Weihnachtswort von Superintendentin Marion Greve: Gott braucht uns als Friedensstifter

Pfarrerin Marion Greve, Superintendentin der Evangelischen Kirche in Essen. Pressefoto: Alexandra Roth/Kirchenkreis Essen
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Die Geschichte der Heiligen Nacht ist eine Liebesgeschichte: Mach´s wie Gott – werde Mensch. Und dieses Menschsein gilt im Miteinander an 365 Tagen im Jahr. Das ist die frohe Botschaft, von der die Weihnachtspredigt erzählt: Wir sind an den anderen 364 Tagen auch für Sie da! Was das heißt? Es bedeutet, Hoffnungen, Lieder, Erfahrungen weiterzureichen und mutig die zweitausend Jahre alten biblischen Erfahrungen in unsere Gegenwart zu übersetzen. Das Schönste am Prozess des Übersetzens ist es, dass auch die Fehler und Irrtümer nützlich sind, weil sie helfen, nicht nur die anderen, sondern auch sich selbst besser kennenzulernen. Wir feiern Weihnachten ja nicht allein, weil Feiern so schön ist. Das ist es durchaus, so dass wir die diesjährige lange Adventzeit genießen können. Es ist aber nicht alles.

"Wir feiern die Hoffnung, dass Gott nahe ist"

Wir feiern immer auch mehr. Die Hoffnung, dass Gott nahe ist und Unheil zum Guten wendet. Wir feiern die Lust an der Vielfalt, am genauen Beobachten und Differenzieren. Wir feiern, dass wir vom Heiligen Abend aus an 364 Tagen des Jahres auf andere zugehen können. Ich persönlich feiere in diesem Jahr Weihnachten im Respekt vor der Individualität und Einzigartigkeit jedes Lebens. In der Gewissheit: Ich muss nicht genauso leben und glauben wollen wie alle anderen. Aber ich darf und will erzählen von dem, was mich trägt und woran mein Herz hängt. Ob wir uns im Grillo-Theater oder im Stadion bei Rot-Weiss Essen begeistern, ob wir fasziniert auf die Friedensbotschaft der Engel hören, Chanukka feiern oder den friedlichen Worten des Propheten Mohammed folgen: Es ist die Vielfalt, die bereichert. Carolin Emcke, die in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten hat, beschreibt in ihrem Buch „Gegen den Hass“ zu Recht, dass die gelebte und respektierte Vielfalt der Anderen nicht nur deren Individualität schützt, sondern immer auch meine eigene. Am Heiligen Abend - und an 364 Tagen im Jahr.

"Hört einander zu, bemüht euch darum, den anderen zu verstehen"

Mach´s wie Gott – werde Mensch: Höre aufmerksam hin auf die Verletzungen und Geschichten der Geflüchteten und Fremden, darauf, welche Erinnerungen ihre Erzählungen bergen. Weihnachten 2016 als Hoffnungsfest einer offenen und vielfältigen Gesellschaft – das wird nur gelingen, wenn wir einander zuhören, wenn wir verstehen wollen, woher der oder die andere kommt, woran sie glaubt, worauf sie hofft. Das war und ist nicht immer einfach. Jede Begegnung birgt immer das Potential in sich, etwas zu entdecken, das beglückt – genauso wie zu entdecken, was einem widerstrebt und verstört.

"Gott kommt - als Kind, verletzlich und bedürftig"

Die Geschichte der Heiligen Nacht als Liebesgeschichte erzählt von der Menschwerdung Gottes: Gott kommt in jedem Kind zur Welt! Gott kommt. Nicht als Kriegsfürst, nicht als Milliardär. Nicht als Präsident. Er kommt als Kind, arm, schutzlos, und bedürftig. Darauf will ich hoffen und diese Hoffnung mit Ihnen teilen. Natürlich hat mich der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt, der jetzt so viel Tod und Leid nach sich zog, erschüttert – wie alle anderen extremistischen Anschläge zuvor.

"Tragt Friedenslichter zu euren Nächsten"

Das Weihnachtsfest zu feiern heißt in diesem Jahr deshalb für mich auch: mich nicht gewöhnen an das, was ist. Meine Stimme erheben für den Frieden, gegen alle, die unbeirrt auf Terror und Gewalt versessen sind. Es kommt der Friedefürst – wir dürfen uns auf keinen Fall vom Hass überwältigen lassen! Denn sonst haben die Terroristen gewonnen. Allen vorschnellen Schreien nach Vergeltung und Rache können und müssen wir die Friedensbotschaft Jesu entgegenhalten. Der Friedensbringer will uns als seine Friedensboten, jeden und jede einzelne: in Essen, in Berlin, in Bethlehem, in Gaza, in Tel Aviv. Überall braucht es Menschen, die Nein sagen von Weihnachten her. Die sich zu einem Chor des Friedens zusammentun: FRIEDEN AUF ERDEN! Oder, anders ausgedrückt: Mach’s wie Gott – werde Mensch. Und trage als ein solcher das Friedenslicht ganz persönlich zu deinem Nächsten.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest, trotz allem.

Marion Greve
Superintendentin von Essen

Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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