Rat der Stadt Mülheim bleibt handlungsfähig und verabschiedet nun doch einen Haushalt

Kämmerer Frank Mendack wurde für seine Moderation in den Haushaltsgesprächen gelobt.
Foto: Archiv / Walter Schernstein
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„Da darf man mal durchatmen.“ Ein sichtlich erleichterter Oberbürgermeister Ulrich Scholten schloss die Ratssitzung mit einem flammenden Appell, auch zukünftig konsensfähig zu bleiben: „Wenn es allen weh tut, ist es ein ordentlicher Kompromiss.“ Es bleibe dabei: „Wir setzen die Schwerpunkte. Die Stimmung war sehr kontrovers, daher bin ich sehr dankbar, dass wir alle gemeinsam den Weg gefunden haben.“

Nun wurden die Voraussetzungen geschaffen, dass Mülheim 156,8 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt erhalten kann. Eine erste Tranche von 30,7 Millionen Euro war zunächst ausgesetzt worden. Kurzfristig legten nun SPD, CDU und Grüne einen Entwurf vor. Mit den 37 Stimmen dieser etwas anderen „GroKo“ wurde der Haushalt 2018 verabschiedet, bei 17 Gegenstimmen. Die Eckpunkte: Die Verwaltung spart 4,6 Millionen Euro ein. Städtische Flächen werden verkauft, was ab 2019 jährlich jeweils eine halbe Millionen Euro in die Stadtkasse spülen soll. Zur Errechnung der Abwassergebühren soll nun der Aufschlag von 0,5 Prozentpunkten auf den errechneten Durchschnittszins erhoben werden, bisher hatte die Stadt darauf verzichtet. Dies könne bis zu 903.531 Euro im Jahr ausmachen. Die Personalkosten werden um bis zu 700.000 Euro reduziert. Darüber hinaus sollen ab 2020 die Öffnungszeiten der Stadtteilbibliotheken optimiert, bei Ausschüssen, der Umsetzung der Baumschutzsatzung und der Klimaschutzinitiative eingespart und Zuschüsse gekürzt werden. Auch im ÖPNV wurden zusätzliche Sparmaßnahmen eingestellt. Die Aufgabe des Kahlenberg-Astes der Straßenbahnlinie 104 bis 2019 und eine Kürzung im Zehn-Minuten-Takt der Linie 102 sollen jährlich 850.00 Euro einsparen.

„Der Apfel ist mir zu sauer“

Die Atmosphäre in den Sondierungsgesprächen wurde von den Fraktionen als wohltuend harmonisch empfunden, die Moderation durch Kämmerer Frank Mendack gelobt. Er habe mit großem Engagement wieder zusammengeführt, was nicht zusammen zu passen schien. Am Ende bewegten sich die Blöcke aufeinander zu. Der Weg zu einem genehmigungsfähigen Haushalt war für einige zu steinig, wie etwa Ratsherr Hasan Tuncer: „Der Apfel ist mir zu sauer.“ Für den BAMH war laut Jochen Hartmann „nach langen und intensive Diskussionen“ Schluss. Es bleibe völlig unverständlich, dass ein Einstieg aus dem Ausstieg der Subventionen des Theaters an der Ruhr verweigert werde. Auch die FDP hatte erhebliche Bedenken, wie Sprecher Peter Beitz formulierte: „Wir können nicht zustimmen. Es geht nicht, immer nur aufzusatteln bei den Gebühren. Es ist weiterhin kein wirklicher Einsparwille erkennbar.“ Für die MBI erklärte Lothar Reinhard: „Mehreinnahmen bei Abwassergebühren dürfen nicht zur Sanierung des allgemeinen Haushalts eingesetzt werden. Wenn auch noch der Kahlenbergast aus dem Netz genommen wird, müssen auf jeden Fall Fördergelder in zweistelliger Millionenhöhe zurückgezahlt werden.“ Beides verneinte Kämmerer Mendack.

Wichtiges Etappenziel

Die frisch gewählte CDU-Fraktionschefin Christina Kaldenhoff hielt fest: „Das Ergebnis ist ein fairer Kompromiss, der allen beteiligten Fraktionen Opfer abverlangt.“ Die CDU lege Wert darauf, nicht nur Steuererhöhungen zu beschließen, sondern den Haushalt durch Ausgabensenkungen zu konsolidieren. Für die Grünen erklärte Tim Giesbert, ein wichtiges Etappenziel sei nun erreicht: „Unsere Autonomie bleibt erhalten. Es ist ein ausgewogener Kompromiss mit einer Perspektive von Nachhaltigkeit.“ Auch SPD-Mann Dieter Spliethoff zeigte sich erleichtert: „Wir konnten eine Fremdbestimmung von unserer Stadt abwenden. Unsere Gestaltungskraft bleibt erhalten.“ Doch das Chaos rund um die erste Haushalts-Sitzung hat Spliethoff nicht vergessen: „Wir haben nun eine Blaupause, wie man es nicht macht!“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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