Aktuelle Kunstausstellung
„Märchen“ von Philipp Fröhlich in der Kunsthalle Barmen in Wuppertal, 3.6.21 bis 1.8.21

Kinder _ Rattenfänger von Hameln | Foto: Copyright: Philipp Fröhlich
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  • Kinder _ Rattenfänger von Hameln
  • Foto: Copyright: Philipp Fröhlich
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Erzähl mir doch keine Märchen - ich glaube nur was ich sehe!
So möchte man antworten, wenn man eingeladen wird, sich als Erwachsener von heute auf die allseits bekannten Kinderthemen ein zu lassen.

Philipp Fröhlich lässt in rund 100 präsentierten Gemälden die bekannten Schlüsselmotive mit den Augen prüfen und die Phantasiewelt nochmals durchwandern!

Endlich wieder Kunst genießen - märchenhaft! Die corona-konforme Ausstellung wird finanziell ermöglicht vom Kunst- und Museumsverein Wuppertal und der Brennscheidt Stiftung.

Der international bekannte Maler Philipp Fröhlich (*1975) ist der Einladung von Dr. Roland Mönig, dem neuen Direktor des Von der Heydt-Museums und Geschäftsführer des Kunst- und Museumsvereins nach Wuppertal gefolgt und präsentiert in der Kunsthalle Barmen seinen neuen Bilderzyklus.

Seit 2017 entdeckt und verarbeitet Ph. Fröhlich die Märchen der Brüder Grimm, von Charles Perrault oder Georg Büchner für sich wieder neu. Aus den altbekannten Geschichten isoliert und interpretiert er malerisch prägnante Szenen, die zum Ausgangspunkt seiner Malerei werden.

Fröhlich sagt, er sei auf die Märchen gekommen, weil er sich gefragt habe, ob es heute noch möglich sei, narrative Bilder zu malen. Wesentliche Voraussetzung für erzählendes Malen sei ein weithin bekannt Thema. Märchen hätten per se eine sehr bildhafte Sprache und zumindest die großen Märchen seien in internationalen Kulturkreisen bekannt.
Schon seine Arbeitsweise ist besonders:
Fröhlich erläutert, dass er zunächst seine Bilder vorbereite, indem er reale Modelle der Szenerie baue. Beginnend mit Notizen und Vorstudien entwickele er teils aufwendige Modelle mit Raumsituationen aus Gebäuden, Bäumen und Figuretten, anhand derer er die spätere Bildkomposition in verschiedenen Beleuchtungsvarianten, erprobe. Auch an Fotos der Szenerien erprobe er die Wirkung und den optimalen Bildaufbau.
Eine Herangehensweise, die aus der Erfahrung resultiert, dass Fröhlich bis 2002 Kunst in der Bühnenbildklasse von Karl Kneidl an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat. Manchmal seien die Modelle aber auch ganz rudimentär, so reiche eine Tischkante als "Fläche" und eine Lampe als "Lichteinfall".

Aus dem langsamen und durchdachten räumlichen Aufbau-Prozess leitet sich die hypnotische Atmosphäre seiner Gemälde ab.
Auf riesigen Leinwänden entstehen bühnenhaft wirkende Gemälde. Präziser und kühl anmutender Realismus mischt sich mit weichen malerischen Effekten – ein in den Bann ziehendes Vexierspiel zwischen Realität und Fantasie.
"Mich interessiert gerade eine interpretative Herangehensweise besonders", so Fröhlich.
In den großformatigen Bildern konkurrieren Details und perspektivisch Größeres. Fröhlich spielt mit Unschärfe und Präzision, Ebenen verschmelzen. Der Blick des Betrachters wird gezielt gelenkt - jedes Bild erzählt, wie eine in sich geschlossene Theateraufführung.

Fröhlich erläutert, dass er mit einer "gemalten Unschärfe" arbeite, das heißt, die Ölfarbe werde in Schichten aufgetragen, wobei die größte Helligkeit in die obere Schicht komme. Diese Unschärfe der Figuren ermögliche es dem Betrachter, sich mit der Situation zu identifizieren.
Von nahem betrachtet sei das Bild nicht fotorealistisch glatt sondern zerfalle in seine Bestandteile, nämlich deutlich sichtbare Pinselstriche.
Die von weitem funkelnden "güldenen Sternlein" entpuppen sich von nahem als die gemalten Impressionen von golden lackierten Insekten auf Stacheldraht.
Der Irrtum der Protagonisten im Märchen übertrage sich so als Irrtum auf den Betrachter.

Der Museumsleiter Dr. Roland Mönig weist darauf hin, dass der Künstler indem er dem Narrativ der Märchen folgt, ein beunruhigendes und obsessives Universum schafft, in dem das Greifbare der Realität, die wir sehen, durch die Instabilität des Bildes in Frage gestellt wird.

