Megacity Ruhrstadt
Wie kann das Ruhrgebiet zur Ruhrstadt werden? - Ein neuer Lösungsvorschlag

Die Einwohner des Ruhrgebiet identifizieren sich zum einen mit der Stadt, in der sie leben, fühlen sich aber ebenso als Bürger des Ruhrgebietes. Der Wunsch in einer eigenen selbstbestimmten Ruhrstadt zu leben, die unabhängig von den Regierungsbezirken Arnsberg, Münster und Düsseldorf selbständig über die Zukunft des Reviers entscheidet, ist groß und wird immer wieder vorgebracht.

Das Ziel Ruhrstadt

Die Menschen im Ruhrgebiet erleben jeden Tag, dass Dinge wie Busse und Bahnen, Wirtschafts- und Kulturförderung im Ruhrgebiet nur sehr schlecht funktionieren weil sie ruhrgebietsweit nicht einheitlich organisiert werden. Für die meisten ist unverständlich, dass die Städte und Gemeinden des Ruhrgebietes immer wieder aneinander vorbei planen, sich gegenseitig im Weg stehen, statt gemeinsam möglichst an einem Strang zu ziehen

Auch die Außenwirkung einer Ruhrstadt fehlt. Das Ruhrgebiet als Ruhrstadt würde dem Ruhrgebiet national wie international eine ganz andere Schlagkraft verleihen. (Wo bleibt die Megacity Ruhrstadt?, Wirtschaftswoche vom 06.02.19).

Doch bis heute gibt es die Ruhrstadt eigentlich nicht mal im Ansatz. Bisher wollten die Städte nur selbst möglichst stark zu sein, sie hatten kein ernsthaftes Interesse an einer Ruhrstadt, sie (Versemmelt, Abgesang auf die Utopie einer blühenden Ruhrstadt).

Der RVR ist gescheitert

Der RVR (Regionalverband Ruhr) mit seinem Ruhrparlament taugt nicht als Organisation über die das Ruhrgebiet geeint werden könnte. Obwohl es die Organisation erst unter dem Namen SVR dann und KVR schon fast 100 Jahre (seit 1920) gibt, ist ihre Bedeutung nach wie vor gering, ebenso wie die ihm zugewiesenen Kompetenzen in fast 10 Jahrzehnten kaum gewachsen sind.

Auch erweist sie sich der RVR als unfähig, die ihm übertragenen Aufgaben wahr zu nehmen. Die ihm übertragene Aufstellung des Regionalplans scheiterte, der RVR verstrickte sich hoffnungslos in einem nicht mehr zu beherrschenden Bürokratiemonster.

Gleiches gilt für die Planung des Radschnellweges RS1. Auch da scheitert der RVR kläglich. Eigentlich sollte der RS1 bis 2020 durchgehend befahrbar sein. Von 101 Kilometer sind bisher nicht mal 7 km befahrbar. Ob und wann der Radschnellweg fertig gestellt wird, steht in den Sternen. Der vom RVR als “schnellster Weg durchs Revier” angepriesene RS1 wird von der langsamsten Bürokratie der Welt ausgebremst. Das ist nicht mehr witzig, nur peinlich.

Erstes Ziel eines Zusammenschlusses der Ruhrgebietskommunen zu einer Ruhrstadt sollte es sein, Dinge im Revier ruhrgebietsweit schneller und effektiver zu organisieren. Was der RVR organisiert dauert allerdings nicht kürzer, sondern länger, wird noch umständlicher und bürokratischer organisiert oder erst gar nicht fertig. Eine solche Einrichtung, die synonym für die Unfähigkeit der Region steht, sich effektiv zu organisieren, hilft dem Ruhrgebiet nicht, im Gegenteil, sie wirkt sogar kontraproduktiv. Der Weg zur Ruhrstadt wird also nicht über den RVR führen.

Eine Verordnung der Ruhrstadt über die Landesregierung ist unrealistisch

Die Städte und Gemeinden des Ruhrgebietes werden ebenso wenig darauf hoffen können, dass eine Landesregierung, egal welcher Farbe, die kommunalen Gesetze ändert und dort irgendwann quasi von oben die Einrichtung der Ruhrstadt festschreibt. Nicht nur sind die Befindlichkeiten der betroffenen Bezirksregierungen zu groß, auch würden sich mit Sicherheit Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet finden, die sich zwar als Unterstützer der Ruhrstadt-Idee darstellen würden, aber aus polittaktischen Gründen eine Umsetzung in der vorgeschlagenen Form ablehnen würden. Egal mit welchen Kompetenzen und Aufgaben, man die Ruhrstadt ausstattet, werden sich Fraktionen finden, die einwenden: “Ja natürlich wollen wir die Ruhrstadt, nur nicht so.” Von den 11 Städten und 4 Kreisen des Ruhrgebietes würden sich immer einige mit Händen und Füßen gegen das jeweils vorgeschlagene Konstrukt wehren. Eine Ruhrstadt auf diesem Wege den Kommunen quasi von oben aufzuzwingen, wird sich daher keine Landesregierung trauen.

Der dritte Weg zur Ruhrstadt

Die Ruhrstadt wird also weder über den RVR noch über eine Verordnung der Landesregierung Realität werden. Also sollten die Städte des Ruhrgebietes nach einem dritten Weg suchen.

