Kunstfabrik für Ex-Knastis bald verriegelt....?

O Gott, liegt das Kind im Sterben? Das noch nicht einjährige „Baby“ von Reimund Neufeld scheint wegen „Futterneid“ zu ersticken. Der Chef des einzigartigen Modells – Ex-Inhaftierte in der Essener Umbra-Kunst-Fabrik vor dem Rückfall zu bewahren durch Resozialisierung mittels Kunst – steht mangels Masse an „Moos“ und wegen „Futterneid“ vor dem Finanzkollaps; und der Boss vor Aufregung kurz vor dem Zusammenbruch…

Wie kann ein so hoch gelobtes engelgleiches Highlight im Ex-Pfarrhaus, Martin-Luther-Straße, es nicht schaffen, festen Fuß bei den Verbänden zu fassen? Wo Lobestöne über das Vorbild-Unternehmen gar aus dem Kanzleramt kamen. Angela Merkel, Schirmherrin von startsocial, lud vor Wochen Reimund Neufeld samt Kompagnon, Peter Aleweld, nach Berlin ein, da sie beim Wettbewerb „Engel gesucht“ mit ihrem Knast-Kunst-Kraft-Akt unter 500 Bewerbern zu den 25 Bundessiegern zählten.

Lobeshymnen! Die kennt, hört Neufeld täglich. Davon kann er aber nicht leben! Was ihm fehlt sind Euro. Seit Herbst vergangenen Jahres wartet er auf eine schriftliche Zusage des Kostenträgers, die ihm mündlich versprochen wurde. „Wir brauchen dazu ein weiteres Standbein vom Paritätischen Wohlfahrtsverband“, wurde Neufeld aufgeklärt. Tja, die Verbände kommen aber auch nicht in die Pötte. Was läuft da falsch…

„Jetzt kämpfen wir schlicht um die Existenz. Ein frostiger Wind weht uns entgegen seitens der Konkurrenz“, so sieht es mittlerweile Neufeld. Lenkt ein. „Wir haben ein wunderbares Netzwerk. Das geht bundesweit.“ Fakt ist, feste Geldgeber fehlen. Noch zahlt Neufeld die monatliche Miete, ca. 1100 €, plus Umbra-Kosten aus eigener Tasche.

Vor Monaten stellte der Landschaftsverband Rheinland die sogenannte institutionelle Förderung in Aussicht. Eine Anschub-Finanzierung, wenn die Rahmenbedingungen erbracht sind. Sprich, die Mitgliedschaft in einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Davon gibt es sechs: Caritas, Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, die Jüdische Gemeinde. „Wahrlich ein langer Lämmerschwanz fing an. Unsere Angaben wurden geprüft. Mehr gefordert. Nachgereicht. Neues verlangt, ausgefüllt, verschickt… Wir machten unsere Hausaufgaben. Die Auflagen stapelten sich…“

Neufeld bekam den Tipp, sich an den Dachverband VdAB Verband deutscher Alten- und Behindertenpflege, Essen-Kettwig, zu wenden. „Innerhalb von 24 Stunden war ich Mitglied. Euphorisch rief ich den Vorsitzenden Amtsleiter des LVR an. Hurra! Jetzt haben wir einen Dachverband!“ Antwort: Das ist wohl ein Dachverband, aber kein Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege…Wir konnten wieder abdackeln.“

Glück huscht weg. Obwohl vier weibliche Ex-Häftlinge auf Neufeld und seine heiße Hilfe hoffen, sie alle vom Kunst-Projekt restlos begeistert sind. „Weitere fünf Frauen stehen auf der Warteliste. Wer hätte gedacht, dass die Behörden mich so verhungern lassen. Obwohl der LVR-Amtsleiter immer wieder beteuert: Herr Neufeld, wie sie das hier bewerkstelligen, beeindruckt mich stark: Human, unbürokratisch…“

Der Umbra-Initiator erinnert an die Notaufnahme von Sabine. Die 38-jährige, zwei-fache Mutter, saß fast zehn Jahre wegen Totschlag. „Die war anfangs sehr, sehr schwierig; würde nicht mehr leben! Wir haben Blut und Tränen vergossen. Mittlerweile fand sie eine eigene Wohnung. Ist nicht mehr in der Notaufnahme sondern im Ambulant Betreuten Wohnen. Wir sind gerade dabei, ein Hörspiel zu produzieren nach einer Erzählung von ihr.“

Unterm Strich? „Alle Zusagen ziehen, zählen nicht. Gelder für Notaufnahmen stehen aus. „Bis jetzt habe ich keinen Cent gesehen. Nur Behörden-Pingpong gespürt!“ Unterstützun erhoffte sich der Idealist auch von Britta Altenkamp, Landtag sowie AWO-Vorsitzende Niederrhein. „Begeisterte Worte fielen.“ Hilfe? „Erst hieß es: Wahl. Dann Regierungsbildung. Jetzt Urlaubszeit…“

Sollte sich das Aufnahmeverfahren weiter wie Kaugummi in die Länge ziehen, ist Neufeld in wenigen Wochen finanziell kaputt. Dann stirbt die aufkeimende Hoffnung von „ausgegrenzten“ Frauen. Martina K. bestätigt: „Umbra ist für mich eine sehr positive Erfahrung. Ambulant Betreutes Wohnen sieht sonst so aus: Ein Betreuer kommt einmal im Monat mit gequälter Miene vorbei, schaut, ob was los ist. Am besten „nichts“… weil - keine Zeit. Das ist hier überhaupt nicht so. Ich habe einen geregelten Tagesablauf. Erlebe mit Kunst wieder Leben – nicht nur anschauen. Eine super Sache, bei der ich gerne bleiben möchte…“
Info: www.umbra-kunstfabrik.de

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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