Senioren und die Stadtbibliothek entdecken sich gegenseitig

Eine Seniorengruppe aus der Ambulanten Pflege des Ev. Krankenhauses Hattingen war jetzt zu Gast in der Stadtbibliothek im Reschop Carré. Unter der Leitung von Bettina Becker (Fünfte v.r.), Demenz-Expertin der Tagespflege und für Ausflüge zuständig, besichtigten die Senioren zunächst die behindertengerechte Einrichtung, durch die sie von Büchereileiter Bernd Jeucken geführt wurden, und machten sich hinterher am großen Tisch in der Kinderbücherei unter anderem mit neuen Medien bekannt.   Foto: Römer
  • Eine Seniorengruppe aus der Ambulanten Pflege des Ev. Krankenhauses Hattingen war jetzt zu Gast in der Stadtbibliothek im Reschop Carré. Unter der Leitung von Bettina Becker (Fünfte v.r.), Demenz-Expertin der Tagespflege und für Ausflüge zuständig, besichtigten die Senioren zunächst die behindertengerechte Einrichtung, durch die sie von Büchereileiter Bernd Jeucken geführt wurden, und machten sich hinterher am großen Tisch in der Kinderbücherei unter anderem mit neuen Medien bekannt. Foto: Römer
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„Das gab es früher ja alles noch gar nicht“, staunten die Senioren aus der Montagsgruppe der Ambulanten Pflege im Ev. Krankenhaus. Gerade hatten sie unter Führung von Bernd Jeucken, Leiter der Stadtbibliothek im Reschop Carré, die behindertengerechte Einrichtung besichtigt.

Am großen Tisch in einer Ecke der Abteilung mit den Kinderbüchern wurde anschließend das Gehörte und Gesehene aufgearbeitet.
Beispielsweise fragte Bettina Becker, Demenz-Expertin in der Tagespflege, die Senioren, was sie denn früher alles so gelesen hätten. Da wurde der Struwwelpeter genannt und auch Max und Moritz.
Allmählich kam bei einigen der Senioren im Alter von 71 bis etwas über 90 Jahre auch die Erinnerung an Spiele von früher hoch, die auf der Straße gespielt wurden – etwa Kästchen hüpfen. „Und wir haben auch viel Mensch ärgere Dich nicht gespielt“ steuerte eine Seniorin bei. „Da haben wir beim Rauswerfen die Figuren manchmal so weit geschmissen, dass wir sie hinterher suchen mussten.“
Besonders erstaunt waren die Besucher, für die dieser alles in allem (mit anschließenden Eisessen!) gut zweistündige Ausflug von der Waldstraße aus ein großes Abenteuer darstellte, dass so eine Bibliothek heutzutage ja mehr zu bieten hat als „nur Bücher“.
So stellten sie fest: „Hier findet ja jeder etwas. Es gibt Zeitungen, Zeitschriften, CDs mit Musik und Hörbüchern, Filme auf DVDs und auch viele Spiele.“
Bernd Jeucken im Gespräch mit dem STADTSPIEGEL: „Wir haben hier eine Reihe interaktiver Spiele. Die sind eigentlich für Kinder gedacht, aber auch für Senioren durchaus geeignet. Darüber kommt man gut miteinander ins Gespräch. Auch über unsere interaktiven Lernstifte mit Geräuschen. Damit kann man Bücher buchstäblich zum Sprechen bringen.“
Das testeten die Senioren auch gleich aus. Zunächst las eine Seniorin aus dem Buch „Der Grüffelo“ von Julia Donaldson. Mit Illustrationen von Axel Scheffler erzählt es die Geschichte einer Maus, die auf ihrem Spaziergang durch den Wald ein Ungeheuer namens „Grüffelo“ zunächst nur erfindet, dann aber tatsächlich trifft. Nach dem Vorlesen konnten die Senioren die Waldtiere mit einem Lernstift berühren und schon machte die Eule „Huhuuu!“ oder der Fuchs bellte heiser. Und die Senioren staunten.
„Wir würden uns gerne so genannte Erinnerungskoffer anschaffen. Die sind etwa so groß wie unsere bewährten Medienboxen und kosten rund 150 Euro pro Stück“, sagt Bernd Jeucken. „Das Mediensortiment darin ist von Experten speziell zusammengestellt für Menschen, die vielleicht selbst nicht mehr aktiv lesen können. Aber beispielsweise durch einen VW Käfer im Koffer oder einen Kochlöffel wird bei den Menschen etwas ausgelöst und man kommt miteinander ins Gespräch.“
Der Leiter der Stadtbiblio­thek ist der Auffassung, dass auch seine Einrichtung genauso wie andere in der Stadt die Bevölkerungsgruppe der Alten mit ihren besonderen Anforderungen nicht vergessen dürfe – zumal gerade die Stadtbibliothek mit ihrem Medien- und Raumangebot wegen ihrer sehr zentralen Lage gut zu erreichen sei.
„Daher möchten wir auch mit dem Erinnerungskoffer und der Besuchs- und Besichtigungsmöglichkeit hier“, sagt Bernd Jeucken, „uns nicht nur an Einrichtungen wenden, sondern auch an pflegende Angehörige, die Beschäftigungs- und Therapieangebote suchen.“
Anfang September, blickt der Bibliotheksleiter schon ein wenig voraus, werde es im Rahmen der geplanten „Woche der Demenz“ eine Zusammenarbeit mit der „Kiss“ geben, der „Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe Hattingen“ am Kirchplatz 19.
Bernd Jeucken: „Da wollen wir uns einbringen und zeigen, was wir als Stadtbibliothek machen und können. Es wäre schön, wenn wir bis dahin für die von uns gewünschten vier Erinnerungskoffer Sponsoren gefunden hätten. Ich gehe davon aus, dass sich auch unser Freundeskreis der Stadtbibliothek daran beteiligen wird.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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