So könnten die Städte des Ruhrgebietes, die tatsächlich willens sind, sich zu einer Ruhrstadt zusammen zu schließen, die Bildung der Ruhrstadt auch selbst in die Hand nehmen. Die Ruhrgebietsstädte könnten zum Beispiel den schrittweisen Zusammenschluss zu einer Ruhrstadt selbst in einer ähnlichen weise organisieren, wie dieser bei der Europäischen Union erfolgt ist.

Im ersten Schritt könnten wenige aber wichtige Städte des Ruhrgebietes eine enge Kooperation mit dem Fernziel “Ruhrstadt” vereinbaren, z.B. Bochum, Dortmund und Essen.

Diese Städte sollten dann eine Grundsatzvereinbarung vereinbaren, dass sie sich auf Dauer zu einer Ruhrstadt zusammen schließen wollen. Diese Vereinbarung wird den Bürgern in einem Bürgerentscheid zur Abstimmung vorgelegt.

Bei Zustimmung wird ein Prüfkatolog aufgestellt, anhand dem Punkt für Punkt untersucht, welche Teile aus welchen Verwaltungsbereichen zukünftig gemeinsam organisiert werden können und sollen, z.B. in den Bereichen ÖPNV, Kultur, Gesundheits- und Umweltverwaltung, Wirtschaftsförderung, Flächenentwicklung. Kapitel für Kapitel wird abgearbeitet und festgelegt, welche Teilbereich zukünftig von dafür einzurichtenden Ruhrstadt-Organisationen zentral organisiert und verwaltet und welche Kompetenzen diesen übertragen werden sollen.

Der neuen Organisation müssen alle Stadträte der beteiligten Städte zustimmen, ebenso wie zu zukünftigen Änderungen der Organisationsstrukturen oder über von den Organisationen für alle Städte erarbeitete Planungen und Konzepte, die von entsprechender Bedeutung sind. Auch die Aufsicht und Kontrolle der Organisationen sollen weiterhin die Stadträte ausüben.

So wird über die Jahre die Zahl der Bereiche, die zentral von Ruhrstadt-Einrichtungen organisiert und verwaltet werden, sukzessive zunehmen.. Der Zusammenschluss zur Ruhrstadt wird enger und kann immer im Einverständnis aller beteiligten Städte Schritt für Schritt ausgebaut werden. Dem Zusammenschluss können jederzeit weitere Städte zu den bereits bestehenden Bedingungen beitreten.

So wird der Zusammenschluss zu einer Ruhrstadt nicht von oben verordnet, was voraussichtlich zu kaum überwindbaren Widerständen führen würde, sondern die Städte wüchsen organisch zu einer Ruhrstadt zusammen. Die Menschen können so die ersten Vorteile einer Ruhrstadt erleben, was wiederum für die Unterstützung des weiteren Zusammenschlusses förderlich wäre. Zu wichtigen Grundsatzentscheidungen im Rahmen der Weiterentwicklung des Zusammenschlusses, sollten zudem wiederum Bürgerentscheide eingeholt werden.

Die Organisation der Ruhrstadt sollte zudem dem Grundsatz folgen, was zentral besser und effektiver organisiert werden kann, sollte durch Ruhrstadt-Einrichtungen organisiert werden, Bereiche, die eine dezentrale Planung und Mitnahme der Bürger vor Ort erfordern, sollten bei der Organisation und Verwaltung der einzelnen Städte verbleiben.

Die Ruhrstadt wäre somit keine neue durch veränderte und neue Regelung der Gemeindeordnung verordnete Metropolstadt, sondern ein demokratischer und dynamisch wachsender Zusammenschluss von Ruhrgebietsstädten, der immer nur so eng ist, wie es die Ruhrgebietsstädte zulassen und für vernünftig halten.

Die Ruhrstadt entsteht auf Basis der bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen interkommunaler Zusammenarbeit. In Fällen, in denen diese im Einzelfall nicht ausreichen wie z.B. bei der Einrichtung einer gemeinsamen Feuerwehr, müssten die Städte beim Land die erforderlichen Änderungen der gesetzlichen Vorgaben durchsetzen, damit das Land die Möglichkeiten des Zusammenschlusses im erforderlichen Umfang erweitert.

Wer macht den ersten Schritt?

Damit der beschrieben Prozess beginnen kann, müssen sich im ersten Schritt wichtige Städte des Ruhrgebietes dazu bereit erklären, Teil der Ruhrstadt zu werden. Es stellt sich die Frage, ob die Politik der Städte von sich aus gewillt ist, diesen ersten Schritt von sich aus zu gehen. Ein solcher Prozess könnte aber auch durch eine Bürgerbewegung “Ruhrstadt” angestoßen werden, die die Politiker der Städte dazu bewegt, nicht nur von der Ruhrstadt zu reden, sondern endlich konkrete Schritte zu unternehmen, diese zu realisieren. Ist der Prozess einmal erfolgreich in Gang gekommen, wird er sich verselbständigen und immer mehr Städte werden hinzustoßen. Läuft der Prozess erfolgreich, wird die Bereitschaft steigen immer mehr Bereiche gemeinsam unter dem Dach der Ruhrstadt zu organisieren

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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