes betrat Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein in Begleitung seiner drei Knappen den Plan. Nachdem er einige Liebenswürdigkeiten unter den Anwesenden verteilt hatte, rief er seine Streiter herbei, Hagen von Dresden und Friedrich von Leiningen. Doch auch Marie von Ebernburg benötigte einen Streiter und ihr zur Unterstützung erschien ihr Onkel, Hugo Graf von Metternich (ebenfalls Karel Hajek) in gelb-schwarz. Nach dem obligatorischen Lanzengruß wurden die Exerzitien erklärt und geritten. Zuerst der Ritt auf die Kränze, erschwert dadurch, dass hernach der Spieß, mit dem die Kränze aufgenommen wurden, in eine Zielscheibe geworfen werden musste. Dieses Exerzitium gewann Hagen von Dresden. Dann folgte daselbst der Ritt auf die Kelche aka das Bechergreifen, eine Aufgabe, die, wie sich die Dame von Ebernburg und der Pfalzgraf sehr einig waren, gerade dem Herrn von Metternich zupasskäme, sei er doch mit gefüllten Kelchen bestens vertraut. Wenig überraschend trug er dann auch den Sieg davon. Für das nächste Exerzitium stellten sich zwei Persevanten mit Schwertern den Rittern entgegen und die Aufgabe bestand darin, beide Schwerter mit dem eigenen zu treffen und hernach noch einen Apfel zu spalten. Während die beiden Streiter des Pfalzgrafen dies auf die übliche Art und Weise angingen, trat Hugo von Metternich nur mit einem kleinen Holzschwert bewaffnet an, mit dem er jedoch seinen Apfel zwar nicht spaltete, aber immerhin schälte. Dies erboste den Pfalzgrafen derart, dass er, um jegliche Opposition im Keim zu ersticken, seine Mannen um seine Knappen (allesamt ausnehmend liebenswürdige Zeitgenossen) ergänzte, die er zuvor noch einmal auf ihre Reitkunst hin prüfte. Alle drei erwiesen sich bei der Voltige als überaus fähig und so erhielten sie den Ritterschlag, bekamen ihre Wappen(-röcke) verliehen und verließen den Plan als Siegfried von Drachenfels (ein mir unbekannter Reiter) in rot-weiß, Dietmar von Aist (Karel Sejk) in schwarz-weiß und Heinrich von der Pfalz (Thomas Płodzień), der Bruder des Pfalzgrafen, in schwarz auf schwarz.
Nach einer Pause begann der zweite Teil der Show damit, dass sämtliche Ritter im Turnier bei einer Ehrenrunde noch einmal vorgestellt wurden. Danach erklärte Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, es sei nicht notwendig, dass weiter um die Ländereien gestritten werde, denn er schenke der Gräfin von Ebernburg die Vorherrschaft. Dabei handelte es sich allerdings um einen reichlich hinterhältigen Plan, denn der Kaiser hatte verfügt, dass keine Frau suo jure, also in eigenem Recht, herrschen dürfe und so benötigte Marie von Ebernburg schnellstmöglich einen Gatten. Selbstverständlich hatte der Pfalzgraf eben diesen auch, in Gestalt seines Bruders Heinrich von der Pfalz, direkt zur Hand. Von jenem war die Dame allerdings reichlich wenig angetan, zumal er durch sein unhöfliches und herrisches Betragen sein Übriges dazu beitrug, ihr diese Wahl nicht schmackhafter zu machen, und so verlangte sie einen Helden, der für sie streiten würde. Alle anwesenden Ritter, von ihrem Onkel, der schon aus offensichtlichen Gründen ausschied, einmal abgesehen, standen allerdings beim Pfalzgrafen in Diensten. Doch wie gerufen galoppierte ein weiterer Ritter auf den Plan, kein anderer als Franz von Sickingen höchstpersönlich. Jener versprach nicht nur, für Marie von Ebernburg zu streiten, sondern legte ihr gleichermaßen sein Herz zu Füßen.