Dr. Mönig erläutert, dass sowohl die romantische Landschaftsmalerei wie auch die Tradition der Märchenerzählung im 19. Jahrhundert verwurzelt sind. In seiner Malerei versetze Philipp Fröhlich beides in die Jetztzeit.
Die "Akteure" wie z.B. Hänsel und Gretel sind bei Fröhlich gekleidet wie Menschen des 21. Jahrhunderts, und auch die nahezu fotorealistisch gemalte Naturszenerie widerspricht klar dem Anti-Modernismus, den man mit Märchenerzählungen verbindet. Während wir uns mit den Figuren der Bilderbücher unserer Kindheit noch identifizieren konnten, agieren die Protagonisten bei Fröhlich in einer merkwürdigen Distanz zum Betrachter. Die riesigen Leinwandformate vermitteln dem Betrachter das Gefühl, selbst Teil der Szenerie zu sein.
Fröhlich sagt dazu, die dichte Hängung der 13 großformatigen Bilder etwa zu "Hänsel und Gretel" solle in der Wirkung den Betrachter umzingeln als ob er selbst mitten im Wald stehe. So sei auch in jedem Bild der Aufbau derart angelegt, dass der Blick ins Bild zieht und dort hinein in Abgründe, Höhlen, Hausecken oder dergleichen.
Fröhlich fasziniert die Düsterheit der Erzählungen von Hunger, existenzieller Bedrohung, Ausweglosigkeit und Rettung. Dies spiegelt sich in den Farbgebungen seiner Bilder. Es dominieren bläuliche Farbspektren, extreme Hell-Dunkel-Effekte mit sich auflösenden Farbräumen. Dazu eine satte Farbigkeit wie in frühen Farbfilmen - jeweils eine maximale Skala.
Philipp Fröhlich tut etwas für uns indem er seine "Märchen" erzählt: Altes wird wieder neu, Ängste verlieren ihre Schrecken, Vertrautes beruhigt und muntert auf, Emotionen brechen zaghaft wieder hervor.
Aber er tut auch etwas für die Daseinsberechtigung der "alten" Malerei als solche im Spannungsfeld zu den "neueren" technischen Medien: Fröhlich transformiert die Disziplin der Malerei ebenso wie die alten Märchen in die Jetztzeit der kinematografischen Bildsprache und der virtuellen Realität. Aus ganz alt wird so ganz frisch und neu!

Zur Ausstellung ist ein aufwändiger Katalog erschienen (149 S., mit Texten von Roland Mönig und Martin Germann, Verlag Kettler / Preis: Online-Shop Von der Heydt-Museum 38 €)
Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag : 14 - 18 Uhr, Samstag, Sonntag : 11 - 18 Uhr
Eintritt : 3 € und Ermäßigungen, Eintrittskarten mit Zeitfenster müssen vorab verbindlich gebucht werden über www.wuppertal-live.de
Öffentliche Führungen finden vorerst digital statt.

Die Verpflichtung, vorab ein verbindliches Zeitfenster zu buchen gilt für alle Besucher*innen, auch für KMV-Mitglieder. Ein negativer Corona-Schnelltest sowie das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes ist verpflichtend. Eine Registrierung vor Ort zwecks Zurückverfolgbarkeit ist erforderlich. Bitte beachten Sie aktuelle Bestimmungen. Online- und Zeitfenster-Tickets: www.wuppertal-live.de

"Es war einmal ..." Einführung in die Ausstellung per Zoom Donnerstag, 3. Juni, 11.30 Uhr / Donnerstag, 1. Juli, 11.30 Uhr / Donnerstag, 29. Juli, 11.30 Uhr, Teilnahme kostenlos, begrenzte Teilnahmeplätze; verbindliche Anmeldung per Email unter anmeldung@kmv-wuppertal.de
Programm: Künstlergespräch mit Philipp Fröhlich Sonntag, 13. Juni, 15 Uhr
Märchenlesung mit Olaf Reitz Samstag, 26. Juni, 15 Uhr
Dialog in Bewegung: Kunstvermittlerinnen begleiten Besucher:innen nach dem Rotationsprinzip durch die Ausstellung und stehen für Fragen zur Verfügung Sonntag, 20. Juni, 12-15 Uhr Sonntag, 11. Juli, 12-15 Uhr Familienführung „Märchenstunde“ Sonntag, 27. Juni, 15 Uhr
Sollten die Veranstaltungen vor Ort aufgrund der Pandemielage nicht möglich sein, werden die Angebote als digitale Formate (per Zoom) durchgeführt.

Autor:

Dorothea Weissbach aus Oberhausen

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