Früher im Pott
Ich habe überlebt du auch ?

Ein Stück Seife.
Herrlich wenn sie duftete.
Damals auch als Geschenk willkommen.
  • Ein Stück Seife.
    Herrlich wenn sie duftete.
    Damals auch als Geschenk willkommen.
  • hochgeladen von Gudrun - Anna Wirbitzky

Als wir noch Kinder waren.
Ich bin wie viele von euch ein Kind der 50iger.
Wenn ich mich heute so umschaue frage ich mich zurückblickend,wie konnte
ich nur überleben?
Nach einem Leben zunächst ohne Auto - später ein Leben mit  - ohne
Sicherheitsgurt ohne Kindersitz.

Ich habe überlebt.

Mein Kinderbett selbstgebaut und fantasievoll angemalt sicher mit allem was
schädlich war.
Keine Kindersicherung bei Arzenei und Putzmitteln.
Ungebremst mit Schlitten und Seifenkiste über Hügel und Steine unterwegs.
Selbstgezimmert war die Puppenstube und eigentlich alles was wir hatten -
denn Opa Fritz war Schreiner. 

Ich habe überlebt.

Fahrradhelm was war das denn? 
Unser Leben fand draußen statt,im Dunkeln hieß es, bist du zuhause.
Und wehe nicht ,es gab Schelte oder Stubenarrest.
Wir waren immer pünktlich daheim.
Eine Uhr hatten wir Kinder nicht nur Vater besaß eine.
Telefon, Handy, Smartphone, Flatrate, Internet -Telefon?
Skype, SMS, E-Mail?
Was bitte ?

Ich habe überlebt.

Unseren Durst stillten wir mit der Schnüss vor dem Wasserhahn oder
im freien am Gartenschlauch.
Wir kletterten auf Bäume,liefen irre lange zu Fuß zur Schule.
Unsere Schulausrüstung Griffel ,Tafel und Schwamm.
Manchmal war der Himmel Pütt geschwärzt.

Ich habe überlebt.

Meine Spielsachen waren nicht TÜV - geprüft und die Knopfaugen meines
Teddys habe ich nie verschluckt,obwohl sie mir manches Mal bedrohlich
samt Draht entgegensahen.
Meine Puppe erhielt Weihnachten neue Kleider - ich musste meine auftragen
oder die der großen Schwester.
Ich war ein wildes Kind und hatte stets Abschürfungen und niemand hat
argwöhnisch geschaut.

Ich habe überlebt.

Fastfood gab es nicht ,wir futterten einfach drauflos und blieben rank und
schlank.
Wir Kinder der 50iger.
Wir aßen Zuckerbrot und Rübenkraut und meine Zähne (oh staune) sind noch mit fast siebzig meine eigenen.
Fleisch gab es nur an Sonn - und Feiertagen und beim Metzger gab es noch
Schweineohr und Schwänzchen in den Auslagen.

Ich habe überlebt.

Wir hatten kein Smartphone - keinen Computer - aber echte Freunde hatten wir.
Wir trafen uns und verfehlten uns niemals,wie konnte das passieren?
Wir balgten und rauften, und trugen kleine Kämpfe aus und vertrugen
uns wieder.
Eltern mischten sich selten ein.

Ich habe überlebt.

Wir spielten Halma,Hütchen oder Mensch ärgere dich nicht.
Wir hümpelten,tauschten Glanzbilder, und spielten mit Glasmurmeln.
Wir hockten in der Schulbücherei und verschlangen die Bücher.
Klar,an Ort und Stelle - ausleihen und mitnehmen kostete Geld.

Ich habe überlebt.

Wir 50iger.
Wir wurden bestrickt ,benäht und behäkelt ,unsere Socken waren gestopft
unsere Taschentücher bestickt.
Und den Haarschnitt schuf Vater oder eine Nachbarin.
Man sah es unseren Pony an -  irgendwie sahen wir alle gleich aus.

Ich habe überlebt.

