Michael Hoch als Simulationsschauspieler
Die Rolle seines Lebens

Schauspieler Michael Hoch  | Foto: George Snow Fotodesign
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Was ist eigentlich eine Simulation?

Eine Simulation imitiert die Funktionsweise realer Prozesse oder Systeme mit Hilfe von Modellen. Das Modell stellt die wichtigsten Verhaltensweisen und Merkmale des extra ausgewählten Prozesses oder Systems dar, während die Simulation zeigt, wie sich das Modell unter verschiedenen Bedingungen im Laufe der Zeit entwickelt.

Dabei bedeutet „Simulieren“ in unserem Wortschatz „sich verstellen“ und „etwas vortäuschen“.

Die Kunst des „Simulierens“ beherrscht Schauspieler Michael Hoch (53) aus Duisburg mittlerweile perfekt.

Der aus Flensburg stammende Michael hatte sich seit seiner Kindheit komplett der Schauspielerei verschrieben, die Schauspielschule in Hamburg besucht und viele Rollen am Theater oder im Fernsehen gespielt. Damit hatte der in der Schule oft von den Mitschülern gemobbte Schüler bei seinen Mitschülern großen Eindruck hinterlassen, als er ankündigte, dass er im Alter von 16 Jahren die Schauspielschule besuchen und Karriere als Schauspieler machen wird. So absolvierte er seinen Realschulabschluss und schloss eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab.

Jedoch ist es für viele talentierte und erfolgsorientierte Schauspieler sehr schwer nach den Sternen zu greifen und in einer Traumrolle berühmt zu werden. Hier stellt sich die Frage, ob man diese Erwartungshaltung jahrelang durchhält, ob diese letztendlich von Erfolg gekrönt ist und was es aus einem macht.

Bei den meisten Schauspielern bleibt es beim Flug in der Economy Class und nur die wenigsten schaffen den Sprung in die Business Class.

Aber muss es immer die Business Class sein?

Michael hatte diese Erkenntnis vor über 5 Jahren. Wer immer nur auf die Rolle seines Lebens wartet, verändert nicht sich selbst und sein Leben, sondern wird verändert.

Dabei hat die Schauspielerei viel Potential und so viele Möglichkeiten.

Doch wo lässt sich als Schauspieler das dringend zum Leben benötigte Geld verdienen? Wo gibt es gute Chancen, ohne Druck und ohne Erwartungen seiner Leidenschaft der Schauspielerei gerecht zu werden?

„Als Schauspieler bist Du auch eine Art Simulant“, so Hoch. „Vor fünf Jahren entdeckte ich für mich die Möglichkeit der Simulationsschauspielerei. Hier konnte ich meinen Schauspielberuf zu 100 Prozent ausschöpfen. Ich wurde gelassener, ausgeglichen und glücklicher. Zuvor hatte ich viele Jobs in Theatern, TV, bei lokalen Zeitungen, sogar im NRW-Grusellabyrinth war ich aktiv und gründete 2005 die Theatergruppe Wolfs Reviertheater. Hier arbeitete ich mit dem bekannten Schriftsteller, Hörbuchsprecher und Drehbuchautor Klaus-Peter Wolf zusammen. Wolf wurde berühmt mit seinen Ostfrieslandkrimis.“

Simulationsschauspieler

Doch was macht eigentlich ein Simulationsschauspieler?

“ Ich begann nach einem erfolgreichen Casting an der Uni Klinik Essen mit dieser Art der Schauspielerei. Als standarisierter Patient fungiere ich in klinisch praktischen Prüfungen, den sogenannten OSCE-Prüfungen, in Fallerstellungsworkshops zur Testung von Prüfungsszenarien. Ich trete in Kommunikationstrainings auf und gebe den Prüflingen Feedback aus Patientensicht. Oft werden dazu Filme gedreht. Ich erhalte vor dem Simulationstraining ein Drehbuch und Briefing. Dann bereite ich mich auf meine Rolle vor, verändere zum Teil auch mein Äußeres und gestalte die mir vorgegebene Umgebung, bzw. Prüfungssituation“.

Mittlerweile ist Michael Hoch ein begehrter, professioneller Simulationsschauspieler, der für unterschiedliche Institutionen in ganz Deutschland arbeitet.

