Von Fake News und Rassismus - Roberto Ciulli inszeniert Othello im Theater an der Ruhr

Othello (Jubril Sulaimon) und Jago (Steffen Reuber) bei einer der letzten Proben vor der Premiere. Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Eine gezielte Intrige führt zur Katastrophe.
Foto: R. Grittner
  • Othello (Jubril Sulaimon) und Jago (Steffen Reuber) bei einer der letzten Proben vor der Premiere. Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Eine gezielte Intrige führt zur Katastrophe.
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„Othello liegt in der Luft“, sagt Intendant Roberto Ciulli und weist auf die erste Premiere der neuen Spielzeit im Theater an der Ruhr hin. Dramaturg Helmut Schäfer stimmt sofort ein: „Und die Luft wird immer dünner.“ Damit spielt er auf einen zeitlosen Inhalt an, der manche Menschen heute atemlos macht.

Shakespeares Anfang des 17. Jahrhunderts entstandener Text zu Othello mit dem Untertitel „Der Mohr von Venedig“ hat gezielt in die Welt und die Gesellschaft gesetzte Falschnachrichten auf dem Schirm, die letztendlich zur Eskalation führen. Gewalt, Mord an einer Frau und offen zutage tretender Rassismus sind die Folge.

Der farbige Othello, in Ciullis Inszenierung von dem Nigerianer Jubril Sulaimon verkörpert, ist stolzer und erfolgreicher Feldherr von Venedig. Er hat in der Lagunenstadt seine neue Heimat gefunden. Er vertraut den Regeln und Gepflogenheiten dieser Stadt, ist trotz seiner Hautfarbe integriert und hat eine sogar herausragende Stellung.

Die heile Welt bricht zusammen

Die vermeintlich heile Welt, die Vertrautheit. bricht aber jäh zusammen, als Othello von seinem Untergebenem, dem Fähnrich Jago, gespielt von Steffen Reuber, „gesteckt bekommt“, dass des Feldherrn Gattin Desdemona (Dagmar Geppert) ihm untreu sei. Das stimmte natürlich nicht, sondern war Strategie. Getreu der Devise „Wirf einen Kübel Dreck über jemanden aus, irgendwas bleibt schon hängen.“

Der Feldherr Othello hatte den Florentiner Cassio bei seiner Beförderung dem Fähnrich Jago vorgezogen. Diese will sich an Othello rächen. Unterdessen hatte Othello heimlich die schöne Desdemona geheiratet, die zuvor den reichen und in der „High Society“ angesiedelten Venezianer Rodrigo abgewiesen hatte. Desdemonas Vater wehrte sich vergeblich gegen die Verbindung mit dem „Mohr“.

Jago und Rodrigo gelingt es, Cassio bei Othello in Misskredit zu bringen, so dass dieser Cassio entlässt. Jago rät daraufhin Cassio, sich an Desdemona zu wenden, damit sie sich bei Othello für ihn einsetze, was sie auch macht, heftig und vehement. Dann lässt Jago die Bombe platzen. Er redet Othello ein, dass sich hinter Desdemonas Fürsprache für Cassio ein Verhältnis der beiden verberge.

Durch Unwahrheit zur Katastrophe

Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Der vor Eifersucht rasende Othello wird schließlich zum Mörder seiner Frau. Der „Farbige“ nimmt sich anschließend das Leben. Cassio wird Feldherr. Rassismus, Gewalt gegen Frauen, Mord: Shakespeare Handlung aus dem Jahr 1604 ist durch Ciulli und Schäfer in die Gegenwart transportiert worden. Helmut Schäfer: „Was man heute Fake News nennt, hieß früher Intrigen“.

Die Intrigen haben die Unwahrheit zur Wahrheit gemacht. Leicht- und Gutgläubige fallen darauf rein. Bis es zur Katastrophe kommt. Die heutige Entwicklung in Europa, so Roberto Ciulli voller Sorge, sei ebenfalls von Liebe und Hass, Gewalttaten, Fremdenfeindlichkeit, Eifersucht und Intrigen geprägt. Das beschäftigt nicht nur die Theaterbesucher. Der Zeitgeist ist allgegenwärtig. Die Inszenierung im Theater an der Ruhr, die am Donnerstag, 20. September, 19.30 Uhr Premiere hat, ist aktueller denn je.

Ciulli und Schäfer sind von Shakespeares Zeitlosigkeit mehr als angetan. In Othello werden existenzielle Konflikte aufgezeigt. Das Weltgeschehen kommt auf die Bühne, die Welt ist eine Bühne. Ciulli kann die Welt mit seiner Inszenierung zwar nicht verändern, aber dazu beitragen, zu diskutieren und vielleicht doch umzudenken.

INFO

Weitere Aufführungen von Othello im Theater an der Ruhr: 21. und 27. September, 6. und 13. Oktober. Karten unter 0208 / 4554114. Dort gibt es auch Infos über das neue Theater- und Konzertabonnement 2018/19. Es bietet sich sechs Veranstaltungen im Halbjahr: Dreimal Theater, zweimal Sinfoniekonzert und einmal Weltmusik.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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