Somit begann also das Turnier um die Hand der Dame, und zwar mit dem ersten Exerzitium, dem Ritt auf die saufurzgefüllten Ziegendärme, zwei Ballons am Boden, die mit einem brennenden Speer zum Platzen gebracht werden mussten. Hier fiel vor allem Franz von Sickingen auf, der drei statt zwei Ballons vernichtete und somit gegen die Regeln verstieß, was der Pfalzgraf zum Anlass nahm, ihn für das Exerzitium völlig zu Recht zu disqualifizieren und ihn zur Strafe vom nächsten auszuschließen. Bei diesem handelte es sich um ‘das brennende Tor zur Hölle’, eine Flammenwand, die ähnlich einem Staffellauf durchritten werden musste. Auch hier tat sich Sickingen auf eine gewisse Art hervor, indem er trotz des Verbotes ritt und das Exerzitium so gewann. Deshalb forderte Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein Blut, beziehungsweise das Gottesurteil im Tjost, eine Forderung, die Sickingen um der Ritterlichkeit willen annahm. Daraufhin erklärte der Pfalzgraf, dass zuerst alle Ritter gegeneinander im Massentjost zu reiten hätten, was Franz von Sickingen zwar als unritterlich verurteilte, aber dennoch geritten wurde, ohne groß Ergebnisse zu zeitigen. Daher ging es in die Duelle Mann gegen Mann. Zuerst trat Franz von Sickingen gegen den Herzog von Sachsen an; der Herzog verlor und gab dann auch direkt auf. Als nächstes ritt Hugo von Metternich gegen Siegfried von Drachenfels, wobei Metternich aus dem Sattel gestoßen wurde, aber das Gefecht am Boden forderte und dieses auch gewann, zumindest bis Drachenfels ihn festhielt und so von Aist Gelegenheit gab, ihn zu Boden zu schlagen. Da damit der einzige Verbündete von Franz von Sickingen ausgeschieden war, musste er sich nun allein allen anderen stellen. Als nächster Gegner war dies Friedrich von Leiningen, der genau wie der Herzog fiel und direkt aufgab. Danach räumte Franz von Sickingen, auch um des Grafen von Metternich willen, mit Siegfried von Drachenfels und Dietmar von Aist auf. Kaum aber hatte er Dietmar von Aist vom Pferd gestoßen und noch bevor entschieden war, ob der Kampf am Boden weitergeführt werden solle, preschte Heinrich von der Pfalz in den Plan und holte seinerseits Franz von Sickingen aus dem Sattel. Als er diesen aber erneut angriff, zog Sickingen ihn an der Lanze einfach vom Pferd und holte ihn somit auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Schließlich fochten es die drei, also Dietmar von Aist und Heinrich von der Pfalz auf der einen und Franz von Sickingen auf der anderen Seite, am Boden aus, was schließlich mit dem Sieg Franz von Sickingens endete. Auch Marie Gräfin von Ebernburg war höchst angetan und versprach Franz von Sickingen ihren Segen und ihre Liebe. Doch dann hatte Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein seinen letzten großen Auftritt. Franz von Sickingen, von diesem Herrn ausnehmend wenig beeindruckt, drohte, ihn festzunehmen und zum Papst zu schicken, auf dass dieser über ihn richte, doch hatte der Pfalzgraf eine andere Lösung. Er fordert als von Sickingens Lehensherr dessen Schwert, jene zaubermächtige Waffe, die ihm zum Sieg verholfen hatte. Dieser übergab sie ihm zögernd und man mochte meinen, dass es für den Ritter nun aus sei, doch überraschte Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein alle, indem er Franz von Sickingen, anstatt ihn zu strafen, in den Grafenstand erhob und seine Einwilligung zur Hochzeit mit der Gräfin von Ebernburg gab. Franz von Sickingen und Marie von Ebernburg beschlossen anlässlich ihrer Hochzeit eine neue Burg zu bauen und sie Rheingrafenstein zu nennen und schritten dann gemeinsam vom Plan.

Der Kommentar
Zuerst einmal sei gesagt, dass diese Show etwas hatte, was mir in der Broicher Show dieses Jahr vollkommen fehlte, nämlich eine stimmige, interessante und vor allem in sich schlüssige Geschichte. Der Spannungsbogen wurde gut aufgebaut, hat sich ohne Schwächen durch die ganze Show gezogen und kam zu einem harmonischen Ende.
Trotzdem gibt es gleichermaßen einige Highlights und Kritikpunkte, die hervorgehoben gehören.
Zuerst einmal zu der Show als solcher. Die Einleitung war unglaublich atmosphärisch und dicht. Das, was ich in Broich als großen Kritikpunkt angebracht hatte, wurde hier dagegen ausnehmend stimmig umgesetzt. Alles, was der Erzähler beschrieben hatte, wurde auch optisch untermalt. Michael Cornély ist ein absolut phantastischer Erzähler, dem man schon an sich gerne zuhört, und auch die visuelle Gestaltung gerade der Geister sowohl des Berges als auch des Flusses war schön in Szene gesetzt. Einziger Kritikpunkt hier wäre, dass Nina Wolter auf Keks, wie auch schon als Herrin vom See in Broich, wenig mehr zu tun hatte, als dekorativ auf dem wabernden blauen Tuch auf und ab zu reiten, was in sich wahrscheinlich gar nicht so einfach ist, ihren bereits gezeigten Fähigkeiten kaum gerecht wird, aber immerhin ausgesprochen anmutig wirkte. Eine Möglichkeit, ein wenig mehr zu zeigen wäre hier entweder Lektionen auf dem blauen Tuch zu reiten, oder eben nicht so viel Zeit auf demselben zu verbringen, sondern noch ein wenig ihrer Reitkunst danach zu zeigen und es nur beim Einritt und Ausritt zu überqueren. Allerdings wirkte das Element in diesem Fall besser in der Geschichte als in Broich und so ist dies nur ein kleiner Kritikpunkt. Gleichermaßen beeindruckend wie imposant hingegen war es, dass Apollo unter dem Tuch hindurchgeführt wurde, bevor das Ross dem jungen Franz von Sickingen von der Herrin des Flusses als Geschenk überreicht wurde.