Waren wir krank gab es Lebertran und man steckte uns ins Bett.
Süßigkeiten gab es nur wenig .
Mit 50 Pfennig Taschengeld in der Woche waren wir die Könige.

Ich habe überlebt.

Im Fernsehen gab es grade einmal 3 Programme und das in Schwarzweiß.
Wir waren 1957 die ersten im Haus mit einem Fernseher - denn unser
Onkel betrieb einen Elektrofachhandel.
Im Winter hieß es dann schon einmal Kinderfernsehen mit Lassie.
Aber eigentlich gehörte das Fernsehen den Erwachsenen.
Mein Poesiealbum war mein größter Schatz.

Ich habe überlebt.

Im Sommer wurde im Gärtchen geerntet und alles für den Winter eingeweckt.
Ungewaschen futtern wir das Obst beim pflücken.
Alle zwei Tage kam der Milchbauer brachte die Milch .
Kartoffeln lieferte der Bauer denn es wurde eingekellert.

Ich habe überlebt.

Die Kohlenlieferung:
Die Kohlen mussten in den Keller.
Wir packten alle mit an - war das schon Kinderarbeit?
Der Herd wurde in der Frühe mühsam angemacht ,das machte Vater
er stand als erstes auf.
Wurde es langsam warm in der Küche krabbelten meine Schwester und ich
aus dem Federbett.
Oma hatte Gänse und um unsere Zudeckbetten beneidete uns die halbe
Nachbarschaft.
Selbst gefüllt und richtig warm denn ein beheiztes Schlafzimmer gab es nicht.

Ich habe überlebt.

Im Winter waren unsere Fensterscheiben mit Eisblumen übersät.
Für die Erwachsenen gab es morgens Muckefuck - Bohnenkaffee gestreckt .
Wir Kinder tranken Milch mit dicken Schmand von glücklichen Kühen.
Gebadet wurde einmal die Woche den Rest der Woche wurde sich
ordentlich gewaschen.
Ohren nicht vergessen,seltsam das ich mich gerade an Mutters warnende
Worte erinnere.
Die Badewanne war aus Zink und musste mühsam gefüllt und geleert werden.
Wir halfen alle mit .

Ich habe überlebt.

Zähneputzen war wichtig denn der Schulzahnarzt kam regelmäßig
und ermahnte uns stets.
Vater besohlte die Kinderschuhe selbst ,dass sparte Geld.
Es gab ein paar Schuhe einmal Sommer - einmal Winter - und ein paar
Sonntagsschuhe.
Es gab ein Sonntagskleid bei dem der Saum leicht zu lösen war - weil wir
schnell wuchsen wie Mutter es nannte.
Wir hatten Sonntagskleider und zwar eins für jede Jahreszeit .
1956 gönnte Vater sich sehr zum Unwillen unserer Mutter ein Auto.
Gefahren wurde nur wenn das Spritgeld reichte oder Fahrgemeinschaften
gebildet wurden.
Die Straßen waren fast Autofrei und der Himmel gehörte noch den
Elementen.
Fliegen das war etwas für Reiche, Filmstars, Politiker und Top-Geschäftsleute.
Urlaub das war für uns ... Onkel Franz im Schwarzwald - so alle zwei Jahre.
Er hatte ein großes Haus und eine Badewanne mit Stöpsel wie ich es nannte.
Ich belagerte das Badezimmer ebenso tat dies die Restfamilie .
Wenig später gab es auch zu Hause ein richtiges Bad mit Oelsockel - nicht mit Fliesen.
Farbe?
Azur- Blau natürlich ...

Ich habe überlebt.

Heute schaue ich mich um sehe unsere Konsumgesellschaft ,
Smartphone wie an den Händen festgetackert.
Marken - Rucksack statt Ranzen, hochwertige Klamotten und frage mich allen Ernstes ...

Wie konnten wir/ich überleben?

Ich kann mein Glück nicht fassen.

Autor:

Gudrun - Anna Wirbitzky aus Bochum

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