Gedenken geht auch kreativ: Wambeler Europaschüler bereichern Kranzniederlegungen mit ihrer Aktion "Namensziegel"

Nach aufwändiger Recherche schufen die Europaschüler die Säule mit den Namensziegeln. Am Volkstrauertag beteiligten sich die Neuntklässler zudem mit dem Totengedenken und den von ihnen niedergelegten Blumen an den offiziellen Gedenkfeiern. | Foto: Günther Schmitz
  • Nach aufwändiger Recherche schufen die Europaschüler die Säule mit den Namensziegeln. Am Volkstrauertag beteiligten sich die Neuntklässler zudem mit dem Totengedenken und den von ihnen niedergelegten Blumen an den offiziellen Gedenkfeiern.
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Der kreative Ansatz scheint gelungen, die städtischen Gedenkfeiern zum Volkstrauertag auch für Jüngere ansprechender und zeitgemäßer zu gestalten.

Zwei neunte Klassen der nahgelegenen Europaschule haben − gemeinsam mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge − auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg einigen der hier anonym beigesetzten sowjetischen Opfer, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, mit der Aktion „Namensziegel“ ihre Identität zurückgegeben.

Manche Nazi-Opfer waren kaum älter als die Neuntklässler

Die eingravierten Lebensdaten erschrecken: Manche Opfer der Nationalsozialisten waren zum Zeitpunkt ihres Todes meist nur wenig älter als die Neuntklässler der Europaschule heute, die vor ihren Gräbern stehen!

Die Wambeler Gesamtschüler erinnerten jetzt nicht nur an diese sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter. Sie gaben zumindest einigen der auf dem so genannten Ausländerfriedhof am Rennweg einst anonym Beigesetzten mit den 40 von ihnen gravierten Tontafeln auf einer rund zwei Meter hohen Säule ihre Namen und damit auch ihre Würde zurück. Und die Gedenkfeiern zum Volkstrauertag auf dem Haupt- und dem Internationalen Friedhof haben die Schüler wohl gleich ein wenig mit von ihrem angestaubten Image befreit.

Auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg

In Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge war der kreative neue Ansatz des offiziellen Gedenkens zum Volkstrauertag in Dortmund erabeitet worden. Während ein Chor des Heinrich-Heine-Gymnsiums musikalische Akzente setzte, präsentierten die Schüler der Klassen 9 a und 9 c der nahgelegenen Europaschule auf dem Internationalen Friedhof nicht nur das handwerkliche Ergebnis ihrer aufwändigen Recherche von Einzelschicksalen nach dem Vorbild der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Die Gesamtschüler sprachen das Totengedenken für die Opfer und legten rote Blumen nieder.

Im Vorfeld hatten die Europaschüler an einer Führung über den Dortmunder Hauptfriedhof (der direkt gegenüber ihrer Schule liegt) mit seinen über 9000 Kriegstoten teilgenommen. Anhand von Personalkarten hatten die Neuntklässler die Lebensumstände von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die in der Umgebung von Dortmund gearbeitet hatten und gestorben waren, nachvollzogen. Diese Recherche mithilfe von historischen Quellen war für die meisten Schüler ein interessantes Novum. Ausstellungsbesuche zum Thema Zwangsarbeit auf der Zeche Zollern und in der Dokumentationsstätte Steinwache vermittelten ihnen ein möglichst umfassendes Bild der Situation von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in der Region.

Fortsetzung soll folgen

Nachdem die Namensziegel im Rahmen der Volkstrauertagsfeier gezeigt und symbolisch auf den Gräberfeldern niedergelegt wurden, sollen diese entweder fest auf dem Friedhofsgelände oder aber auf dem Gelände der Schule in einer „Ecke des Gedenkens“ aufgestellt werden.

Angedacht ist, dass die Europaschule das Projekt auch in den Folgejahren fest ins Schulprogramm integriert und damit weitere Klassen die Möglichkeit erhalten, sich mit dem Gedenk-, Lern- und Forschungsort Hauptfriedhof und der Thematik von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit auseinander zu setzen. Falls das gelingt, kann die Idee der Namensziegel jährlich weiter wachsen, denn von den über 5000 sowjetischen Kriegstoten auf dem „Ausländerfriedhof“ sind über 1000 namentlich bekannt, so dass noch viele Ziegel erstellt werden können.

Kranzniederlung am Ehrenmal auf dem Hauptfriedhof

Zuvor hatte Dortmunds Bürgermeisterin Birgit Jörder am Ehrenmal auf dem Dortmunder Hauptfriedhof einen Kranz zur Erinnerung an die Opfer beider Weltkriege und des Nationalsozialismus niederlegt. Ein bitterer Beigeschmack bleibt: Rund zehn Prozent der 300 Teilnehmer waren Rechtsextreme. 

Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

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