Generell aber war diese Einführung ganz wunderbar stimmig und stimmungsvoll geraten. Großen Respekt auch noch einmal für das Kind, das den jungen Franz von Sickingen spielen durfte. Ich glaube die meisten von uns sind als Kinder in eine Situation geraten, wo sie vor Zuschauern auftreten mussten, und es gehört unglaublich viel Mut dazu, gerade vor einem so großen Publikum zu spielen. Also Hut ab.
Der nächste Teil der Geschichte befasste sich mit der Situation in der Heimat von Sickingens, den Dörfern um die Ebernburg und ihrer Herrin, der Gräfin Marie.
Auch dies wurde nicht einfach nur erzählt, sondern bekam eine kleine eigene Kulisse, nämlich ein Bauernhaus, das später noch wichtig werden wird. Auch die Mildtätigkeit der Gräfin wurde nicht bloß beschrieben, nein, sie durfte Nahrungsmittel (Brot und Möhren) an die Bauern verteilen mit der Bitte, sich auch um die anderen Bedürftigen zu kümmern. Das machte Bauer Alexander auch ganz wunderbar, indem er das Brot mit dem Publikum brach und die Möhren fast wie die Plektren bei einem Konzert unter das Volk warf. Dann allerdings hatte Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein mit seinen Spießgesellen Hagen von Dresden und Friedrich von Leiningen seinen ersten großen Auftritt und machte sich direkt einmal bei allen Anwesenden beliebt, indem er die Bauern bedrohte und ihre Hütte bzw. in der zweiten Show ihre Felder (will sagen das Stroh vor der Hütte) abbrennen ließ. Und hier hatte dann die besagte Hütte ihren großen Auftritt. Denn auch wenn bei den Shows der Stuntpferde.de normalerweise im übertragenen Sinn die Hütte brennt, wollte zumindest in der Show am Samstag die reale Hütte nicht so recht Feuer fangen. Diese Konstruktion aus Dachlatten und sagenhaft feuerfestem Sackleinen verwehrte sich redlich gegen die Versuche der Herren von Leiningen und Dresden, ihnen mit mehr oder minder gut brennenden Fackeln zu Leibe zu rücken und ihr ordentlich einzuheizen. Die Idee hätte das Publikum sicher vor Begeisterung ganz wunderbar entflammt, wäre bei Friedrich von Leiningen nicht leider jedes Mal im entscheidenden Augenblick die Fackel aus gewesen. Tatsächlich hatte er in der zweiten Show, nachdem es bei der ersten schon nicht so funktioniert hat, wie es sollte, seine Fackel behandelt wie ein rohes Ei, auf dass sie nicht verlöschen möge, war damit unglücklicherweise aber nicht erfolgreich. Gerechterweise muss man ihm allerdings zugestehen, dass er dafür nichts konnte. Möglicherweise steckten auch einfach die Fackel und das sagenhaft feuerfeste Sackleinen unter einer Decke und hatten beschlossen, nicht brennen zu wollen. Bei den gefühlten 50 Grad auf dem Plan konnte man ihnen das nachsehen. Als die Hütte dann schließlich am Samstag brannte, unglücklicherweise erst, als die Helfer sie aus dem Plan tragen mussten, bekam man als Zuschauer zumindest eine Ahnung davon, wie unendlich großartig beeindruckend dieses Element gewesen wäre, wenn es denn funktioniert hätte wie gedacht, aber so ist der Funke leider nicht wirklich übergesprungen. Gleiches geschah mit dem anderen Element dieser Szene, das der brennenden Fackel dringend bedurft hätte. So hatte nämlich Bauer Peter einen Sack, der mit brennbaren Elementen gefüllt war, und der bei Erfolg in einer schönen Stichflamme aufgelodert wäre. Aber auch dies, was in der Idee wahrlich spektakulär wäre, ist der verloschenen Fackel zum Opfer gefallen. Auch wenn die beiden Herren dann die Bauern noch über den Haufen geritten hatten, so quasi als Zunder am Finsterling-Scheiterhaufen, hatte man doch deutlich sehen können, dass hier so einiges nicht gezündet hatte. Das ist ausnehmend schade, denn die Idee hatte sehr viel Potential, den Zuschauern kurzfristig den Atem zu rauben, und ich glaube, wenn man sie noch einmal ein wenig überarbeitet, dann wird man Feuer und Flamme dafür sein. Und jetzt höre ich wieder auf mit den feuerbezogenen Wortspielen.
Die Angreifer hatten nach vollendeter Tat kaum den Plan verlassen, als Franz von Sickingen erschien. Er kümmerte sich nicht nur um die Bauern, sondern bat sie sogar demütig um Verzeihung, dass er zu spät gekommen sei, um ihnen zu helfen. Dies war eine gut gelungene Einführung des Helden, da er hier zeigen konnte, dass ihm im Gegensatz zum Pfalzgrafen das Wohlergehen der einfachen Leute am Herzen liegt, ein Charakterzug, den er sich mit der Gräfin von Ebernburg teilte.