„Ich werde gebucht für Trainings, Seminare und Prüfungen an Pflegefachschulen, Universitäten, Incentive Veranstaltungen, Hochschulen, Kliniken, Akademien, Bildungseinrichtungen von Unternehmen. Sogar für die Polizei bin ich aktiv in einem Ausbildungszentrum im Rheinland. Da kann es auch einmal vorkommen, dass ich als möglicher Verbrecher ins Verhör genommen und abgeführt werde. Für die angehenden Polizisten ist dieses simulative Training der Krisen Intervention sehr wichtig für die Qualifizierung, Vorbereitung und Entwicklung. Es ist schon ein deutlicher Unterschied, wenn der zu prüfende Mensch den Simulationsschauspieler nicht persönlich kennt und einer lebensnahen Situation ausgeliefert wird. Auch angehende Führungskräfte des gehobenen Managements haben es mit mir in Kommunikationstrainings nicht immer einfach.“

Jahrzehntelange Erfahrungen auf der Bühne und in verschiedenen Jobs bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Simulationsschauspielerei. Hinzu kommen Improvisationstalent, Empathie, Beobachtungsgabe und Sensibilität.

„Als Schauspielpatient sollte man Spaß am Umgang mit anderen Menschen haben. Man sollte flexibel und engagiert sein. Für mich ist diese Art der Schauspielerei wie ein Flug mit der Business Class.

Endlich kann ich mein volles Potential ausschöpfen. Aber ich werde nicht auf solch eine Situation warten oder mich für eine Illusion hergeben.“

Das Simulationspatientenprogramm ist an den medizinischen Fakultäten der Universitäten ein fester Bestandteil des Modellstudiengangs Medizin. Planungsgruppen, Ärzte erstellen dann das Drehbuch, bzw. die Rolle für den Schauspielpatienten.

Michael schlüpft gerne in diese Rollen seines Lebens. Ob als Drogenabhängiger, psychisch erkrankter Mensch, Patient mit lebenszeitkürzender Diagnose, Raucher, der mit dem Rauchen aufhören möchte oder als Patient, welcher die Schulmedizin ablehnt. Mit ihm übt man das Arzt/Patientengespräch ohne Tabus. Die Studierenden haben so die Möglichkeit alle Arten von Gesprächen zu üben, die zu ihrem Berufsalltag gehören werden. Gleiches betrifft die Gespräche bei der Polizei, Rettungskräfte oder mit angehenden Führungskräften.

„Ich übe als Patient mit den angehenden Ärzten professionelle Anamnese, Aufklärungs- und Beratungsgespräche. Dabei bekomme ich auch schon mal sehr schlechte Nachrichten überbracht und reagiere entsprechend. Aber auch angehende Untersuchungen werden als praxisnahe Übung an mir geübt. Bei allen Simulationen steht die Gesundheit und Unversehrtheit der Schauspieler an erster Stelle“, sagt er.

Michael Hoch hat es ohne Zertifikate, Abschlüsse, Studium zu einem professionellen, kreativen, glücklichen Schauspieler gebracht. Das ist Oscarreif. Er fühlt sich jetzt wohl, mit dem, was er tut. Das sollte hoffentlich auch andere Schauspielerkollegen motivieren. Er ist weiterhin mit Begeisterung ein Schauspieler für Bühne und Film.

„Selbst aktiv werden und nicht warten ist meine Devise. Ich schlüpfe auf diese Art und Weise in die Rollen meines Lebens. Im letzten Jahr habe ich mit der Ruhr Universität Bochum einen Lehrfilm gedreht. Anhand des Lehrfilms sollten Medizin Studierende herausfinden, welche Diagnose bei mir vorlag. Dasselbe machte ich auch schon für Psychologie Studierende. Mit 3sat habe ich für eine Dokumentation simuliert und in 2022 hatte ich viele gute Rollen in Kurzfilmen. Das ist die Rolle meines Lebens geworden“.

Projekt "Heimatlos"

In seiner Freizeit organisiert Michael das nicht kommerzielle, sondern künstlerische Projekt „Heimatlos“.

Das Projekt wird finanziert als Künstlerstipendium vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.

Hier stellt er unterschiedlichste Menschen zum Thema „Heimat/Heimatlos“ vor, welche ihre persönlichen Lieblingsplätze vorstellen. Film ab:

https://m.youtube.com/@ProjektHeimatlos

Das Projekt passt sehr gut zu Michaels Einstellung:

Vielseitig aufstellen, machen und nicht warten.

Autor:

Andreas Vogt aus Düsseldorf

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