Darauf begann der Turnierteil. Alexander Schmidt durfte hier den Herold spielen, worin er mittlerweile einige Übung hat und was er sicher gut gemacht hätte, wenn man ihn gelassen hätte und er nicht innerhalb kürzester Zeit zu einem besseren Persevanten in bunterem Wappenrock verkommen wäre. Das lag allerdings nicht in seinem Verantwortungsbereich, im Gegenteil. In der ersten Show war es sogar noch schlimmer, in der zweiten unternahm er wenigstens den Versuch, seine Position gegen Michael Cornély als Pfalzgraf zu behaupten. Leider hatte er damit keinen Erfolg, wiewohl der Dialog dazu ganz große Klasse war und einen Eindruck davon vermittelte, wie es denn hätte sein können.
In jedem Fall hatte er hier zunächst die Aufgabe, die Turnierteilnehmer vorzustellen. Das begann mit den Streitparteien. Marie Doleschel gab hier eine süß-liebliche Gräfin Marie von Ebernburg und während sie bisher nur als Darstellerin aufgetreten ist, durfte sie hier zum ersten Mal auch ihre Fähigkeit im Umgang mit Pferden bei einigen Bodenlektionen zeigen.
Das Element als solches ist super, gerade weil es auch die Vielfältigkeit der Arbeit mit Pferden illustriert, was im Verlaufe der Show mehrfach passierte und eigentlich eine hervorragende Idee war. Leider wirkte es in dieser Szene vollkommen unmotiviert und ergab weder für den Erzählfluss noch für die Charakterdarstellung groß Sinn. Wo es sich meiner Meinung nach besser eingefügt hätte, wäre bei der Szene mit der Herrin des Flusses gewesen. Da die Dame offensichtlich sowieso einen ganzen Stall magischer Rösser zu haben schien, zumindest aber genug, um welche davon an Auserwählte zu verschenken, wäre es ein leichtes gewesen, neben ihrem dekorativen Ritt andere Elemente unterzubringen. Nina Wolter hätte hier beispielsweise nach dem Ritt über das Tuch die Bodenarbeit zeigen können. Gegebenenfalls noch mit der Erklärung, dass alle ihre Rösser besonders sind, sie aber das größte, machtvollste und schönste an Franz von Sickingen verschenken wird. Natürlich wirkte Nina Wolter in ihrer Rolle wie üblich ganz bezaubernd, aber es hätte ihr nicht nur mehr zu tun gegeben, sondern die Macht ihrer Figur noch einmal deutlich unterstrichen. So jedenfalls wirkte die Szene mehr, als müsse man der Jungfer in Nöten noch irgendwo eine eigene Szene geben, was in Anbetracht der Tatsache, dass sie den weiblichen Hauptcharakter stellte, irgendwie unnötig war.
Der andere Streitgegner war Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, gespielt von dem unnachahmlichen Michael Cornély. Dieser ist großartig, egal welche Rolle man ihm zuteilt, ob als Erzähler, als Guter, als Bösewicht oder als Herold… und da sind wir direkt beim Knackpunkt. Diese wandelnde Ein-Mann-Armee ist charmant, witzig, wortgewandt und schlagfertig und das immer sehr dosiert. Hier aber hat genau das in meinen Augen der Geschichte ein Beinchen gestellt. Denn er spielte hier Alexander Schmidt, der explizit als Herold des Kaisers eingeführt wurde, so vollkommen an die Wand, dass dieser zum Statisten wurde. Dies war nicht nur ihm gegenüber unfair, sondern gereichte auch in einigen Augenblicken der Geschichte nicht zum Vorteil. Es führte so weit, dass bis auf wenige Ausnahmen Michael Cornély, eigentlich in der Rolle des Pfalzgrafen, die Regeln erklärte, die Urteile fällte und auch sonst alle normalerweise dem Herold zugehörigen Aufgaben übernahm. Nur einmal wehrte sich Alexander Schmidt dagegen, bevor er, zumindest war das ein wenig der Eindruck, einfach das Schwert ins Getreide warf und sich damit abfand. Der Dialog bei diesem Aufbegehren allerdings war einer der schönsten verbalen Duelle, die die Show zu bieten hatte und ging wie folgt:
WPbR: „Das ist ein Turneyplatz und keine Taverne, aber wenn es denn sein muss… Das Bechergreifen! Herold, wenn Ihr dem Volke die Regularien weisen könntet? Solche Spiele sind mir nicht bekannt.“
AvU: „Wenn ich auch mal zu Wort kommen würde und Ihr mir nicht immer über den Mund fahren würdet, könnte ich das auch einstweilen machen. Habt Dank!“
WPbR: „Herold, ich lasse das einmal durchgehen, kein zweites Mal.“
Hier bissen sich die Rollen außerdem für den geschichtsgeneigten Zuhörer etwas. Der Herold des Kaisers ist in seiner Funktion eine ausgesprochen mächtige Persönlichkeit, und gerade in einem Turniersetting als solcher dem Pfalzgrafen zumindest gleichgestellt, wenn nicht sogar übergeordnet. Damit hätte man viel mehr spielen können, vor allem nach dieser wenig verschleierten Drohung. Den Herold des Kaisers zu missachten ist in gewissem Sinne gleichbedeutend damit, den Kaiser zu missachten, und das sollte wohl überlegt sein. Hier hätte sich Alexander Schmidt viel mehr emanzipieren können und Michael Cornély, ganz gleich wie großartig, sich ein wenig zurücknehmen müssen.
Ansonsten aber war die Rolle des Pfalzgrafen absolut fantastisch gespielt und hat einen sehr schönen Beweis dafür geliefert, dass ein Bösewicht böse sein kann ohne dabei eindimensional zu werden, was leider auf die anderen Herren im besonderen Maße zutraf. Ob er zwischendurch einen ehrbaren Augenblick hatte, in dem er seinen eigenen Ritter disqualifizierte oder hinterher das ritterliche Verhalten von Sickingen anerkannte und ihn dafür ehrte, es gab immer wieder Augenblicke, wo der Chefbösewicht sympathisch wurde, von den vielen ironischen Monologen einmal abgesehen, die einen sowieso regelmäßig zum Lachen verführten. Das beste Beispiel dafür, was für ein fantastischer Schauspieler Michael Cornély eigentlich ist, fand sich ganz am Ende der zweiten Show. Als er das Schwert von Sickingens einforderte stand er dort (und ich konnte das ganze nur von hinten betrachten, hatte also nichts von der Mimik gesehen) breitbeinig und das Schwert quasi in Angriffshaltung und man hatte das Gefühl, er würde gleich ausholen. Und dann nahm er die eine Hand vom Knauf und einen Teil der Spannung aus dem Oberkörper, im Grunde also nur eine kleine Änderung der Haltung, und die Stimmung der ganzen Szene änderte sich augenblicklich. Es braucht schon einiges, um so viel Inhalt und emotionalen Kontext nur über Körpersprache zu transportieren und dann hat der Mann ja auch noch seine Mimik und seine Stimme…. Nichts destotrotz hat er hier meines Erachtens in einigen Teilen zuviel des Guten getan und hätte seinem Mitspieler mehr Raum lassen müssen.
Als Nächstes wurden dann die Ritter vorgestellt, die den Zwist beilegen sollten. Das waren Dirk von Dhur als Hagen von Dresden auf Vaquero und Peter Luckau als Friedrich von Leiningen auf Lucero, beide in Diensten des Pfalzgrafen.
Zu Ersterem lässt sich leider wenig sagen. Er hatte eine so generische Rolle, dass sie als Verkörperung des Begriffes taugen mag. Ob er einer Rolle, ganz gleich, ob sie gut oder böse sei, mehr zu geben vermag, als lebendige Dekoration zu sein, kann ich in diesem Falle einfach nicht abschätzen. Als Bösewicht 1 ohne viel eigenes Profil hat er sich in jedem Falle wacker geschlagen. Eines allerdings muss man ihm zugutehalten. Seinen kleinen Wutanfall, eines der Exerzitien verloren zu haben, auch wenn dieser wohl von den meisten Zuschauern unbemerkt geblieben sein dürfte, war sehr schön gespielt. Ich hoffe die Zukunft wird zeigen, welche verborgenen Talente er besitzt.
Peter Luckau war in einer ähnlich unvorteilhaften Position, denn obwohl er immerhin ein wenig mehr daraus gemacht hat, hatte er als Bösewicht 2 im Endeffekt genauso wenig Profil und Rolle wie die meisten seiner Kollegen. Nun wäre das normalerweise nicht schlimm, denn wie schon mehrfach erwähnt kann er auch ohne Text, bloß durch seine ausgesprochen beredte Mimik, bestens mit den Zuschauern interagieren. Leider war diesmal davon beinahe nichts zu sehen und so blieb die Rolle nur Schablone. Dabei ist er einer der vielseitigsten Akteure der Gruppe, kann gute, böse und selbst komödiantische Rollen wunderbar glaubwürdig darstellen und versteht dabei stets das Publikum mitzunehmen, wozu ihm meist schon ein Augenzwinkern oder ein Heben der Brauen genügt. Kommt dann noch Text hinzu, den er üblicherweise nicht nur mit einer gehörigen Portion (Selbst-) Ironie würzt, sondern auch dadurch belebt, dass er seine Stimme der Rolle entsprechend anpasst, kann er sich sicher sein, die Zuschauer für oder gegen sich einnehmen zu können, ohne dabei jemals gänzlich unsympathisch zu werden. Anzumerken sei noch, dass er das Publikum nicht einmal zur Beteiligung auffordern muss, er lädt eher dazu ein und deshalb folgt man dem umso lieber.
Um die Zahl seiner Ritter zusätzlich zu erhöhen ließ der Pfalzgraf seine drei Knappen ebenfalls zu Rittern schlagen, was an sich eine schöne und interessante Szene war. Leider führte das jedoch dazu, dass nun fünf Bösewichte (Dresden, Leiningen, Drachenfels, Aist, Pfalz) nur zwei Guten gegenüberstanden, was wahrscheinlich wesentlich dazu beitrug, dass die einzelnen Rollen nicht so recht eine eigene Dynamik entwickeln wollten. Und das tat auch dem Rest des Settings nicht unbedingt gut.
Da war zunächst Siegfried von Drachenfels gespielt von einem mir unbekannten Herren auf einem mir ebenso unbekannten Pferd, der noch weniger Eindruck hinterließ als sein weiß-grüner Kollege und auch nichts tat, was ihm in irgendeiner Weise einen individuellen Zug gegeben hätte. Bei der Voltige zeigte er allerdings beeindruckende Reitkünste.
Den zweiten Bösewicht gab Karel Sejk als Dietmar von Aist auf Keks mit solch finsteren Blicken, dass man den Eindruck bekam, er ginge in der Rolle voll auf. Dadurch gelang es ihm tatsächlich, einer eher generischen Figur etwas Profil zu verleihen, wobei er allerdings auch etwas mehr zu tun hatte als die anderen. Beeindruckend war der Kampf, den er sich gemeinsam mit dem Herrn von der Pfalz gegen von Sickingen lieferte, auch wenn er diesen, der Geschichte geschuldet, verlieren musste. Weitaus beeindruckender fand ich jedoch, wie er sich hinterher so großartig theatralisch (ohne aber ins Lächerliche oder Übertriebene abzugleiten) an der Absperrung fast den ganzen Plan entlang schleppte, immer wieder zu Boden ging, sich wieder aufrappelte, weiterstolperte… Noch nie sah man einen Verlierer mit so viel enthusiastisch gespieltem Gusto vom Plan taumeln wie ihn. Dafür: Hut ab.
Als der dritte Knappe bzw. Ritter im Bunde gab sich Thomas Płodzień auf Massimo als Heinrich von der Pfalz, (ziemlich missratener) Bruder des Pfalzgrafen, die Ehre. Dieser ist ebenfalls recht vielseitig und spielt gute wie böse Rollen gleichermaßen überzeugend. Und auch wenn er eher einen rauen Charme sein Eigen nennt, ist er doch einer derjenigen, die sich immer bemühen, möglichst viel mit dem Publikum zu interagieren. Das hatte ihn auch in dieser Rolle wenigstens ein bisschen aus dem Bösewicht-Einheitsbrei herausstechen lassen, zumal es ihm sonst nur vergönnt war, seine möglicherweise Zukünftige zu beleidigen, zu bedrohen, oder anzupöbeln. Da uns Michael Cornély in dieser Show bereits vorgemacht hatte, dass ein böser Charakter nicht an Glaubwürdigkeit verlieren muss, bloß weil er auch den ein oder anderen sympathischen Moment hat, wäre auch hier noch deutlich mehr möglich gewesen. Wenn er beispielsweise aus ehrlichem Interesse um die Dame gefochten hätte, hätte es den absehbaren Ausgang der Geschichte wenigstens um eine gewisse kreative Note bereichert. Und Sickingen hätte dann auch einen wirklich ernst zu nehmenden Gegner gehabt, nicht nur um der klassischen gut-böse Dramatik willen, sondern auch aus charaktertechnischer Sicht. Zwei Dinge gehören an dieser Stelle noch besonders genannt. Zum einen tat er es seinem Kollegen gleich und schleppte sich, nachdem er verloren hatte, so wunderbar theatralisch vom Platz, dass man die Ausspielaktion der beiden definitiv feiern muss. Das andere aber war der Augenblick in der Sonntagsshow, als die Herren nach dem Ritterschlag ihre Wappenröcke anzulegen hatten. Er schien leider nicht sonderlich bewandert darin, sich zu gewanden und musste erst einmal von Friedrich von Leiningen und Hugo von Metternich angezogen werden. Dies führte bei dem Pfalzgrafen zu einigen unfreundlichen Bemerkungen und bei allen beteiligten Herren zu diversen unfassbar herrlichen Entgleisungen in der Mimik. Man fühlte mit dem Herrn von Leiningen, als der sich einen Facepalm nicht versagen konnte. Außerdem zog diese Aktion eines der besten Bonmots der Show nach sich, als sich die Gräfin, nachdem ihr der Herr von der Pfalz als vermeintlich zukünftiger Gatte präsentiert worden war, darüber mit den Worten entrüstete: „Das kann nicht Euer Ernst sein! Soll ich ihm denn jeden Morgen noch sein Leibchen anziehen?“

Nachdem diese Übermacht an Gegnern abgehandelt worden ist, wende ich mich nun den Guten zu. Auf dieser Seite standen allerdings leider nur zwei Herren.
Zuerst einmal Karel Hajek als Hugo von Metternich auf Flash. Ich bin mir nicht sicher, ob es beabsichtigt war, dass der Charakter dieses Mal den Namen gleich zweier Alkoholika auf sich vereinte, (in einer anderen Show war er „nur“ ein Otto von Pilsen) wenn ja war es jedenfalls sehr schön gemacht und passte perfekt zu der Rolle. Dieselbe verhielt sich wie folgt: Dieser Ritter saß bei seinem Einritt nicht nur falsch herum auf seinem Pferd und hatte den Anschein, er habe vor dem Turnier noch einmal ordentlich zu tief in den Krug geschaut, nein er führte diesen auch anstelle einer Lanze mit sich und musste von dem Herold und dem Persevanten erst einmal richtig herum auf sein Ross gesetzt werden. Und auch im späteren Verlauf, sei es, als er die Becher zuerst leerte, bevor er sie heischte, sei es, dass er bei einem Exerzitium mit einem Holzschwert anstatt eines stählernen antrat, er blieb der Komik der Rolle treu. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass das komödiantische Talent Karel Hajeks absolut phänomenal ist. In anderen Shows war dies ein großartiges Element, das so gefeiert wurde, wie es ihm zusteht. Hier aber wirkte es etwas fehl am Platze. Wiewohl der Herr von Metternich zumindest in den Reihen hinter mir einen Fanclub zu haben schien und das Publikum durchaus amüsiert wirkte, war er doch nicht wie bei anderen Gelegenheiten der absolute Liebling. Außerdem tat es der Show nicht wirklich gut. Da die Bösen derartig in der Überzahl waren und man den Herrn von Metternich, obwohl er schließlich nicht schlechter kämpfte und ritt als alle anderen, nicht wirklich ernst nehmen konnte und wohl auch nicht sollte, fiel dieses Ungleichgewicht sehr auf. Die Jungfrau in Nöten hatte ohnehin schon wenig Unterstützer und so war es nicht von Vorteil, einen der zwei auch noch zu einer nicht ernst zu nehmenden beinahe Witzfigur zu machen. Das funktioniert, wenn der Grundton der Show eher humorvoll ist, aber hier, wo eine durchaus ernste Geschichte zugrunde gelegt wurde, passte es einfach nicht so gut. Zwar hatte er auch einige Lacher auf seiner Seite, aber die Rolle wurde bei weitem nicht so gefeiert und kam in diesem Setting bei weitem nicht so gut an wie anderswo. Wenn die Idee dahinter gewesen sein sollte, den Helden der Geschichte noch mehr in den Mittelpunkt zu rücken, so hätte es dafür bessere Methoden gegeben.
Dieser Held war Franz von Sickingen, dargestellt von Andreas Wolter auf Apollo. An sich hat er die Rolle soweit überzeugend verkörpert, zumindest den Helden nahm man ihm insgesamt gut ab, am zweiten Tag übrigens besser als am ersten. Was er indessen überhaupt nicht glaubwürdig spielen konnte, war die Rolle des schmachtenden Verehrers der Gräfin, ganz gleich wieviel Süßholz er sich Mühe gab zu raspeln. Dafür fehlt ihm einfach ein gewisser warmherziger Charme, eine gewisse augenzwinkernde Leichtigkeit, und auch die schauspielerische Flexibilität. Das hätten wahrscheinlich mit dieser Dame Thomas Płodzień oder, mit einer anderen, nicht ganz so blutjungen, Darstellerin der Jungfrau in Nöten, auch Michael Cornély oder Peter Luckau jeweils auf ihre Art weit überzeugender darstellen können. Was mich an der Rolle von Sickingens indes richtig gestört hatte war, dass dieser, zur Krone der Ritterlichkeit erklärt, sich dennoch nicht an die Anweisungen und Regularien im Turnier hielt, sondern nicht nur bei einem, sondern bei direkt zwei Exerzitien dagegen verstieß. Erst stach er drei anstatt zwei der brennenden Ballons ab, was man ihm noch nachsehen könnte, denn „der Ritter der Fünf“ (das Wappen zierten 5 silberne Punkte) vermag möglicherweise nicht über zwei hinaus zu zählen, aber dann gegen die ausdrückliche Anweisung den Ritt durch das brennende Tor zu machen war einfach zuviel. Das störte doch reichlich das Narrativ des edelsten und redlichsten unter den Rittern. Und hier war der Pfalzgraf in meinen Augen auch vollkommen zu Recht ungehalten. Man mag sich fragen, ob hier der Ausspruch „Ich bin sickig!“ seinen Ursprung nahm. Allerdings hätte dieses doch reichlich unehrenhafte Verhalten dem Herold immerhin einen Auftritt ermöglicht, und mit Sicherheit auch ein schönes Wortgefecht, wenn er denn zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch den Versuch unternommen hätte, auch einmal zu Wort zu kommen. Andererseits war der Pfalzgraf hier auch nicht konsequent, sondern hat ihn dann schließlich nach der ersten Verwarnung, die von Sickingen gekonnt ignorierte, einfach machen lassen, nur um ihn am Ende als edelsten Ritter zu bezeichnen. Ja natürlich ist das alles der Geschichte geschuldet, war in sich allerdings nicht wahnsinnig logisch und auch nicht rund, obwohl es insgesamt trotzdem unterm Strich gut funktioniert hat. Was bei Andreas Wolters Spiel bei allen Rollen auffällt, ist, dass sie sich in ihrem ganzen Gebaren und auch in der Intonation wenig bis gar nicht unterscheiden und immer sehr hart und kühl daherkommen. Da macht es wenig Unterschied, ob er den Helden oder den Antagonisten spielt, zumal bei großen Veranstaltungen wie hier. Wenn man bei einem Bösewicht eine starre Mimik und eher harsche Stimme noch sehr passend finden kann, macht das bei einem Guten, der zwangsläufig Sympathieträger sein muss, die Sache sehr schwer, ganz besonders dann, wenn er auf der Gegenseite Kollegen hat, die sich aufgrund ihrer Art wesentlich besser zum besagten Sympathieträger eignen. Das führte meiner Meinung nach auch dazu, dass er als Verehrer der Gräfin ziemlich unglaubwürdig wirkte. Der Bruch zwischen seinem sonstigen Gebaren und den Versuchen, ihr den Hof zu machen, war einfach zu krass. Ganz gleich wie hübsch er sich ausdrückte, man wollte es seinem Gesichtsausdruck oder Tonfall einfach nicht abnehmen, dass er an der Dame auch nur das geringste Interesse gehabt hätte. Bei dieser Show waren aus diversen bereits genannten Gründen keine weiteren ernst zu nehmenden Sympathieträger dabei, was in meinen Augen wesentlich dazu beitrug, dass der Held hier keinen Schiffbruch erlitten hat. In der Samstagsshow war es noch auffälliger, da Andreas Wolter hier regelmäßig Zustimmung und Applaus des Publikums einfordern musste. Auch das ist eines der Beispiele. Wo andere zum Applaus einladen, hinterlässt er immer den Eindruck er fordere und dieser Forderung möchte man mitunter nicht allzu gerne nachkommen. Das mag damit zusammenhängen, dass er sich hier wahrscheinlich einem größeren Druck ausgesetzt sieht, eine hervorragende Show abzuliefern, dem Spiel tut es nicht jedenfalls wirklich gut. In kleineren, entspannteren Settings ist er im Gegenzug hierzu deutlich gelassener, offener und einnehmender, ironischerweise sogar besonders als Böser. Wenn sich nur ein wenig davon in die guten Rollen transportieren ließe, wäre schon viel gewonnen. Allerdings fällt dies nur so sehr auf, wenn man die Akteure bereits in mehreren Rollen gesehen hat. Was möglich gewesen wäre zeigte er in einem wirklich amüsanten Augenblick der Selbstironie am Ende der Show, als er, frei nach dem Motto mein Auto, mein Haus, meine Frau mit seiner erstrittenen Dame am Arm darüber philosophierte, dass er eine neue Burg bauen wollte damit IN DIESER Reihenfolge, sein Pferd, sein Schwert und seine neue Gemahlin eine angemessene Unterkunft hätten, was die Dame nicht zu Unrecht mit den Worten kommentierte: „Schön dass ich in der Reihenfolge vorkomme.“ Dies allerdings quittierte er mit der klugen Selbsterkenntnis und hier hörte man auch die besagte (Selbst-) Ironie „Ja verzeiht, ich bin ein Mann.“. Dass er den Vorschlag macht, diese neue Burg Rheingrafenstein zu nennen, die im Übrigen durchaus real existierte und deren Ruine vom Plan aus zu sehen war, könnte man zum einen natürlich als dem Ort des Spiels selbst geschuldet betrachten, allerdings wäre es auch noch einmal ein schöner kleiner Tritt in den Hintern des Pfalzgrafen bei Rhein, dessen Beteiligung erst zu dieser Verbindung führte.

Das Fazit
Auch wenn ich in meiner Kritik vielleicht mitunter etwas böse klinge, möchte ich das nicht so verstanden wissen. Es ist doch insgesamt, das ist mir wohl bewusst, Jammern auf echt hohem Niveau. Zwischen der Show aus Broich, über die ich mich ja auch schon des Längeren und Breiteren ausgelassen habe, und dieser liegen definitiv, in ihrer Gesamtheit und dem Eindruck, den sie hinterlassen hat, Welten. Auch wenn es vielleicht in den Details noch Raum zu Verbesserung gibt, war diese Show insgesamt nicht nur sehens- sondern auch lobenswert. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal den Plot der Show, der anlässlich des Todesjahres Franz von Sickingens diesem die Heldenrolle zuteilte und unglaublich stimmig und mitreißend umgesetzt war. Soweit ich mich erinnere, war das, sowohl was Komplexität als auch Inhalt angeht, mit eine der bemerkenswertesten Shows, die ich von stuntpferde.de je gesehen habe.
Nach diversen Shows, in diversen Settings und mit diversen Zusammensetzungen der Akteure, Reiter wie Pferde, möchte ich am Ende der Saison und nach vier Rezensionen abschließend dies noch sagen. Ich habe den größten Respekt vor der Leistung aller Beteiligten, seien sie irgendwo namentlich genannt oder waren unbekannterweise hinter den Kulissen tätig. Was die Truppe da regelmäßig auf die Beine stellt, ist der Hammer. Und es mag in der Natur der Dinge liegen, dass man sich immer irgendwo verbessern kann, aber in jedem Falle bleibt abschließend dies als Gesamtfazit des Jahres 2023: Wer die Gelegenheit hat, sich die Shows der Truppe anzusehen, der möge dies bitte tun, denn ich kann sie uneingeschränkt empfehlen.

Autor:

Felicitas Zoch aus Gelsenkirchen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.